Das Problem der Fachpresse ist teilweise, dass man bei den Spielebewertungen insgesamt zu hoch gerutscht ist. Manche Spielemagazine geben ja fast nur noch Wertungen im Bereich 70 und höher, was anderes gibt es da gar nicht mehr. Der ganze Wertungsbereich wird gar nicht mehr ausgenutzt. Gerade im Shootergenre war es ja extrem. Da hatte irgendwann schon jeder Durchschnittsshooter eine Wertung von 80+ bekommen und jeder einigermaßen gute an den 90ern gekratzt oder eine 90er Wertung bekommen.
Früher galt ein Spiel mit einer Wertung von 65 z.B. als durchschnittliches Spiel, heute sehen es die Spieler dann schon als absolute Gurke an, weil die Wertungen insgesamt so hochgerutscht sind. Die Spielemagazine sollten ihren Wertungsbereich viel mehr nutzen.
Bei Spielern ist es dann teilweise genau andersherum. Da passt irgendwas im Spiel nicht und man vergibt am Besten gleich eine Wertung von 1 von 100.
Aber was passiert nun, wenn die Wertungsbereiche allgemein wirklich genutzt werden? Es hat sich ja nun mittlerweile fest in die Köpfe der Spieler gebrannt, dass ein Spiel, das nur 6 von 10 Wertungspunkten erhält, ein Schuss in den Ofen ist. Würde man nun den Wertungsbereich bei jedem getesteten Spiel tatsächlich nutzen, würden viele Spiele viel schlechter abschneiden und eigentlich gute Spiele würden deutlich weniger gekauft. Daraus resultiert widerum weniger Umsatz, der Entwickler geht pleite oder es wird nur noch schlimmer mit DLCs, Mikrotransaktionen usw. um den Umsatz zu halten oder zu erhöhen. Oder aber das nächste Spiel des Entwicklers weist Qualitätsmängel auf, weil die Ressourcen nicht reichten.
Das ist jetzt natürlich nur konstruierte Dystopie, aber mMn nicht ganz unrealistisch. Und ich rede dabei nun nicht von den vier lustigen Drei (Ubi, EA, Activision). Sondern allgemein von der Branche.
Und Spieler bewerten meiner Meinung nach allgemein kritischer, aus zwei Gründen:
1. Sie hangeln sich gern an Dingen auf, die erstmal nichts mit dem Produkt zu tun haben (Firmenpolitik, DRM usw.). Dadurch kann ebenfalls ein eigentlich gutes Spiel völlig falsch bewertet werden. Finde ich persönlich völligen Quatsch. Wenn ich ein Spiel toll finde, zahle ich auch gern dafür. Alles andere ist erstmal zweitrangig. Aber egal.
2. Spiele sind ein Massenmedium geworden und es gibt unglaublich viel Auswahl an verschiedensten Games. Publisher rühren die Werbetrommel, teilweise mit unmenschlichen Kosten (siehe GTA5 oder StarCraft 2 (Flugzeuglackierung)). Spiele werden gehyped, um aus der Masse hervor stechen zu können. Von Usern, aufgrund von Screenshots, Previews usw. usw. Und von den Medien (Redaktionen, TV und Publisher selbst). Es werden Erwartungen geschürt, die ein Spiel niemals erfüllen kann. Und dann sind da natürlich viele Spieler maßlos enttäuscht, weil der Hype-Train am Ziel angekommen ist und die Endstation ein gerademal "gutes" Spiel darstellt, aber nicht das versprochene "Geil! Kauft es euch! Oder ihr werdet sterben, wenn ihr es euch nicht kauft, so geil ist dieses Spiel! Kauft es euch! *Spiel, Trailer und Previews ins Gesicht schlag*".
So unverständlich der Hype-Train auch ist, der bei jeder größeren Produktion abfährt...ich kann aber einfach kein Verständnis für Leute aufbringen, die sich erst durch bloße Werbung blenden lassen, nur um dann zu sehen, dass es ja doch "nur" ein gutes Spiel ist und es dann schlechter bewerten, als es das Spiel tatsächlich verdient hat. Letztlich bringt jeder Hype nichts, wenn der Kunde selbst mal seinen Verstand einstellt und nicht jedem oben erwähnten Versprechen Glauben schenkt. Nur tun das eben die wenigstens. Entweder kauft man sich das Spiel gar nicht oder man denkt vorher nach und erwartet einfach keinen Überflieger. So konnte ich mich auch mit WatchDogs, Diablo 3 usw. usw. anfreunden. Im Gegenzug werden kleine Indie-Projekte gelobt, eben weil man von denen erstmal wenig erwartet und dann doch etwas schönes bekommt. Obwohl viele nicht besser/schlechter sind, als manche AAA-Titel.