Tja, so hat jeder andere Ansichten. Gäbe es die nicht, dann wäre er kein Präsident gewesen.
Es ist auch alles immer eine Frage der Alternative. Wenn man nur die Wahl zwischen Not und Elend hat, dann wird es eben entweder Not oder Elend...
Abgesehen davon hat Obama immer mehr durch sein Charisma überzeugt und weniger durch harte Inhalte, insbesondere bei seiner ersten Wahl 2008.
Dass global immer noch nicht Milch und Honig fließen ist als Messlatte zu hoch angesetzt. Gescheitert finde ich, im Rahmen der Umstände, jedenfalls völlig überzogen. Den Nobelpreis bekam er ja auch eher für das Gefühl des Aufbruchs, dass er verbreitete. Man denke nur mal an seine Rede in Berlin. Für die Schritte, die er in Richtung islamischer Welt unternahm. Und in der Hoffnung ihn damit in seinen Bestrebungen etwas zu unterstützen.[/Quote]
Richtig, er bekam den Nobelpreis, ohne etwas konkret für Frieden getan zu haben. Alles, was er in seinen zugegeben sehr guten Reden angekündigt hat, wurde nicht umgesetzt. Eine Annäherung an die islamische Welt hat nicht statt gefunden, der nahe Osten ist nicht sicherer (ganz im Gegenteil) als zu Bush-Zeiten, Guantanamo ist immer noch offen, die USA töten immer noch massenhaft Menschen völkerrechtswidrig durch Drohnen. Obama war von Anfang an ein Blender, der nur hohle Phrasen geschwungen hat. Und genau für die Phrasen hat er einen Friedensnobelpreis bekommen. Imo ist das traurig. Du kannst ja mal die Menschen in Lybien, im Irak, in Syrien, in Pakistan usw fragen, ob sie Obama als Friedensbringer sehen...
Wo Obamas Erbe einzuordnen ist wird sich erst in Jahren oder Jahrzehnten herausstellen.
Aha, und warum?
Unter Historikern ist die weitverbreitete Meinung allerdings jetzt schon, dass er die Wirtschaft gerettet hat und dies womöglich seine größte Leistung gewesen sein wird.
Really? Welche Historiker sollen das sein? Und seit wann kennen sich Historiker mit Volkswirtschaft aus?
Nach der großen Depression dauerte es Jahrzehnte, und brauchte einen Weltkrieg, um die Wirtschaft wieder auf Vorkrisenniveau zu heben. Diesmal gelang das in wenigen Jahren. Auch die Zahl der Arbeitslosen ging wieder zurück, allerdings zum Teil auf Kosten des Gehalts.
Du stellst dir Geschichte und generell die Welt auch sehr simpel vor, oder? Ich muss dich aber enttäuschen, die Welt ist nämlich überaus komplex und was du hier so jovial über eine Kante scherst, lässt sich überhaupt nicht vergleichen und schon gar nicht mit diesem angeblichen Determinismus erörtern. Ob sich die US-Wirtschaft ohne den 2. Weltkrieg schneller oder langsamer erholt hätte? Keine Ahnung und das kann dir auch kein Historiker oder Ökonom dieser Welt ernsthaft beantworten. Das ist Rätselraten pur.
Es ist auch traurig, dass du zwar scheinbar verstehst, dass es einen Unterschied zwischen der volkswirtschaftlichen und der individuellen Situation der Bürger eines Staates gibt, du aber trotzdem das Volkseinkommen als absolute Größe für das Wohlergehen einer Gesellschaft betrachtest. Du hast recht, die Volkswirtschaft im Westen hat sich erstaunlich schnell erholt, aber du hast natürlich auch recht, dass viele Menschen nicht wahnsinnig viel davon merken. Weißt du, früher gab es mal die verquere Ansicht, dass man von seiner Arbeit auch einigermaßen gut leben sollte. Sprich, wer einen Vollzeitjob hat, soll davon ein relativ angenehmes Leben führen können, eine Familie ernähren können, vielleicht ein Eigenheim bauen können. Die Realität ist, dass das für große Teile der Bevölkerung nicht mehr stimmt, insbesondere seit 2008. Klar es gibt weniger Arbeitslose, aber es gibt auch so viele Menschen wie noch nie, du mehr schlecht als recht von ihrer Arbeit leben. 40% der deutschen Arbeitnehmer ist von Altersarmut bedroht, ist dir das überhaupt bewusst? Die werden im Alter nicht mehr als den HartzIV Satz erhalten. In den USA ist die Situation sogar noch prekärer. Dort leben große Teile der Bevölkerung praktisch in Armut, in Ghettos, ohne Chance auf Arbeit, in einer Umgebung, die von Gewalt regiert wird. Das verstehst du also unter "Überwindung der Krise"?
