Um-NroKKet am 06.09.2005 14:52 schrieb:
Klar, hätte das das Verhältnis noch weiter verschlechtert. Aber das Verhältnis war schon in dem Moment auf lange Sicht ruiniert, als Schröder seine Ablehnung des Irakkrieges (als dieser noch längst nicht als letztes Mittel zur Diskussion stand!) verkündete. Das hat Schröder auch nicht gekümmert. Ich hätte die Verweigerung der Überflugrechte o.ä. Kindereien auch idiotisch gefunden, aber es wäre immerhin konsequent vom Kanzler gewesen.
Naja, scheinbar haben wir verschiedene Ansichten was (in-)konsequentes Handeln angeht. Es ist in meinen Augen schon richtig gewesen, aktive Kriegsteilnahme zu verweigern, aber trotzdem die USA langfristig nicht zum Feind zu machen (das wäre wahrscheinlich geschehen, wenn man Überflugrechte verweigert hätte.
Nein nicht jeder. Ein Land wie z.B. Papua-Neuginea hat keine Macht sich den USA aktiv entgegenzustellen. Ein Land wie Deutschland, von dessen Territorium aus militärische Operationen im Irak durchgeführt wurden (oder damals noch werden sollten), hat diese Macht aber sehr wohl.
Mit "aktiv entgegenstellen" meinte ich, die Amis mit Waffengewalt vom Einmarsch in den Irak abzuhalten. Das könnte man jedem Land vorwerfen, dass eine Armee unterhält. (laut deiner Definition)
Trotzdem bleibe ich dabei: Chirac und Putin ging es weniger um Friedens- als um Machtpolitik, Schröder wollte sich innenpolitisch auf Kosten der USA profilieren. Es geht immer nur um Machtpolitik. Franzosen, Deutsche und Russen sind eben keine besseren Menschen als Amerikaner.
Natürlich macht man im eigenen Land Punkte und profiliert sich, wenn man sich aus einem Krieg raushält. Würde mich auch erschrecken, wenn das nicht so wäre. Aber das geschieht nicht auf Kosten der USA. Schröder hätte sich auch rausgehalten, wenn ein anderes Land dieser Welt ohne UN-Mandat einen Präventivschlag hätte durchführen wollen. Eine Angela Merkel hätte das z.B. nicht getan, aber würde man sie deswegen als nicht-machthungrig bezeichnen ? Schröder hatte halt die Priorität, seine eigenen Leute aus einem Krieg rauszuhalten, Merkel hätte sich gerne mit den Amis gutgestellt.
Dein Vergleich hinkt. Es geht nicht darum, dass Putin und Chirac nicht mit Bush redeten (Das haben sie ja sogar getan.) Es geht darum, dass sie (meiner Meinung nach) den Amerikanern mit einer negativen Einstellung gegenüberstehen. Wenn Du nicht mit einem Juden redest, ist das noch kein Antisemistismus. Wenn Du aber nicht mit ihm redest, weil Du ihm als Juden gegenüber negativ eingestellt bist (weil er Jude ist), dann ist das sehr wohl Antisemitismus.
Das halte ich für zu pauschal. Ich stimme dir zu, wenn du sagst, dass besagtes Trio der Außenpolitik der USA sehr kritisch gegenübersteht (was ich übrigens auch tue). Aber deshalb ist man noch nicht antiamerikanisch. Die US-Bevölkerung hat auch mehr als einmal ihren Unmut über Bushs Vorgehensweisen zum Ausdruck gebracht. Willst du denen auch Antiamerikanismus unterstellen ?
Dein Vergleich ist auch gefährlich. Ich habe nämlich argumentiert, dass Antiamerikanismus nicht per se verkehrt ist. Wenn Du zu meinem Vergleich eine Analogie mit Antisemitismus bildest (Man sollte nicht immer gleich die alles erschlagende "Antisemitismusvergleich-Hitlervergleich-Keule" rausholen!), dann steht mit einem Mal die sehr bedenkliche Aussage im Raum, das Antisemitismus akzeptabel sei. Ich weiß, dass Du das nicht gemeint hast, es zeigt aber, das der Vergleich nicht angebracht ist.
Antiamerikanismus ist nach meinem Verständnis eine pauschale Ablehnung von allem, was amerikanisch ist, d.h. Politik, Kultur, Volk, Produkte, Sitten, etc. Kurz gesagt : Ein Vorurteil (und zwar genau wie Antisemitismus oder Antiislamismus [gibts das Wort ?]). Aber ums nochmal zu betonen : Nur weil man mit US-Außenpolitik kritisch gegenüber steht, ist das kein Antiamerikanismus.
Das ist eine Idealvorstellung. Diplomatie ist schön. Keine Kriege sind es auch. Aber leider funktioniert unsere Welt nicht nach diesem Idealrinzip. Soweit ist die Menschheit noch nicht. Diplomatische Lösungsmöglichkeiten müssen ausgeschöpft werden, keine Frage. Aber es darf nicht heißen: Frieden um jeden Preis.
Die diplomatischen Möglichkeiten sind vor dem Irak-Krieg in meinen Augen nicht ausgeschöpft worden. Und im Endeffekt gab es keinen Kriegsgrund. Massenvernichtungswaffen wurden nicht gefunden, direkte Bedrohungen für andere Staaten gingen zu dieser Zeit nicht von Bagdad aus, und eine Verbindung zu Terroristen wurde auch nicht nachgewiesen. Klar, das Regime hat sich nicht an Menschenrechte gehalten, aber deswegen kann man nicht gleich einen Krieg anfangen, sonst würde bald in den meisten afrikanischen, vielen asiatischen und wahrscheinlich auch ein paar südamerikanischen Ländern Krieg herrschen. Naja, und nach Guantanamo müßte man auch n paar Panzer schicken...
Beim Münchner Abkommen 1938 wollten England und Frankreich um jeden Preis einen neuen Waffengang gegen Deutschland vermeiden. Nach dem Abkommen waren sie glücklich, den Frieden gesichert zu haben ("Peace in our time."). Ein Jahr später hatten sie dann den Krieg, den sie nicht wollten und den sie gemeint hatten, verhindert zu haben. (Damit hab ich die "Nazivergleichs-Keule" rausgeholt, auch wenn ich das vorhin noch kritisiert hab...)
Ein gutes Gegenbeispiel ist der Zweite Weltkrieg. Auch wenn die Ziele des Aggressors andere waren, so war das Ergebnis des Krieges eine stabile Friedensordnung in (West-) Europa. Seit dem Ende des Kalten Kriegs ist es in Europa so sicher wie nie zuvor und wie sonst nirgendwo auf der Welt (mit Ausnahme Nordamerikas)
Das kannste doch nicht vergleichen !! Weder England noch Frankreich haben den Krieg gewollt, der Aggressor war das Deutsche Reich, und man war gezwungen sich zu verteidigen. Hätte Hitler nicht in seinem Wahn halb Europa überrollt, wären auch Frankreich und GB nicht in den Krieg eingetreten.
Der Irak hatte aber seit den Desert Storm und Desert Shield diesen Expansionswillen nicht mehr (zumindest wurde ihm nicht aktiv nachgekommen), die USA haben also einen Angriffskrieg gestartet.
Als Randanmerkung möchte ich noch anfügen, dass ich Nordamerika momentan nicht wirklich für sicher halte. Die Angst vor Anschlägen ist ja mittlerweile (zumindest in den größeren Städten) fester Bestandteil des Lebens, und die gibts es bei uns (BRD) nicht (bzw. nicht in diesem Ausmaß).