Einige, die jetzt in manchen Aspekten unfairerweise jammern, also jene, die das Spiel am Nachholen sind, verstehen vielleicht nicht ganz, wie sie das nostalgische Spiel zu nehmen haben. Klar ist es in allerlei Hinsicht hoffnungslos veraltet, es war z.B. damals DAS erste Quicktime-Event Spiel. Quicktime Events gibt es auch in heutigen Spielen zu Hauf, jedoch merkt man in Shenmue wie altbacken das dort wirkt.
Anders als sagen wir mal Openworld Games wie Oblivion, Skyrim und Fallout 3 4, wo man klar formulierte Missionen mit exakten Standorten bekommt, wohin man direkt schnellreisen kann, ist hier genau das Gegenteil der Fall, ihr müsst euch aber auch in Ryo hineinversetzen.
Ryo ist ein Teenager. Auch wenn seine Statur der eines Erwachsenen gleicht, wird er dennoch vor Bars gefragt, ob er denn auch alt genug ist, wenn er hereinkommen möchte. Er wird ständig von seinen Herausforderern als "Boy" genannt. Er ist aber auch nur ein Schuljunge und müsste eigentlich in die Schule. Das bekommt man auch z.B. in einigen Konversationen einer in etwa gleichaltrigen Freundin von ihm mit. Aber nach dem Mord seines Vaters will er die Sache in die eigene Hand nehmen, wagt es nicht, sich an die Polizei zu wenden (Telefon 110 wählen!), versichert seinen Nahestehenden, er würde ganz sicher nichts im Schilde führen und fragt nur so nach den Tätern.. aber tappt natürlich ohne jegliche Hilfe im Dunkeln, denn er hat niemanden, der ihm bei der Sache zur Seite steht. Er ist nur auf sich ganz allein angewiesen. Zu dem will seine Tante ihn jeden Tag spätestens um 23 Uhr wieder Zuhause sehen, er soll sich nicht rumtreiben. In der Zwischenzeit, in der er das Haus verlassen kann, muss er sich selbst auf die Spuren der Mörder begeben.
Er ist nur darauf angewiesen, Leute aus der gleichen Stadt zu befragen, ob sie denn was gesehen haben an diesem regnerischen, stürmischen Tag. Von 95% aller Leute bekommt ihr eine negative Antwort. Wie halt auch im wahren Leben. Man muss sich mühselig durchfragen, bis man interessante Namen bekommt und so den weiteren Verlauf der Untersuchung fortsetzen kann.
Das Spiel möchte dem Spieler vermitteln, wie es ist, wenn man quasi auf dem Boden liegt und ohne fremde Hilfe aufstehen muss und wie man seinen Alltag planen und beweltigen muss. Es gibt nun mal keine "Map", die anzeigt, wo ihr gerade seid und Smartphones mit Google Maps gab es 1988 nicht. Deshalb seid ihr darauf angewiesen, Stadtkarten am Rand von einigen Straßen genau anzuschauen und sich die Straßen und Umgebung mal zu merken. Etwas, was man in heutigen Spielen nicht mehr machen muss, weshalb man sich überhaupt nicht in irgend einer Stadt auskennen muss (so auch zb im Meisterwerk Witcher 3, im Gegensatz dazu musste man sich zb in Gothic 2 in den Siedlungen sehr gut auskennen, sonst sucht man sich einen Wolf bis man die richtige Kneipe findet).
Ich muss zugeben, ich gehöre auch zu denjenigen, die das Spiel nachholen. Ich hatte damals 99/2000 das Spiel bei einem Freund gesehen, aber nie richtig gespielt. Jetzt wo ich die PC Version spiele, verstehe ich zwar dass es veraltet ist, aber man muss fair damit sein!
Ja, es ist eine Panzersteuerung und Dialoge sind nicht immer sinnig, aber im großen und ganzen muss man erkannt haben, was sas Spiel von einem will und warum. Und ja, man ist zu Fuß unterwegs, später wahrscheinlich auch mal mit dem Bus, aber größtenteils passiert im Spiel alles Step by Step, weil es einen steinigen Weg darstellt, den der Protagonist gehen muss