Urmelking am 17.09.2005 01:31 schrieb:
ich meine damit , dass das zb die bürger der ddr und russlands die ja eine eine verschmelzung von oben und unten bewerkstelligen wollten (was im übrigen nie richtig geklappt hat) ja wohl keinen besseren lebensstandard hatten als es in unserem land der fall war obwohl es bei uns ja böse kapitalistisch zu geht und du auch bestimmt nicht den lebensstandard eines chinesen haben willst in deren land ja auch gleichheit für alle angestrebt wurde (was nun auch wieder nicht funktioniert hat)
Argh, argh, argh! Im Grunde sollte an so einem Punkt
Godwin's Law ziehen, denn eine soziale Marktwirtschaft, in welcher der Staat bzw. die Staatengemeinschaft zum Wohle der Allgemeinheit in Form eines sozialen Korrektivs steuernd in den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr eingreift, mit leninistisch-stalinistischen Diktaturen gleichzusetzen ist ungefähr auf dem Niveau von unpassenden Nazivergleichen. Es geht nicht um leninistisch-maoistische Planwirtschaft, es geht überhaupt nicht um irgendwelche Ismen. Ohne staatliche Regelungen unterliegt Kapital jedoch einer sehr, sehr starken Eigengravitation: Es aggregiert, d.h. dort wo viel ist, fließt noch mehr hin und dort wo wenig ist, fließt es ab. Kleine und mittelständische Betriebe werden von größeren verdrängt oder assimiliert, die daraufhin noch größer werden. Und die daraus resultierende allmähliche Monopolisierung des Arbeitsangebots führt zum Diktat der Preise für Arbeit, zumal der Arbeitsmarkt zunehmend global wird und daher gerade aufgrund der stark unterschiedlichen Lebens-, Sozial- und Sicherheitsstandards in unterschiedlichen Regionen auch immer irgendwo ein Arbeitnehmer zu finden ist, der sich noch billiger verkauft.
Die Antwort auf diese Umstände ist jedoch nicht die Revolution und die anschließende Diktatur des Proletariats. Es ist müßig, Naturgesetze zu bekämpfen, genauso müßig ist es, den Markt durch etwas anderes ersetzen zu wollen, es geht doch nur darum, den Kräften des Marktes gewisse Gegenkräfte entgegenzustellen, um das Gesamtsystem zu stabilisieren, denn auch das Kapital ist darauf angewiesen, auch in Zukunft noch Potential zum Fließen zu finden, d.h. es wäre fatal für den Markt, wenn das Ziel erreicht und alles Kapital in einem großen allmächtigen Komplex gesammelt, während der Rest mehr oder weniger ausgesaugt wäre.
Wir wollen weder die Demokratie aufgeben noch die Marktwirtschaft. Wir müssen aber das eine nutzen, um dem anderen ein stützendes Korsett zu verpassen, nicht mehr und nicht weniger. Es gibt auch schlichtweg keine "Vorbilder" die dies erreicht hätten, denn es handelt sich hier nicht um einen ideologisch postulierten statischen Zustand wie in der Marxschen "Urgesellschaft", der irgendwann am Endpunkt einer Kette von Gesellschaftsveränderungen steht, sondern um einen dynamischen Prozess, in welchem ständig auf äußere und innere Entwicklungen reagiert werde muss. Von daher kann es auch keine Patentrezepte und keinen Goldenen Pfad geben, dieses Ziel zu erreichen. Das ist das Ur-Problem von jedem Ismus dieser Welt - ebensolche Patentrezepte für das Paradies als allein-seligmachende Religion zu verkaufen. "Echte" Politik ist leider viel komplexer. Vielleicht zu komplex für eine Demokratie, aber wir haben nun einmal nichts besseres.