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Das Kanzlerduell!

Um-NroKKet am 07.09.2005 03:12 schrieb:
Ich meinte ursprünglich, dass Deutschland den USA die Überflugrechte hätte verweigern können. Da wir das aber nicht gemacht haben, hätten wir damit den Irakkrieg indirekt unterstützt. Dem hast Du entgegnet, dass sich dann all die Staaten mitschuldig gemacht hätten, die den USA keinen aktiven Widerstand geleistet hätten. Wenn Du damit aber den Verzicht auf eine Kriegserklärung meinst, überdehnst Du meine Argumentation ein wenig. Nur weil ein Staat einen Krieg ablehnt, kann und muss er nicht gleich dem vermeintlichen Kriegstreiber den Krieg erklären. Damit wäre widerstandstechnisch im Übrigen nichts gewonnen für den Kriegsgegner. Mal davon abgesehen, dass es paradox ist, als Kriegsgegner einen Krieg anzufangen. Außerdem gibt es immer noch die schweizer Methode, die schon seit Jahrhunderten erfolgreich praktiziert wird: die Neutralität.

Natürlich habe ich deine Argumentation überdehnt, und es wäre selbstverständlich ein Riesenunfug als Kriegsgegner einem "Kriegstreiber" den Krieg zu erklären. Ich wollte verdeutlichen, dass die Grenze zwischen "Nicht-Unterstützen" (Truppen senden) und "Entgegenwirken" (Überflug verbieten) eine sehr wichtige ist, die man nicht überschreiten sollte, wenn man es sich mit dem "Kriegstreiber" nicht völlig versch***en will.

Gutgestellt heißt aber nicht, dass Merkel in jedem Fall deutsche Soldaten in den Irak geschickt hätte. Die Haltung der CDU war bloß, einen Krieg als evtl. letztes Mittel, wenn alle diplomatischen Möglichkeiten der Vereinten Nationen ausgeschöpft gewesen wären, nicht abzulehnen. Das beinhaltet keine Zusage an die Entsendung deutscher Soldaten. Das hätte die Bundeswehr nämlich gar nicht leisten können (ich glaube, das erwähnte ich weiter oben schon mal). Und das wissen auch die Amerikaner!

Ich denke schon, dass eine CDU-Regierung unter Merkel Soldaten abgestellt hätte. Vielleicht nicht gerade für den Kampfeinsatz, aber Sanitäter und ähnliche "nicht waffentragende" Einheiten aus Deutschland wären im Irak durchaus denkbar gewesen.

Nein, weill ich nicht unterstellen. Wäre auch Unsinn. Nur weil sie gegen ihren Präsidenten sind, sind die Amerikaner ja nicht gleich gegen ihr Land. Chirac und Putin sind aber, wie ich glaube, nicht (nur) gegen Bush, sondern auch gegen Amerika als Land (nicht die Amerikaner als Menschen!) eingestellt.

Die Meinung müßtest du mir aber bitte mal an weiteren konkreten Beispielen erläutern.

Dass die diplomatischen Mittel nicht ausgeschöpft worden sind, steht zweifelsfrei fest. Und dass die Kriegsgründe sich als nicht gegeben herausgestellt haben auch. Nur: das wusste man zu dem Zeitpunkt, als Schröder seine Wahlkampfrede auf dem Marktplatz von Goslar gehalten hat, noch nicht.
Gerade das zeigt doch, dass Schröder in jedem Fall gegen Krieg ist.

Der Punkt ist doch, dass Frankreich und Großbritannien als verantwortungsvolle Großmächte den Frieden 1938 um jeden Preis erhalten wollten. Wären sie damals zum Krieg bereit gewesen, hätten sie Hitler in seine Schranken verweisen und Deutschland in die Knie zwingen können, bevor es 1939 auf dumme Gedanken kam. Damit hätte man viel Leid, viele Millionen Tote und auch den Zweiten Weltkrieg an sich verhindern können. Hat man aber nicht, weil Frankreich und Großbritannien so "verantwortungsvoll" waren, auf einen Krieg 1938 zu verzichten.

