Vielleicht solltest du mal die älteren Regelbücher mit deinem Regelbuch abgleichen. Seit D&D 3.5 wurde das Gesinnungssystem immer mehr abgeschwächt und hat keinen größeren Nutzen mehr in der Spielmechanik. Ein Blick in die fünfte Edition würde schon reichen.
Soweit ich mich entsinne ist das Spielerhandbuch, auf das ich mich beziehe, nach der 5. Edition ausgelegt. Dort ist der enthaltene Charakterbogen noch mit dem Gesinnungspunkt ausgestattet.
Der Nutzen innerhalb der Spielmechanik ist zudem auch offenkundig, da man hier sicherstellen möchte, dass man z.B. einen rechtschaffend guten Paladin auch als einen solchen spielt und nicht wie in Diablo 2. Das Funktionsprinzip wurde seinerzeit in den Neverwinter Nights Spielen, also noch das 3.5 Regelwerk auch recht schön umgesetzt, so dass sich die Gesinnung sogar während des Spielens durch bestimmte Entscheidungen verändern konnte, wodurch man sich bewusst wurde, wie man seinen Charakter faktisch eigentlich spielt.
Warum ein Spiel mit etwa 20 Jahren auf den Buckel das hinbekommen hat, aber es bei Baldurs Gate 3 einfach wegrationalisiert wird, kann jeder für sich selbst beantworten.
Dein Vorwurf, dass Wizards das wegen Larian aufgibt, ist nicht haltbar. Das Gesinnungssystem war mal dieses super strenge schwarz-weiß Korsett, ist aber mittlerweile mehr so ein bewegliches Moralsystem geworden, was die Charakterentwicklung begünstigt. Man kann Larian ja manchmal viel vorwerfen, aber die halten sich schon sehr detailgetreu an die fünfte Edition
Ok, der Vorwurf an Wizards ist sicher dem Umstand der Emotionalität geschuldet und nicht rational begründbar, aber eben am Punkt Gesinnung und Gottheiten hält sich Larian eben nicht sehr detailgetreu an die 5. Edition.
Der Wegfall der Gesinnung spielt Larian auch dahingehend in die Karten, dass man nun deutlich weniger Charaktere für die Geschichte braucht als z.B. noch Baldurs Gate 2, wo man mit einer Gruppe guter Gesinnung nicht dauerhaft einen Edwin Odesseiron halten konnte, da dieser gänzlich andere Moralvorstellungen hatte.
Die Gruppen-Dynamik wird es zwar trotzdem geben, wenn sich z.B. Shadowheart mit Jaheira nicht verträgt, aber momentan sieht es für mich sehr versimplifiziert aus, selbst im Vergleich zu Neverwinter Nights 2, wo die Anzahl an Gruppenmitgliedern ja auch schon kleiner ausfiel. Dadurch dass man hier auf das Legacy-Prinzip aus Divinity 2 setzt, hat mich sich für Baldurs Gate 3 zumindest mal keinen Gefallen getan.
Dein Punkt mit den Paladinen ist per se nicht falsch. Aber da kommen jetzt die heiligen Eide ins Spiel. Das ist aber abgekoppelt von der Gesinnnung. Das System erlaubt es dir auch gegen deinen Eid zu verstoßen und unter Auflagen wieder zur ursprünglichen Gottheit zurückzufinden. Das wäre vorher so nicht drin gewesen.
Eigentlich sollte das System einen Paladin, der seinen Eid bricht, zu einer Kämpfer-Klasse machen und seine Paladin-fähigkeiten verlieren. Hab das Handbuch gerade nicht griffbereit, aber das war mein letzter Stand dazu. Das er jetzt gemäß Artikel stattdessen so eine Art Belohnung dafür erhält und Untote beschwört, fühlt sich nicht unbedingt richtig an.