"Gone Home" ist in meinen Augen ein echtes Meisterwerk! Auf jeden Fall anschauen...
Ich verfolge Computerspiele seit Anfang an. Jetzt oute ich mich als Mittvierziger
Angefangen von Pong, über Atari2600, Atari 130XE... Meine sehr guten Englischkenntnisse basieren nicht auf Schulunterricht, sondern auf den Infocom-Textadventuren *g* Seit fast 40 Jahren spiele ich Computerspiele, habe eine umfangreiche Sammlung. Mit Bedauern habe ich die Entwicklungen der letzten Jahre verfolgt: Inhaltsleere (Wollte eigentlich "Blutleere" schreiben, aber leider ist das Gegenteil der Fall), Hochglanz-Shooter lassen kaum noch Platz für gute Spiele. Gut im Sinne von mehrdimensional, emotional fesselnd, nachhaltig beeindruckend... Um es mal mit der Literatur zu vergleichen: Es gibt fast nur noch Comics, keine Zauberberge mehr.
Computerspiele können so viel mehr bieten, als das, was momentan den Markt beherrscht. Und "Gone Home" oder "Proteus" zeigen, was alles möglich ist.
Von Kritikern erhält Gone Home sehr oft Traumnoten, von Spielern oft eine ganz schlechte Bewertung. Dass das Spiel bei vielen Spielern durchfällt, ist sehr bedauerlich, zeigt aber auch, wie unreif, gefühlskalt und weit ab von jeder Empathie diese Generation in einigen Teilen ist. Schade, sehr schade, sie ahnen nicht, was ihnen im Leben entgeht!
"Gone Home" schafft es, auf engem Raum eine Welt zu kreieren, die stimmiger und interessanter ist, als die meisten Mainstream-Programme. Die drei Stunden Spielzeit haben mir mehr gegeben, als all die vielen Shooter-Tage meiner Gamingvergangenheit zusammen. Die angeblichen technischen Mängel sind keine, die einzelnen Geschichten von Gone Home spielen in der Phantasie, in der Vorstellungskraft des Spielers. Da braucht es keine Supergrafik, Weltliteratur hat auch keine Grafik
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Für das Gesamtverständnis der Geschichte sind für mich zwei Aspekte wichtig gewesen, die ich erst spät bemerkte: Das der Vater zurück in das Jahr 1963 möchte (Seine Romane handeln von Zeitreise, Kennedy-Mord...) liegt an etwas sehr Persönlichem, an etwas sehr Schlimmen, was ihm genau in diesem Haus passiert ist. Etwas, dass sein Leben, seine Ehe bis Mitte der Neunziger (Spielzeit der Geschichte, von den Autoren extra gewählt, da damals noch "echte" nichtdigitale Kommuniktion über Briefe existierte
) massiv beeinflusst hat und in dem Jahr des Wohnens in diesem Haus (wieder) massiv in den Vordergrund getreten ist. Er möchte zurück, um zu verhindern, dass das Schlimme mit ihm geschieht!
Dass die Eltern nicht daheim sind, als die Hauptperson nach Haus kommt, hat ganz nachvollziehbare Gründe: Sie sind auf Therapie und versuchen, ihre Ehe zu retten. Sam haben sie die "Lüge" Anniversary-Urlaub (was es ja so gesehen auch ist) erzählt, um sie nicht zu beunruhigen. So blieb ihnen nur diese Zeit zur Fahrt.
SPOILERSPOILERSPOILERSPOILERSPOILERSPOILER SPOILERSPOILERSPOILERSPOILERSPOILER ENDE
Oben habe ich kurz Thomas Mann in's Spiel gebracht. Damit möchte ich den Kommentar auch beenden: "Gone Home" ist für die Tonio Krögers dieser Welt. Für die Hans Hansen gibt es mehr als genug eindimensionale, inhaltsleere Sachen.