Quo vadis, Ubisoft?
Heyho.
Bei dem Wust an E3-Informationen habe ich bisher noch nicht die Zeit dazu gefunden, alles zu kommentieren, zu dem ich etwas beizutragen hätte.
Wo könnte ich da als Splinter Cell-Veteran besser anfangen als hier?
Ich habe alle fünf Vorgänger gespielt, alle auf dem jeweils schwersten Schwierigkeitsgrad.
Den dritten und meiner Meinung nach besten Teil, "Chaos Theory", zwölf Mal durchgespielt, selten auch, ohne nur ein einziges Mal im kompletten Spielverlauf entdeckt zu werden. Und ohne Wiederholung oder Laden-Taste.
Den ersten, zweiten und vierten hatte ich in Vorbereitung auf den fünften Teil, Conviction, beschafft und die gesamte Splinter Cell-Serie in chronologischer Reihenfolge durchgespielt.
So war ich meines Erachtens nach story-technisch gut vorbereitet auf den fünften Teil, Splinter Cell - Conviction.
Was Story und Inszenierung angeht, war dies auch ein ziemlicher Gewinn für die Serie. Zum ersten Mal hat es interessiert.
Aber was das Gameplay angeht, die Konsequenzen, die die Handlungen der Spielfigur nach sich zogen...
Erschreckend belanglos.
Unendliche Munition für Pistolen, Mark&Execute, PEV-System, ein Waffenarsenal, das locker vier SWAT-Teams hätte ausstatten können, bei welchem allerdings nicht-tödliche Waffen, welche in den Vorgängern Standard waren, durch Abwesenheit glänzen(welche ein SWAT-Team dann wieder gehabt hätte), rücksichtlose Verhörmethoden, die Mir-ist-jetzt-alles-egal-Mentalität der Hauptfigur, die zurückgefahrenen Möglichkeiten Jemanden an-einer-Wand-gelehnt oder von-einer-Decke-hängend packen und ausschalten zu können wie auch Wachen auf althergebrachte Weise befragen zu können, die de facto nicht vorhandene Möglichkeit ein einmal gegriffenes "Opfer" lebend zurücklassen zu können, das eingeschränkte Bewegungsrepertoire von Sam, wenn dieser nicht gerade Jemanden tötet...
Wo ist denn bitte das Messer, für dessen Einführung Chaos Theory seinerzeit so oft gelobt worden ist?
Kommt in Blacklist zurück anscheinend, aber es überhaupt zu entfernen... ist lächerlich.
Was dadurch in der Vergangenheit alles ermöglicht wurde an neuen Zugangswegen....
Muss ich mit einer Haftkamera denn die Wachen töten, wo Schlafgas doch leiser und freundlicher ist und schon einmal einen festen Platz in der Serie hatte?
Die wenigsten Lichter lassen sich ausschalten, sind sie doch durch ein Sicherheitsgitter(!) geschützt, das selbst FA-MAS-Feuer und Splittergranaten standhält... Geschätzt 40% aller Lichtquellen in Conviction waren unkaputtbar.
Die meisten der Lichter, die sich ausschalten ließen, befanden sich in Räumen, in denen keine Gegner vorzufinden waren.
So konnte man also vorsorglich seinen Rückzug decken, der sowohl durch das Waffenarsenal in der Hosentasche als auch durch das Ausbleiben von vorrückenden Gegnern überflüssig wurde.
Das ist sicher Sam's Schuld, dass die Lampe blinkt. "Position halten! Du spinnst wohl, wir gehen da nicht rein!"
Und das allerwichtigste fehlt:
Das Nachtsichtgerät.
Nachtsichtgerät, Nachtsichtgerät, Nachtsichtgerät.
Denn Niemand, absolut Niemand kann in einem komplett lichtleeren Raum noch alles genau erkennen,
auch Super-Jason-Bourne-Jack-Bauer-Spezial-Mega-Killer-Agent Samuel Fisher nicht.
Mit dem Alter sieht man wohl besser... im Dunkeln.
Und woher um Himmel's Willen kommt Victor Coste denn auf einmal?
Teil eins bis drei waren storytechnisch verknüpft, aber die letzten beiden dichten die Geschichte um, wie es gerade passt...
Ich habe am Ende des vierten Teils nicht so gehandelt, wie es der schlimm-spoilernde Anfang des fünften vermuten lässt.
Wenn Dich Jemand sieht, knall ihn ab.
Wenn Du den kaum noch vorhandenen Alarm auslöst, knalle alles ab, was sich bewegt.
Wenn Du Jemanden siehst, mache ihn direkt kalt.
Denn nach missionsrelevanten Informationen zu fragen, ist zu altmodisch für den modernen Sam.
Den Körper kannst Du ruhig liegen lassen... ach halt, hatte ich vergessen, den kannst du ohnehin nicht bewegen. (Alter Sack!)
Dafür aber durch ungeöffnete Fenster springen. Sollen sich die Nachbarn eben beschweren, was stört es Sam, dass er laut ist?
Ich empfand beim Spielen von Conviction zwei Dinge:
Neugier, wohin das alles führt und was da noch möglich ist, beim neuen Sam.