Es gab doch 1938 keinen konkreten Kriegsgrund. Klar, NSDAP-Propaganda, "Entledigung" von politschen Gegnern da, aber ein aggressiver Akt nach außen war doch erst mit dem Überfall auf Polen 1939. Zu diesem Zeitpunkt hätten die "verantwortungsvollen" Großmächte eingreifen müssen. Hätten sie es früher getan, wären sie doch die Aggressoren gewesen.
Aber mal ganz abgesehen davon waren weder Frankreich noch England militärisch dazu in der Lage, der Wehrmacht beizukommen, sonst wäre Frankreich sicher nicht innerhalb von 6 Wochen besiegt worden.

Das soll kein Vergleich mit dem Irakkrieg sein, weil das tatsächlich nicht passen würde. Es geht mir nur darum zu sagen, dass Dein Idealverständnis einer Weltmacht, die Konflikte verantwortungsvoll nur mit diplomatischen Mitteln löst, nicht ganz risikofrei ist, weil es - wie mein Beispiel zeigen soll - fatale Konsequenzen für den Frieden haben kann. Krieg konsequent auszuschließen, kann bedeuten, ihn im schlimmsten Fall herbeizuführen. Muss (und hätte es im Fall Irak wohl auch) nicht - kann aber.

Ich finde das Beispiel des WW2 weiterhin unpassend. Was den Irak angeht, hätte ich es absolut befürwortet, mittels einer Spezialeinheit eine Entführung (meinetwegen auch eine Liquidierung) Husseins durchzuführen, aber der Krieg war kein angebrachtes Mittel.
 
GenVaughn am 08.09.2005 00:27 schrieb:
Ich denke schon, dass eine CDU-Regierung unter Merkel Soldaten abgestellt hätte. Vielleicht nicht gerade für den Kampfeinsatz, aber Sanitäter und ähnliche "nicht waffentragende" Einheiten aus Deutschland wären im Irak durchaus denkbar gewesen.
Ich glaube nicht. Es wird immer unterstellt, dass Merkel den US-Kriegsplänen blind gefolgt wäre. Das entspricht aber nicht den Tatsachen.

Fakt ist aber, dass auch Merkel keinen Krieg wollte (wer wollte das schon!?). Die Kanzlerkandidatin wollte - wie auch Kanzler Schröder - die Ausschöpfung aller diplomatischen Mittel. Im Gegensatz zu Schröder hat Merkel einen Kriegseinsatz mit deutscher Beteiligung als letztes Mittel abernicht ausschließen wollen. Vorraussetzung war aber, dass es ein UN-Mandat gibt - und das hat Merkel klar gemacht. Schröder hätte einen deutschen Kriegseinsatz auch bei einem UN-Mandat abgelehnt.

Da es bekanntlich kein UN-Mandat gab, stünden heute wohl auch keine deutschen Soldaten im Irak - es sei denn, die Vereinten Nationen hätten einen Friedenssicherungseinsatz beschlossen.


GenVaughn am 08.09.2005 00:27 schrieb:
[q= Um-NroKKet][...] Nur weil sie gegen ihren Präsidenten sind, sind die Amerikaner ja nicht gleich gegen ihr Land. Chirac und Putin sind aber, wie ich glaube, nicht (nur) gegen Bush, sondern auch gegen Amerika als Land (nicht die Amerikaner als Menschen!) eingestellt.
Die Meinung müßtest du mir aber bitte mal an weiteren konkreten Beispielen erläutern.[/quote]
Dass das Verhältnis zwischen UdSSR/Russland und den USA noch nie dem einer echten Freundschaft entsprach, ist doch kein Geheimnis. Die gegenseitigen Vorbehalte sind ein Relikt des ideologischen Gegensatzes der beiden grundverschiedenen Staatssysteme (Demokratie/Kapitalismus gegen Kommunismus/Sozialismus). Im UN-Sicherheitsrat haben die beiden Supermächte während des Kalten Kriegs oft ihr Veto ausgespielt, um Vorhaben des "Klassenfeindes" zu blockieren. Das geschah oft nicht aus Vernunftsgründen, sondern schlicht aus (ideologischem) Antiamerikanismus bzw. Antisowjetismus (wenn man das so nennen mag). Zwar ist Russland nicht mehr der gleiche Staat wie die Sowjetunion, aber antiamerikanische Tendenzen lassen sich immer noch finden (freilich nicht als offzielle Staatsdoktrin), denn nicht zuletzt waren es die USA, die den Kalten Krieg gewannen und damit den Untergang der Sowjetunion besiegelten.