Das Volkseinkommen als absolute und alleinige Zahl ist in diesem Kontext bedeutungslos ohne die gleichzeitige Erörterung, wie das Volkseinkommen verteilt ist und wer von Zuwächsen oder Abnahmen in welchem Umfang, absolut und relativ, profitiert. Dass neoliberale Politiker wie Merkel oder Obama sie trotzdem immer wieder exklusiv als Argument für das angebliche Wohlergehen ihrer Volkswirtschaft heran ziehen, zeugt nur davon, dass sie entweder keine Ahnung haben oder die Bevölkerung für dumm verkaufen wollen.
Kleines Rechenbeispiel: Wenn 10% der Bevölkerung 40% des Volkseinkommens bezieht und der Rest die restlichen 60%, ist es dann besser, wenn das Volkseinkommen um 1% steigt, aber die Eigentumsverhältnisse sich auf 41% zu 59% ändern? Dann haben alle kollektiv mehr, aber die meisten individuell weniger. Ist das gut oder schlecht? Denn das ist im Prinzip genau das, was bei uns in den letzten Jahren und Jahrzehnten ständig passiert ist. Jede Steigerung des Volkseinkommen ging mit einer Verschiebung der Einkommensverhältnisse zu Gunsten der reichsten Bevölkerungsschichten einher, inzwischen von den Top 10% sogar zu den Top 1%.
Was hat also Obamas glorreiche Abwendung der Wirtschaftskrise effektiv gebracht? Sie hat zunächst mal die Reichen noch reicher gemacht - und sie dadurch auch politisch noch mächtiger. Und sie hat die Armen noch ärmer gemacht, auch wenn das Volkseinkommen wieder gestiegen ist, quelle surprise! Obama brüstet sich zwar mit sinkenden Arbeitslosenzahlen, was er dabei aber verschweigt, ist der simple Umstand, dass sehr viele Leute dafür schlechter bezahlte Jobs haben als vorher (das sagst du ja selbst). Das mag für den Volkswirtschaftler und Politiker in ihren Elfenbeintürmen kein Problem darstellen, für die Bevölkerung bzw. große Teile davon aber sehr wohl.
Und um einen Schritt zurück zur großen Depression zu machen: Ja, die volkwirtschaftliche Erholung in absoluten Zahlen dauerte länger, aber sie führte auch zu einer gerechteren und sozialeren Gesellschaft, in der die soziale Schere schrumpfte und nicht weiter auseinander ging und in der einfache Arbeiter wieder an den Traum einer besseren Zukunft für sich und ihre Kinder glauben konnten. Die Überwindung der großen Depression im New Deal und der Great Society war kein ausschließlich neoliberales Projekt, in dem die Eliten von oben herab Rechte, Macht und sozialen Status von einfachen Arbeitern beschnitten "zum Wohle aller" (sprich vor allem zu ihrem eigenen Wohl), wie das bei Obama und Co. der Fall war und ist. Sie war ein Projekt an dem viel mehr gesellschaftliche Gruppen beteiligt waren, unter anderem starke und wehrhafte Gewerkschaften, die ein effektives Gleichgewicht zu den Interessen des Kapitals und der Arbeitgeber aufbauten. Klar, Verteilungskämpfe können dauern, aber sie haben ihren Zweck. Eine Erhöhung des Volkseinkommens zu jedem Preis ist nicht unbedingt ein Preis, den eine Gesellschaft zahlen sollte, die sich als solidarisch, als demokratisch, als freiheitlich , als gerecht sieht.