Und Wut. Wut darüber, dass man offenkundig keinen Versuch unternommen hatte, die alte Seele von Splinter Cell am Leben zu erhalten, darüber, dass auf der riesigen Packung der Collector's Edition des Spiels groß ein Splinter Cell-Logo prangte, darüber, dass ich mich nur für dieses eine Spiel auf den permanenten Onlinezwang Ubisoft's eingelassen hatte, welcher, wie sich inzwischen herausstellte, mehrfach nicht dann funktionieren wollte, wenn ich gerade spielen wollte.
Und wenn ich ein Spiel nicht dann spielen kann, wenn ich gerade Lust dazu habe, dann spiele ich es nicht.
Und wenn man dann den später einführten Offline-Modus ausprobiert, wird man zum einen feststellen, dass einem mehr Spielfeatures vorenthalten werden als man sich ausmalen würde und zum anderen, dass man das Spiel von vorne starten kann. MUSS.
Wenn man mir schon aufgrund der fehlenden Online-Validierung eine bereits aktivierte und mit Punkten aufgewertete Waffe vorenthält, muss ich dann einen leeren Waffenslot in meiner Waffenkiste haben? Sicherlich nicht.
Was mich aber am meisten grämte, war, dass ich mir das gesamte Spiel über ausgemalt habe:
"Wie sähe diese Stelle aus, wenn sie den wahren Tugenden der Serie treu geblieben wären?"
Ich habe häufig das Nachtsichtgerät und die daran angeschlossenen Sichtmodi vermisst.
Ich habe vermisst, dass ich eine Gegnergruppe komplett umgehen konnte.
Ich habe vermisst, dass ein Alarm dazu führte, dass sich die Gegner in Anzahl, Verhalten und Bewaffnung auf Sam einstellten.
Ich habe den Sarkasmus vermisst, mit welchem Sam seine Situation und die Kommentare seiner Gesprächspartner reflektierte.
Ich habe die Verantwortung vermisst, zu entscheiden, wie ich wo hinein gelange und wie ich dort verfahre, sollte ich auf Schwierigkeiten stoßen.
Wenn ein Entwickler weiß, dass er nur einen verdammten zusätzlichen Luftschacht bauen muss, um dem Spieler das Gefühl von Entscheidungsfreiheit zu vermitteln, warum zur Hölle sollte er dies dann nicht tun?
"Wiederspielwert" meint ein Spiel, nicht die ganze Serie, die womöglich Ähnlichkeiten aufweist...
Ich habe vermisst, einen Level abzuschließen und zu wissen, dass niemals Jemand erfahren würde, dass Sam dort war.
Die Feinde in Splinter Cell 3 - Chaos Theory wissen bis heute nicht, was sie getroffen hat.
Und über wie viele Spiele kann man das schon sagen? (MGS fällt raus, wegen der Bosskämpfe...)
Und das auf dem PC?
Bei aller Häme:
Conviction ist ein gutes Spiel.
Ich mochte die Orte, die Musik, die Sprecher, die filmreife Inszenierung, die Art, wie Missionsziele dargestellt worden sind, das minimalistische HUD, dass Granaten endlich auch Mal so richtig fetzen, das Gefühl, auf der Jagd zu sein, die Geschichte, wo man dieses Mal nicht den x-ten Atomkrieg verhindern soll, sondern versucht, das Schicksal der eigenen Tochter aufzuklären.
Conviction ist ein gutes Spiel.
Aber es hätte um so vieles besser werden können, wäre es wirklich ein Splinter Cell geworden.
Man hätte Conviction ebenso wenig "Splinter Cell" nennen dürfen, wie Arcania "Gothic" heißen sollte.
Am Ende des Spiels habe ich mir und Anderen folgendes gesagt:
"Hat Spaß gemacht, dieses eine Mal. Aber sollte aus den ersten Spielszenen zum Nachfolger nicht zweifelsfrei ersichtlich sein, dass die Serie zu ihrem Ursprung zurückkehrt, dann war dieses hier mein letztes Abenteuer mit Sam Fisher."
Ich habe bloß selten den Eindruck, dass ein Entwickler nicht verstanden hat, worum es den Spielern in ihren Spielen geht.
Aber wenn der Typ, der sich Splinter Cell 6 - Blacklist ausgedacht hat, auch nur einen der Klassiker gespielt hat...
Dann muss er die Fans wohl hassen.
Um es möglichst unvereingenommen zu sagen:
Ich würde den sechsten Teil gerne spielen.
Wenn sie mir irgendwie die Möglichkeit geben, daran zu glauben, dass sie aus den Vorgängern, im Sinne der Serie, gelernt haben,
dann werde ich das tun.
Aber so wie es im Moment aussieht...
Da kann ich schon verstehen, warum der Sam so häufig in Rage gerät, in letzter Zeit.
Weiteres will ich dazu erst sagen, wenn mehr zum Spiel bekannt wird.
Ich hatte im Übrigen den Eindruck, anhand der zwei Sätze, die Sam im Trailer spricht, dass der Sprecher anders klingt.
Ist das noch immer Michael Ironside? Besteht Gefahr, dass der grandiose Martin Kessler ebenfalls weichen muss?
Und haben die im Englischen schon immer "eschelon" gesagt? Nicht "ekelon" wie in der dt. Sprachausgabe?
Ich würd's ja auf Englisch spielen, aber ohne den Kessler geht das nicht...
Wirklich.
Heyho.
Midoryu
Ergänzung:
Siehe nächsten Post...
(Post = Beitrag, nicht zum Briefkasten gehen...! Mann, ey... )