Und auch dass das Verhältnis USA-Frankreich nicht immer ganz einfach war und ist, ist kein Geheimnis. Zwar sind die Franzosen kein ideologischer Gegner der USA, sondern ein Verbündeter, aber die Franzosen besitzen einen ganz eigenen (National-)Stolz ("La grande nation") und gehen gerne auch mal ihren eigenen Weg. Damit distanzieren sie sich dann auch bewusst von den USA. Das kann man am französischen Abstimmungsverhalten in der UNO dokumentieren. Ein weiteres Beispiel ist auch, dass Frankreich Mitte der 1960er Jahre aus (den Militärstrukturen) der (amerikanisch geprägten und dominierten) NATO austrat.

Natürlich haben Frankreich und Russland nicht immer gegen die USA gestimmt, es gab auch während des Kalten Krieges gemeinsame Entscheidungen. Aber der Irakkrieg bot beiden Staaten, Frankreich wie Russland, die Möglichkeit, einmal mehr ihre grundlegende Distanz zu den USA ausdrücken.


GenVaughn am 08.09.2005 00:27 schrieb:
[q=Um-NroKKet]Dass die diplomatischen Mittel nicht ausgeschöpft worden sind, steht zweifelsfrei fest. Und dass die Kriegsgründe sich als nicht gegeben herausgestellt haben auch. Nur: das wusste man zu dem Zeitpunkt, als Schröder seine Wahlkampfrede auf dem Marktplatz von Goslar gehalten hat, noch nicht.
Gerade das zeigt doch, dass Schröder in jedem Fall gegen Krieg ist.[/quote]
Gerhard Schröder ist in jedem Fall gegen Krieg? Unter welcher Regierung wurde denn das Mandat für den Bundesweheinsatz in Afghanistan beschlossen? Wer war Bundeskanzler, als die Bundeswehr 1999 mit dem ersten deutschen Kriegseinsatz seit 1945 am Kosovokrieg - der unter NATO-Befehl und ohne UN-Mandat stattfand und deswegen im Prinzip auch ein "militärisches Abenteuer" war - teilnahm? Dass Schröder ein Grundsatzpazifist wäre, kann also so nicht im Raum stehen bleiben.


GenVaughn am 08.09.2005 00:27 schrieb:
Es gab doch 1938 keinen konkreten Kriegsgrund. Klar, NSDAP-Propaganda, "Entledigung" von politschen Gegnern da, aber ein aggressiver Akt nach außen war doch erst mit dem Überfall auf Polen 1939. Zu diesem Zeitpunkt hätten die "verantwortungsvollen" Großmächte eingreifen müssen. Hätten sie es früher getan, wären sie doch die Aggressoren gewesen.
Aber mal ganz abgesehen davon waren weder Frankreich noch England militärisch dazu in der Lage, der Wehrmacht beizukommen, sonst wäre Frankreich sicher nicht innerhalb von 6 Wochen besiegt worden.
Der erste aggressive Akt nach außen war 1936 die Remilitarisierug des Rheinlands. Hitler hat damals gepokert - und gewonnen. Großbritannien und Frankreich schritten gegen den Bruch des Versailler Vertrags nicht ein. Und dass, obwohl die Wehrmacht damals noch schwach war, die britischen und französischen Armeen numerisch und rüstungstechnisch weit überlegen waren.
Hitlers Agitation bekam man auch im Ausland mit. Hitler machte aus seinen außenpolitischen Absichten nie einen Hehl. Leider wollten bloß die wenigsten seine Ausführungen verstehen. Im März 1938 erfolgte der Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich. Als Hitler 1938 Teile der Tschechoslowakei forderte, waren Briten und Franzosen also vorgewarnt. Spätestens da hätten sie eingreifen müssen - zwar wäre ein militärisches Niederringen Deutschlands damals verlustreicher gewesen wäre - es wäre aber möglich (und einfacher als 1939 gewesen. Leider nahmen sie an, Hitler mit einem letzten Zugeständnis (und ohne Zustimmung der Tschechen) noch einmal besänftigen und so den Frieden sichern zu können - ein Trugschluss, wie die Geschichte bewiesen hat.