Das eine hat nur sehr wenig mit dem anderen zu tun. Dass er es als Schwarzer zum Präsidenten gebracht hat wird als historisches Ereignis in die Bücher eingehen. Genauso wie Kennedy als erster Katholik. Ja, das war mal ein Thema; schließlich werden die ja vom Papst beherrscht.
Ohja, sicher, das wird in den Geschichtsbüchern stehen, aber es ist völlig und absolut bedeutungslos. Das ist der Punkt. Es ist absolut irrelevant. Und wenn in den Geschichtsbüchern dann nicht steht, dass Obamas Präsidentschaft den Afroamerikanern in den USA leider wenig bis nichts gebracht hat, dann hat das ein Historiker geschrieben, der von seinem eigenen Fach leider reichlich wenig versteht. Aber häufig ist es ja gar nicht das, was tatsächlich in den Geschichtsbüchern steht oder in rationalen Analysen erörtert wird, was von einem Ereignis im Gedächtnis bleibt. Das kollektive Gedächtnis einer Bevölkerung bzw. großer Gruppen davon kann sich radikal von dem unterscheiden, was die Fakten hergeben. So wird es ja tatsächlich so erzählt, dass die US-Demokraten vor allem für die Arbeiter und die einfachen Leute einstehen würden, während die historischen Fakten eine ganz andere Sprache sprechen. Es ist schon eine der größten Pointen der neueren Geschichte, dass bei den Amis und auch bei uns diejenigen, die für die Arbeiter antraten, diese so häufig und so nachhaltig verraten haben. Niemand war so fleißig im sozialen Kahlschlag und der neoliberalen Umordnung der Gesellschaft wie die Demokraten in den USA oder die SPD in Deutschland. Das ist es, was in den Geschichtsbüchern stehen sollte und teilweise auch steht. Für diejenigen, dich sich aber für Fakten weniger interessieren als für das, was der mediale und politische Mainstream gerade denkt, ist das natürlich irrelevant...
Ob es den Bürgern etwas gebracht hat, abseits von einer Identifikationsfigur, ist da erstmal irrelevant.
Ganz im Gegenteil, das ist letztlich alles, was zählt. Nur die Taten von Menschen zählen und wie sie das Leben von anderen verändern. Alles andere ist nur bedeutungsloses Rauschen.
US-Präsidenten stehen extrem im Fokus des öffentlichen Interesses. Im Endeffekt vereint er das politische Amt des Kanzlers und das moralische des Bundespräsidenten in einer Person. Oder sollte es. Trotzdem gab es nur sehr wenige Präsidenten ohne große Skandale. Die Lewinsky-Affäre bewegte das ganze Land und amüsierte die halbe Welt. Viele andere Liebschaften von Präsidenten, Korruptionsfälle wie den Teapot-Dome-Skandal, Iran-Contra, Watergate, ... das waren nur Fälle für die Klatschblätter?
Eine moralische Person handelt moralisch. Deswegen ist auch deine Aussage von weiter oben, dass es irrelevant wäre, was sie den Bürgern bringt, auch so grundfalsch. Die moralische Integrität einer Person wird bestimmt durch seine Taten und was er wirklich für andere tut, und nicht etwa durch schönes Gerede und ein nettes Lächeln in die Kamera. Klar, Obama hatte keine bekannten Affären, er war nicht offensichtlich korrupt (wobei er zig große Wahlkampfspenden aus dem In- und Ausland angenommen hat) usw, aber er war der Präsident eines bigotten , unsolidarischen, kriegerischen, rassistischen, frauenfeindlichen, unsozialen, arroganten und egoistischen Landes - und er nichts, absolut nichts unternommen, um das zu ändern. Und das macht ihn zu einem Heuchler, einem Versager, speziell auch deshalb, weil er vor seiner Wahl so groß getönt hat und den Menschen Wandel versprochen hat. Aber er ist genau das schuldig geblieben. Wenn du das Amerika von 2016 und das Amerika von 2008 vergleichst, dann ist kein Fortschritt erkennbar, an dem Obama beteiligt war (von der minimalen Entspannung mit Kuba mal abgesehen). Ganz im Gegenteil, die soziale Schere geht weiter auf, die Gewalt im Inneren und Äußeren nimmt zu, der Glaube an eine bessere Zukunft nimmt ab. Obama gab den Menschen Hoffnung, ja, aber er konnte und wollte nicht liefern. Er hat also maximal enttäuscht und da hilft es auch nicht, wenn Obama immer noch nett in die Kameras lächelt. Man muss schon ein gewaltiges Maß an Ignoranz aufbringen, wenn man das nicht erkennt, sorry. Obama war von Anfang an ein Technokrat der neoliberalen Elite, der wie so viele vor ihm links antäuschte, um dann rechts zu überholen. Ich hätte kein Problem damit gehabt, wenn er 20 Affären gehabt hätte, wenn er dafür wirklich was für die Gesellschaft und die Bürger getan hätte.
