CDU/CSU
Die jeweils nicht bundesweit verbreiteten Regionalparteien CDU und CSU sehen, wie die meisten anderen Parteien, Europa als Garant für Frieden, Freiheit und Wohlstand. CDU und CSU stellen sich als „die deutschen Europaparteien“ dar und begründet das mit Großtaten der Vergangenheit, in denen die Konservativen für alle positiven Entwicklungen alleine verantwortlich seien.
Die EU als Vereinigung starker Nationalstaaten müsse im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft konkreten Mehrwert inkl. Schutz gegen Bedrohungen bieten. Wie einige andere Parteien wird zwischen Aufgaben differenziert, die auf nationaler oder auf europäischer Ebene besser bearbeitet werden könnten. Bei EU-Erweiterungen wollen CDU/CSU vorsichtiger agieren als etwa die SPD, schlagen Zwischenstufen unterhalb der Vollmitgliedschaft vor, um europäische Drittländer trotzdem an die EU zu binden. Da ich bei der EU-Erweiterung skeptisch bin, weil ich meine, die EU müsse sich erst mal fester konsolidieren, mögen diese privilegierten Partnerschaften für Externe ein gangbarer Kompromiss sein.
Verbindendes Element sei ein „European Way of Life“ aus Schlagworten, die in Programmen anderer Parteien inhaltlich präziser behandelt werden: u.a. Solidarität, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Freiheit, die von CDU/CSU v.a. wirtschaftlich verstanden wird. Hier kommt noch ein christlich-jüdisches Erbe dazu, das die Partei der Humanisten wohl nicht als so wichtig ansieht und die sich sogar ganz allgemein von allen Religionen distanzieren kann, ohne bestimmte Schwerpunkte zu setzen. Bei der AfD waren übrigens noch Griechen und Römer im Spiel. Ob der „European Way of Life“ mit „Mia san Mia“ vereinbar ist, wird nicht erklärt. Vielleicht soll das die europäische Leitkultur sein.
Bei CDU/CSU glaube ich Schwerpunkte bei der Wirtschaftsorientierung und gemeinsamer Verteidigungs- und Sicherheitspolitik zu erkennen (weil das umfangreich weit vorne im Programm steht). International orientieren sich CD/CSU transatlantisch zu den USA und sieht viele Bedrohungen aus der anderen Richtung. Daher wird mehr Engagement in der NATO gefordert. Kriminalitätsbekämpfung und Migrationspolitik klingen für mich nicht wesentlich anders als bei den meisten anderen Parteien, vielleicht etwas strikter und mit einer Betonung auf weiterhin mögliche innereuropäischen Grenzkontrollen sowie Rückführungsabkommen, aber nicht so feindselig wie etwa bei der AfD.
Europa als Wirtschaftsraum ist das zweite große Thema von CDU und CSU. Europa soll die Wirtschaft in Schwung bringen, als Stabilisator der Finanzmärkte, aber ohne gemeinsame Verantwortung bei Schulden (weil Deutschland noch besser dasteht als einige andere Länder), mit Wettbewerbsfähigkeit, Wettbewerb, wenig Regulierung und durch Freihandel v.a. mit den USA und Südamerika. Wo CDU/CSU im Freihandel Chancen sehen, warnen viele Parteien weiter links im Spektrum vor intransparenten Regularien und Bevorzugung großer Konzerne. Wie die meisten anderen Parteien wird auch hier ein forschungsstarker und Technologie-affiner Standort gewünscht. Soziale Sicherheit soll durch Beschäftigung und Steuereinnahmen kommen, wobei „linke“ Themen wie Mindestlohn bei CDU/CSU nicht vorkommen oder vage mit „fair bezahlten Jobs“ angesprochen werden. Freizügigkeit qualifizierter Arbeitnehmer wird hier gerne gesehen, kommt aber auch bei anderen Parteien vor.
Es kommt auch ein Seitenhieb gegen Bürokratie im Programm vor, bei deren Abbau die CDU, wie weit oben als meine persönliche Enttäuschung beschrieben, aus ~Lobbyismusgründen versagt oder womöglich sabotiert hat. Womöglich wäre Deregulierung besser als ein von der CDU verbrochenes Gesetz. Außerdem wollen CDU/CSU die Verkehrsinfrastruktur ausbauen. Da geht auf jeden Fall viel Landschaft, Landwirtschafts- und Naherholungsfläche für drauf. War jedenfalls an meinem früheren Wohnort recht strapaziös, durch den Wald zu laufen und erst in manchen Senken nicht mehr die Autobahn zu hören. Luxusproblem? Verkehrsausbau wird, wie bei der ebenfalls Landschaft fressenden Windenergie, ein Kampf mit Anwohnern aller politischer Farben. Sicher kein Luxusproblem ist, dass mehrere Legislaturperioden CSU-Verkehrsminister die (u.a.) für meine Dienstreisen erforderlichen Autobahnstrecken (außerhalb von Bayern) so haben verfallen lassen, dass ich gesperrte Streckenabschnitte zusammen mit vielen anderen Reisenden umfahren und viel Zeit für die Reise statt für die produktive Arbeit (laut Gesetz immer noch im Dienste des Gemeinwohls) verschwenden muss. Fällt das unter volkswirtschaftlicher Schaden? Also CDU/CSU: Lächerliches Geschwätz! Über die Bahn und deren Infrastruktur will ich mich hier nicht auch noch auslassen. Zuverlässigere öffentliche Verkehrsmittel wenigstens in den Gegenden, in die heute überhaupt Verbindungen führen, wären schon gut.