Natürlich wären Frankreich und Großbritannien im Falle des militärischen Widerstands gegen die deutschen außenpolitischen Pläne die Aggressoren gewesen. Nur wären sie im Recht gewesen, denn Deutschland hatte offenkundig in mehreren Punkten gegen den Versailler Vertrag verstoßen. Im Übrigen wäre es ja auch ein Präventivkrieg gegen weitere Forderungen gewesen. Somit wären Großbritannien und Frankreich im Recht gewesen. In Deutschland hätte man das freilich anders gesehen.


GenVaughn am 08.09.2005 00:27 schrieb:
Was den Irak angeht, hätte ich es absolut befürwortet, mittels einer Spezialeinheit eine Entführung (meinetwegen auch eine Liquidierung) Husseins durchzuführen, aber der Krieg war kein angebrachtes Mittel.
Wie bitte? Das ist doch wohl nicht Dein Ernst!? Du lehnst den Irakkrieg ab, weil er ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg ohne Kriegsgrund war, und befürwortest dann ein solches Kommandounternehmen? Wie passt das zusammen?

Zum einen wäre die Entführung oder gar Liquidierung des Staatsoberhaupts eines souveränen Landes genauso ein Verstoß gegen das Völkerrecht, wie auch ein Angriffskrieg es ist.Wenn Du einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg (zu Recht) ablehnst, kannst Du doch eine Kommandoaktion, die ebenfalls völkerrechtswidrig ist, nicht unterstützen! Dann würdest Du mit zweierlei Maß messen.

Zum anderen wäre ein so geartetes Unternehmen der Beweis für die Gefährlichkeit des Diktators Hussein. Wenn Du eine Entführung also befürwortest, dann sagst Du damit nichts anderes als dass dierser Mann eine Gefahr für die Sicherheit in der Region (und in der Welt) darstellt. Damit gibst Du letztlich eine Rechtfertigung und einen Grund für den Irakkrieg, dessen Ziel es war, Hussein zu beseitigen, die Ausbreitung des Terrorismus zu verhindern und die Region zu stabilisieren.

Insofern erstaunt mich Deine Aussage sehr.
 
AW: Das Kanzlerduell! Teil 2

Hallo Com.

Habe gerade gelesen, dass es ein zweites TV-Duell gegeben hat ...

Bericht im Spiegel
Bericht auf AOL

Wusste das jemand von Euch? Habt Ihr das gesehen? Wenn ja, würd ich gern Eure Meinungen dazu hören und Vergleiche zum ersten Kanzlerduell.

PS: Wollt keinen eigenen Thread aufmachen und hab auch noch keinen gesehen, der dies beinhaltet. Hoffe, ich hab nix übersehen ;)
 
AW: Das Kanzlerduell! Teil 2

memphis76 am 13.09.2005 09:31 schrieb:
Hallo Com.

Habe gerade gelesen, dass es ein zweites TV-Duell gegeben hat ...

Bericht im Spiegel
Das Voting zum Sieger der Diskussion ist klar und deutlich an Schrödi gegangen.

Wusste das jemand von Euch? Habt Ihr das gesehen? Wenn ja, würd ich gern Eure Meinungen dazu hören und Vergleiche zum ersten Kanzlerduell.
Ja wusste es, zappe nicht nur durch Programme, sondern auch durch Videotext ;)

Merkels Angie schrieb:
Merkel warf Schröder in der Sendung, die am Mittag aufgezeichnet und am Abend ausgestrahlt wurde, "unwürdige Polemik" im Wahlkampf und das unnötige Schüren von Ängsten vor. Deutschland habe ungeheure Chancen. "Dazu gehört, dass ich nicht Angst mache, sondern den Menschen einen Weg aufzeige", sagte sie mit Blick auf den Kanzler.
Nun hat sie es in der Diskussion zugegeben. Zu ihren "alten Kumpels" im Osten geht der Weg... :-o
 
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