Ein skandalfreier, würdevoller Präsident ist absolut etwas besonderes.
Es ist weder besonders noch besonders relevant. Ein Gauck ist auch skandalfrei und auch irgendwie würdevoll und trotzdem ist er ein furchtbarer Schwätzer ohne jegliche moralische Integrität und ohne besonderen Intellekt.
Mal ehrlich, was ist dir lieber? Ein "skandalfreier, würdevoller" Präsident, der nichts tut, um seinen Bürgern zu helfen, sondern sogar dafür einsteht, damit das Gegenteil passiert, oder ein Präsident, der auf den Putz haut und auch den ein oder anderen individuellen Makel hat, dafür aber das Leben seiner Bürger wirklich verbessert bzw. zumindest versucht, das zu tun?
Lybien und Co lasse ich jetzt mal außen vor. Das ist Definitionssache, und da sind US-Maßstäbe anders als unsere.
Das ist keine Definitionssache. Das sind harte
Fakten. Es ist ein Fakt, dass Frankreich, die USA und Großbritannien (und später die NATO) Lybien angegriffen haben, ohne dass sie von Lybien bedroht wurden. Es ist ein Fakt, dass die westlichen Militärs dabei weit über die Durchsetzung der vom Weltsicherheitsrat beschlossenen Flugverbotszone hinausgegangen sind. Sie beschossen etwa auch Ziele am Boden mit Bomben und Raketen, was alle Bedingungen eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges erfüllte. Auch die Forderung, dass Gaddafi unbedingt abdanken müsse, war nicht Teil der UN-Resolution, sondern eine alleinge Forderung von Frankreich, den USA und der NATO. Es ist damit ein Fakt, dass Frankreich in Lybien ganz nach amerikanischem Vorbild und mit US-Unterstützung "Regime Change" spielen wolle - und das dann auch umsetze, mit all den katastrophalen Folgen. Vom Schutz von Zivilisten war nie die Rede in der internen Kommunikation, wohl aber vom geostrategischen und ökonomischen Interesse Frankreichs in der Region. Und dafür war man sich natürlich auch nicht zu schade, Islamisten zu unterstützen. Ich bin mir nicht sicher, ob das einige der Verantwortlien in Frankreich das alles mittlerweile bereuen, aber angesichts der Terroranschläge in Paris sollten sie es vielleicht. Dass Obama und Clinton es nicht tun, ist leider nur allzu offensichtlich.
Aber sicher, man kann alles relativieren bis zur Unkenntlichkeit, wenn man sich nur genügend Mühe gibt. Da sind die Amis aber wirklich spitze drin, da gebe ich dir recht. Laut deren "Maßstäben" ist Waterboarding ja auch keine Foltermethode, Drohnenangriffe keine Völkerrechtsverletzung, die massenhafte Überwachung der eigenen Bevölkerung keine Grundrechtsverletzung - und ein Angriffskrieg gar kein Krieg sondern ein humanitärer Einsatz. Willkommen in der Welt der "postfaktischen" Propganda! Aber sicher, das gilt natürlich nur für die Rechten, die neoliberale "Mitte" ist der Gralshüter der Wahrheit...
Btw. ein Like von der Spassbremse? Ich bin zwar nicht überrascht, aber doch einigermaßen enttäuscht. Beim Rabwoke hingegen habe ich nichts anderes erwartet, das ist ein hoffnungsloser Fall...