Herbboy am 30.09.2005 13:59 schrieb:
ihr blödes sicherheitsdenken ablegen würden. wenn alle nur sparen und düster in die zukunft sehen, dann wird sich beim konsum nix tun, und ohne konsum braucht man keine neuen arbeitsplätze, im gegeneteil: mit den ganzen abreitslosen fallen viele konsumenten weg, noch mehr pleiten drohen.
kleines simpliziertes mini-beispiel: ein dorf mit 10 einwohnern. 2 leute betreiben ein gasthaus, 2 einen supermarkt, 2 sind steuerberater für die anderen 4. die restlichen 4 sind arbeitslos. von den jeweils 4 anderen berufstätigen kann die gaststätte nicht gut leben, der supermarkt auch nicht, die steuerberater ebenfalls. im grunde überlegen alle, ob sie nicht insolvenz anmelden müssen...
nun stellt das gasthaus einen der arbeitslosen als kellner ein. klar: zu anfang ein hohes risiko und zusätzliche kosten. aber: der kauft dann auch im supermarkt, ißt in seiner freizeit im gashaus und braucht nen steuerberater. die firmen verdienen dann mehr geld, haben mehr arbeit, stellen dann jeweils einen arbeitslosen ein. nun sind 3 leute neuangestellt und konsumieren bei den 3 firmen des dorfes. und über kurz oder lang wird der letzte arbeitslose auch unterkommmen, die anderen 9 müssen dann auch weniger in die arbeitslosenversicherung einzahlen.
Hm, also dass du Lebensqualität so direkt mit Konsum in Zusammenhang bringst, hätte ich nicht gedacht.
Aber wie auch immer: dein Mini-Beispiel hat IMHO leider wenig mit der Realität zu tun, denn es gibt halt immer mehr als ein Gasthaus - und wenn eins davon ohne Angestellte auskommt und dadurch billiger ist, kann es sich das andere nicht leisten, einen Angestellten einzustellen und dadurch nicht mehr Konkurenzfähig zu sein.
Und: du sagst, Unternehmen mussten vorher überlegen, ob sie nicht Insolvenz anmelden müssen. Wenn jetzt etwas mehr Arbeit anliegt, werden die mit Sicherheit nicht ihren neuen, höheren Umsatz durch weitere Angestellte in Frage stellen...
Daher das verständliche Sicherheitsdenken: Ich habe etwas Geld, kann sogar etwas auf die hohe Kante legen. Warum muss ich das tun? Weil mein Chef im Gasthaus mir nur einen 6 Monate Arbeitsvertrag anbietet, der u. U. erneuert werden kann, mir aber keine Garantien gibt. Warum tut er das? Weil er mir so keine bezahlten Ferien oder Weihnachtsgeld oder was auch immer zahlen muss.
Das Problem ist IHMO, dass es immer nur um Wachstum geht. Eine stabile Wirtschaft reicht nicht, es muss immer mehr Umsatz gemacht werden, und das löst über kurz oder lang einen Teufelskreis aus.
In der westlichen Gesellschaft geht's halt hauptsächlich um Geld und Arbeit, Geld und Arbeit, Geld und Arbeit. Da ist die dumpfe Stimmung nicht verwunderlich.
Ich finde auch, dass man nicht alles so schwarz sehen muss. Aber wenn man als Arbeitsloser als Schlusslicht der Nahrungskette gilt, wie soll man sich dann fühlen?
Ich habe Arbeit und rede daher sozusagen mit vollem Mund. Ich spare kaum, weil ich mit Geld nicht umgehen kann. Man könnte sagen, ich bin irgendwie die Art von Bürger, den sich die Wirtschaft wünscht - habe ein Bissel was auf der Bank und kaufe mir regelmässig irgendwelchen Schnickschnack. Aber wenn ich mal vernünftig nachdenken würde, würde ich ganz schnell feststellen, dass ich mich damit selber auf die Abschussliste stelle: geht mal was schief und ich stehe auf der Strasse (und das wird in spätestens 13 Monaten so sein), was passiert dann mit mir?
mfg