Ich frage mich noch immer, warum eine Parlament weniger Missbrauch betreiben kann, wie ein ganzes Volk?
DAS ist meine Frage.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum du Parlament und Volksabstimmung als exklusive Elemente betrachtest. Das Parlament wird in einem System mit direkter Demokratie ja nicht komplett entmachtet oder gar abgeschafft (das ist in der Schweiz ja auch nicht der Fall). Sie existieren nebeneinander. Und normalerweise geht der Missbrauch Hand in Hand.
Aber auf deine konkrete Frage bezogen: Der Missbrauch an sich kann sich theoretisch entsprechen, wenn man nur das unmittelbare Resultat des Missbrauchs an sich betrachtet. Man braucht auch (wie bereits gesagt) nicht zwingend eine Volksabstimmung, um einen Staatsstreich durchzuführen. Aber er erhöht die Legitimation ungemein und verhindert aktiv die Möglichkeiten zum Widerstand (siehe einer meiner letzten Posts). Eine derartige Situation lässt sich eigentlich nur mit Unterwerfung oder dem offenen Bürgerkrieg "lösen" (oder mit der totalen Zerschlagung der gesellschaftlichen Strukturen von außen, wie im Dritten Reich). In einem System mit Gewaltenteilung und öffentlicher Kontrolle der Regierung neigt diese dazu sich eher zu mäßigen, da sie den Druck des Souveräns und seiner kontrollierenden Instanzen fürchtet. Eine Volksabstimmung (inkl. dem gewünschten Ergebnis) beseitigt diesen gesellschaftlichen Druck, ja kehrt ihn sogar um. Eine Zustimmung des Souveräns bestärkt eine extremistische Regierung noch in ihren extremen Tendenzen, weil sie den Souverän hinter sich sieht.
Es ist doch theoretisch um einiges einfacher ein Parlament zu bestechen, oder gar Erpessen, als Millionen von Bürgern.
Also mal vom betrügerischen/kriminellen Standpunkt aus (siehe Fifa).
Ja und nein, aber das ist eigentlich eine andere Diskussion (weil es wie gesagt gar nicht um entweder - oder geht). Natürlich kann man weniger Leute einfacher bestechen als viele. Aber Korruption ist ja nicht das einzige Problem bzw. der einzige Weg, wie man Einfluss nehmen kann. Ich empfehle dir mal die Lektüre von Gustave le Bons "Psychologie der Massen". Ein Kerntheorie in der modernen Propagandatheorie ist: Je größer die Lüge, desto einfacher glauben es die Leute, und zwar viele Leute. Es ist erschreckend, mit welch einfacher Mitteln man die öffentliche Meinung in Beschlag nehmen kann. Ob es also leichter ist, ein Parlament auf seine Seite zu bekommen oder eine ganze Gesellschaft, ist gar keine so einfache Frage. Das hängt ganz von den jeweiligen Umständen und der speziellen Situation ab - und natürlich von den beteiligten Akteuren.
Davon abgesehen - und das ist ungemein wichtig - existieren Checks and Balances, um die Macht des Parlaments zu beschneiden. So müssen wichtige Gesetze von der Länderkammer abgesegnet werden, vom Bundespräsidenten unterschrieben werden und vom Bundesverfassungsgericht genehmigt werden (nachträglich, wenn angerufen). Es reicht also nicht unbedingt aus, nur das Parlament zu bestechen. Die Volksabstimmung ist da viel direkter und es existieren dafür keine Checks and Balances. Es ist der harte, unmittelbare Wille des Volkes und keine Institution ist im politischen System dazu geeignet, das einzugrenzen. Und das ist gerade die Kernschwäche der Volksabstimmung, ihr ultimativer, unkontrollierbarer Charakter.
Sind (Berufs-)Politiker per se intelligenter?
Nochmals nein. Es geht nicht um einzelne Personen, sondern um strukturelle Eigenschaften.