aph am 22.08.2005 16:19 schrieb:
Ihr habts ja sicher mitbekommen: Dem
führenden Wirtschaftsjournal zufolge ist Deutschlands Wirtschaft in blendender Verfassung und hat Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Volkswirtschaften. Erstaunlich oder?
Sagt die Theorie. Wie siehts mit der Praxis aus?
"Deutschland, lange der teuerste Wirtschaftsstandort Europas, hat in ... einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Frankreich, Italien, den Niederlanden und sogar Großbritannien aufgebaut", schreibt das Blatt. Die Lohnstückkosten, eine der wichtigsten Vergleichszahlen, seien seit Ende der neunziger Jahre um mehr als zehn Prozent gefallen.
Kein Hund interessiert sich für die Lohnstückkosten. Ein völlig belangloser Wert für eine Firma und volkswirtschaftlich gesehen ist es für ein Hochlohnland ausgesprochen schlecht, wenn die Lohnstückkosten niedrig sind, denn das bedeutet einen hohen Automatisierungsgrad.
Vor allem die umstrittene Hartz-IV-Reform habe dazu geführt, dass es für 1,8 Millionen Langzeitarbeitlose inzwischen "weniger kuschelig" zugehe. Zudem hätten die verschärften Bedingungen die Angst deutscher Arbeitnehmer vor dem Verlust ihres Jobs erhöht. "Das hat die Verhandlungsposition der Firmen bei neuen Tarifabschlüssen gestärkt und die Macht der Gewerkschaften geschmälert."
Das ist auch keine tolle Sache. Sobald die Wirtschaftsdaten wieder hinaufgehen, werden die Gewerkschafter auf hohe Lohnabschlüsse drängen und mit den niedrigen der letzten Jahre argumentieren, ganz nach dem Motto "als es euch schlecht ging, haben wir uns zurückgehalten und auf vieles verzichtet, jetzt wo es besser ist erwarten wir dafür eine gewisse Kompensation".
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i]Sobald die schwache Nachfrage in Deutschland anspringe, könne die Wirtschaft zu alter Stärke zurückfinden. Das daniederliegende Verbrauchervertrauen sei zurzeit der größte konjunkturelle Hemmfaktor.[/i]
Ist bekannt, aber kein Vorteil, oder?
Außerdem:
Nach einer Umfrage des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Ernst & Young unter 670 ausländischen Firmen belegt Deutschland in diesem Jahr den fünften Platz in der Welt. In Europa erfreue sich nur Polen größerer Beliebtheit.
Hmm, also ich weiß nicht, ob ich eine Umfrage angeführt hätte, bei der Polen wirtschaftlich attraktiver ist als Deutschland, aber wie du willst.
Mich würde aber brennend interessieren, welche 670 Firmen das waren und was die in den nächsten Jahren in D investieren. Ist ja nur eine Umfrage. Taten sprechen mehr als Worte.
Ihr seht also, es geht derzeit nur um die Binnennachfrage. Geld ist genug da, aber es wird hier nicht investiert, weil es keine Absatzerwartungen gibt. Allerdings soll mir der "Economist" bitte auch erklären, wie die Nachfrage steigen soll, wenn die Löhne sinken.
Das hast du offenbar falsch verstanden, denn der Economist spricht ganz klar vom
Verbraucher und der hat keine Absatzerwartung. Die breite Masse hat aus Angst einer unsichern Zukunft die Ausgaben reduziert womit wir bei
Auf jeden Fall sollten die Neoliberalen endlich mal aufhören Deutschland und seine Wirtschaft schlechtzureden. Das ist nämlich der Hauptgrund für die schlechte Stimmung hier.
angelangt wären.
Hier hast du zweifellos recht. Die Stimmung wird künstlich zerstört und das hat seine Auswirkungen. Das hat aber nichts mit den Neoliberalen zu tun, sondern mit Regierung und Opposition. Die Opposition will in die nächste Regierung, was ja verständlich ist. Warum sollte der Wähler eine Oppositionspartei wählen, wenn die Regierung super gearbeitet hat?
Dadurch läßt die Opposition kein gutes Haar an der Regierung, während die Regierung nur ihre positiven Maßnahmen herausstreicht. Das ist vollkommenn normal in einem Wahlkampf - gut ist es freilich nicht.