Schön, hier mal jemand vom Fach zu haben. Da hätte ich direkt mal ein paar Fragen:
Wenn Volksverhetzung und KiPo verboten ist, gibt es
eben doch in DE verbotene und illegale Medien.
Volksverhetzung und KiPo hatte ich ja ausdrücklich ausgenommen, KiPo sind in jedem Land der Welt illegal (auch wenn es da je nach Land unterschiedliche Definitionen gibt), d.h. auch der Kauf, der private Verkauf an Volljährige und sogar der Besitz sind strafbar. Das ist ne ganz andere Situation als bei Spielen oder Horrorfilmen. Aber um KiPo oder Volksverhetzung geht es ja den Spielejournalisten oder Fans nicht, die davon sprechen, dass Spiel oder Film xy "verboten" oder "illegal" sind. Mein Punkt ist, dass du jedes indizierte oder beschlagnahmte Spiel, das mit Volksverhetzung oder KiPo nichts zu tun hat, in Deutschland kaufen und sogar (privat an nicht öffentlichen Orten) an Erwachsene verkaufen darfst. Du darfst sie auch aus dem Ausland importieren (zur Problematik mit § 86a siehe unten), § 131 StGB verbietet nur die Einfuhr zum Zwecke der gewerblichen Nutzung etc. Das kann man meiner Meinung nach kaum "Verbot" eines Mediums nennen, es sind lediglich Handelsbeschränkungen. "Jud Süß" ist tatsächlich verboten, weil Volksverhetzung. "Tanz der Teufel" ist nicht verboten, allerdings sind die legalen Handelsmöglichkeiten eben stark eingeschränkt. Das kann man scheiße finden, es ist aber nunmal kein Verbot. Ich bin großer Fan von Horrorfilmen und hatte noch nie ein Problem, völlig legal (!) an jeden indizierten oder beschlagnahmten Film zu kommen.
Bei Spielen mag das wegen den Beschränkungen deutscher Accounts auf Steam ein Problem sein, das liegt aber nicht an einem "Verbot", sondern an der Tatsache, dass Steam bisher keine Möglichkeit des Altersnachweises zum Kauf indizierter Spiele bietet. Der Verkauf indizierter Titel an Volljährige auf Steam wäre jedenfalls legal, allerdings halt auch ein bürokratischer Aufwand für Steam.
Dh: Ebay.de darf eine Auktion hosten, bei der ein Privatmensch einen beschlagnahmten Film/ein beschlagnahmtes Spiel verkauft?
Darf ich auf dem Flohmarkt (auch privat) indizierte und beschlagnahmte Titel offen verkaufen?
Nein, weil es sich dabei um öffentliche Verkäufe handelt, wobei man da zwischen Indizierung und Beschlagnahmung unterscheiden muss. Indizierte und beschlagnahmte Medien dürfen nie öffentlich verkauft werden, wenn Jugendliche Zugang zur Verkaufsplattform (also zB. zum Flohmarkt oder zur Shopseite) haben. Indizierte Titel (das ist wie gesagt nur ein Jugendschutz) dürfen aber über Vertriebswege verkauft werden, zu denen lediglich Erwachsene Zugang haben. Beispielsweise auf Flohmärkten mit Ausweiskontrolle (war schon öfter auf Filmmessen mit abgetrenntem Erwachsenenbereich), Erwachsenenvideotheken oder Filmundo (quasi eBay mit Erwachsenenabteilung, auf die man nur mit Altersnachweis Zugriff bekommt).
Darf ein Paket, mit dem ich mir ein hierzulande beschlagnahmtes oder mit Hakenkreuzen versehenes PC Spiel, was hierzulande aufgrund des STGB § 86a nur ohne selbige erschienen ist (zB Wolfenstein), auf dem Postweg an mich beschlagnahmt werden?
Beschlagnahmt werden kann vieles, das entscheidet ein einzelner Zollbeamter, das heißt nicht, dass er damit auch Recht hat. Zumindest dürften deine Chancen sehr groß sein, das Spiel zur Not auf dem Klageweg doch zu bekommen (ob sich das lohnt ist ne andere Frage). Denn nach § 86a Abs 3 in Verbindung mit § 86 Absatz 4 StGB (siehe
§ 86a StGB Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen - dejure.org) gilt das Verbot verfassungswidriger Kennzeichen nicht für Kunstwerke. Zwar gab es mal ein oder zwei Urteile von niedrigen Gerichten, die Spiele nicht als Kunstwerke angesehen haben, die sind aber aus den 80er oder frühen 90er Jahren. Mit dem Kunstbegriff des Bundesverfassungsgerichts ist das nicht vereinbar. Aber Richter sind halt Menschen und machen Fehler. Es wurde mal ein Punk vor dem Amtsgericht verurteilt, der einen Aufnäher mit nem durchgestrichenen Hakenkreuz trug. Das Urteil war falsch und wurde später aufgehoben, aber sowas ist schnell in der Welt. Und solange dann niemand dagegen vorgeht, wird sich nichts ändern.
Seitdem hat sich sehr viel geändert, die Gerichte sind bei der Beschlagnahmung von Medien viel liberaler geworden. Ich erinnere mich noch an den Zeiten, in denen jeder First Person Shooter sofort indiziert oder sogar beschlagnahmt wurde, das ist heute ganz anders. Spiele haben ne ganz andere gesellschaftliche Bedeutung und Anerkennung als damals. Juristisch gibt es keinen vernünftigen Grund, Spiele anders zu behandeln als Filme. Das Problem ist aber, dass die Spielehersteller es gar nicht erst auf ein Gerichtsurteil und eine mögliche Geldstrafe ankommen lassen wollen, sondern solche Titel in vorauseilendem Gehorsam für den deutschen Markt zensieren. Solange keiner mal damit vor Gericht geht, wird es auch keine Urteile, ergo keine Rechtssicherheit geben.
Ich frage mich schon seit Jahren, warum die deutschen Spielemagazine nicht nen gemeinsamen Pool bilden, in dem sie jeden Monat ein paar hundert Euro einzahlen (sollte auch bei deren knappem Budget machbar sein, oder?) und dann mit nem Fachanwalt für Medienrecht (ist nicht mein Rechtsgebiet, also keine Werbung
) bis zum Bundesverfassungsgericht gehen, um Spiele eindeutig als Kunst definieren zu lassen. Die Erfolgsaussichten sind wie gesagt sehr hoch. Und das wäre wesentlich effektiver, als in Kolumnen rumzujammern, sorry.