Bei den ökologischen Themen kommen CDU und CSU nicht viel anders daher als die anderen Parteien, die sonst gerne als links-grün-versiffte Faschisten verunglimpft werden. Hier wird mit dem bekannten Schlagwort „Technologieoffenheit“ hantiert, was v.a. auf Energiemix, neue Energieproduktionstechnologien, effizientere Verbrennungsmotoren und einen breiteren Begriff davon abzielt, was erneuerbare Energien seien. Ich würde sagen, CDU/CSU wollen beispielsweise Holz verbrennen, das andere Parteien lieber als Werkstoff sehen, und CDU/CSU wollen sonstige Biomasse als Treibstoff (Biodiesel usw.) verwenden, die andere Parteien lieber als Nahrungsmittel verwertet sehen wollen. Außerdem sollen z.B. Treibhausgase in der Erde gespeichert werden, wobei andere Parteien langfristige Folgeprobleme (die nächste Generation Bergschäden und Atommüllendlager?) erwarten. Auch die Forderungen nach regionaler Produktion klingt ähnlich wie bei den anderen Parteien, aber mit weniger Regulierung bzw. mit mehr Wettbewerb. The winner takes it all.
Sind CDU/CSU moderater und realistischer als „grünere“ Parteien? Ich habe den Eindruck, die grüneren und linkeren Parteien haben ihre Vorstellungen und Vorschläge vor allem deutlich konkreter ausformuliert und erläutert. Konkrete Vorstellungen, in die der Wähler nicht seine persönliche Interpretation reindichten kann, werden sich rächen. Verbindlichkeit wird nicht honoriert.
Was ich als Wesenskern von CDU und CSU herauszulesen glaube: Ökologie und alles andere muss irgendwie der Wirtschaft nützen. Wenn die Wirtschaft läuft, helfe das auch den unteren Klassen. Von den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – soziale, ökologische und ökonomische – ergäben sich zwei wohl aus der hier übergeordneten ökonomischen. Die Haltung zeigt nichts Neues im konservativen Lager, außer aktuelle Begriffe aufzugreifen. Aber für Innovationen sind bekanntlich andere zuständig. Wenn Innovationen Erfolg haben und etabliert sind, werden die konservativ vereinnahmt. Falls in zehn Jahren Europa ein wichtiger Produktionsstandort für erneuerbare Energien sein sollte, werden CDU/CSU auch schon immer dafür gewesen sein (außer für Windräder und Stromtrassen in Bayern). Dass erst mal die Solarbranche und jüngst die Wärmepumpenhersteller vergrault wurden, wird schnell vergessen sein. Ich möchte nochmal anmerken, dass die CDU zwar auf nationaler Ebene seit zwei Jahren die Ampelregierung kritisieren darf, ihre sechzehnjährige CDU-Kanzlerschaft davor aber aus dem Gedächtnis getilgt hat. Schon Konrad Adenauer wusste, dass ihn sein Geschwätz von gestern nicht zu interessieren brauchte, weil ihn nichts davon abhielte, klüger zu werden.
Mit dem Wirtschaftsfokus werden CDU/CSU zumindest insofern kurzfristig richtigliegen, da die Großmächte ihre Wirtschaft weiterhin pushen und einiges dafür tun werden, die europäische unterzubuttern. Wie wir aus Strategiespielen gelernt haben, braucht es eine stabile und produktive Wirtschaft und großes Bevölkerungswachstum, um fremde Planeten zu kolonisieren und um sich durchzusetzen. Expand, Explore, Exploit und Exterminate können heutzutage andere Mächte besser als die postkolonialen Europäer, die sich für die Ukraine und das Baltikum vielleicht überlegen müssen, ob z.B. das Russische Reich in seinen Inkarnationen einfach besser kolonisiert hat. Auch die GDI musste viele Raffinerien bauen, um zu verhindern, dass Nod den Wandel des Ökosystems beschleunigt… Das Spice/Tiberium muss fließen, vor allem für die großen Häuser. Allerdings mussten die statt schwarzer Null auch immer in Raffinerien bzw. Infrastruktur investieren statt alles kaputt zu sparen.
Koordiniertes Vorgehen gegen Steuerkriminalität, wie in anderen Parteiprogrammen gerne angesprochen, erwähnt das Programm von CDU/CSU übrigens nicht.
Ich glaube, CDU/CSU könnten ganz gut mit PdH, PdF und Volt zusammenarbeiten, müssen aber keine Angst vor grüneren Parteien schüren. Schließlich tut das Europaprogramm so als sei man gegen Hetze (im Netz, nicht im Bierzelt). Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit werden vielleicht ausgewogen umgesetzt durch die Aushandlungsprozesse zwischen Sozen, Grünen, Liberalen und Wirtschaftskonservativen. Ich hoffe nur, es kommen keine halbgaren Verschlimmbesserungen heraus.
Jetzt reicht’s aber auch mit den Parteiprogrammen. Die zu vergleichen, fühlt sich für mich so an, als würde ich mir ein Volk oder einen Charakter für ein Spiel zusammenbauen und müsste deren Vor- und Nachteile aus einem Punktesystem kaufen, aus dessen Auswahl ich nie das Optimum kombinieren kann. Wenn ich Influenza hätte verbreiten sollen, hätte ich YouTuber werden sollen. Da ich aus den Programme exzerpiere, was ich für am wichtigsten oder interessantesten halte, und mit eigener Meinung kommentiere, kann ich nur empfehlen, selbst genauer nachzulesen.