Bonkic
Großmeister/in der Spiele
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[um vorab die vielleicht wichtigsten fragen zu klären:
1. gibt es nicht schon mehr als genug cyberpunk-threads? definitiv. allerdings soll es hier nur oder zumindest in erster linie um das im titel genannten thema gehen. dass "cyberpunk 2077 bei euch total super läuft" und "konsoleros selbst dran schuld sind", dass sie noch auf den alten kisten spielen oä kommentare sind hier also eher nicht gefragt. das hatten wir wirklich alles schon x-fach.
2. gehts hier nur speziell pcgames? keineswegs. große teile der games-presse sind gemeint. da wir hier aber nun einmal bei pcgames.de sind, dient mir die hiesige berichterstattung als beispiel. und bitte auch keine kommentare der art, dass "es halt um die klicks geht". dass pcgames und co. grundsätzlich darauf angewiesen sind, dürfte ohnehin jedem klar sein. wenn wir aber wirklich nur noch darauf abstellen, würde das von vornherein jegliche kritik obsolet machen. ]
fangen wir an mit einer kolumne von ex-pcgames'ler peter b, die ich hier auszugsweise zitieren werden. die kolumne trägt den schönen titel No Man's Sky und der Hype: Welche Lehren Spieler, Presse und Entwickler aus der Affäre ziehen sollten. die älteren werden sich erinnern: bei nms wurde uns in fast schon molyneux'esker art und weise - pun intended - das blaue vom himmel versprochen. was folgte war ernüchterung und ein gewaltiger shitstorm. das alles kam, wenn wir uns recht erinnern, doch nicht so ganz unerwartet. skeptische töne gabs vor release durchaus. gehört wurden sie nicht oder kaum.
peter b. hierzu, durchaus reumütig:
Die Presse - und dazu gehört auch wir - verdingt sich in den Augen vieler enttäuschter Fans bereitwillig als Erfüllungsgehilfe der Publisher-Marketing-Maschinerie. Über Videos, Tweets und Interview-Phrasen wird teils unreflektiert berichtet oder - und das ist zwar verständlich, aber ebenfalls unschön - die Begeisterung der Community schwappt auf die Journalisten über und verführt diese zur Verwendung von Adjektiven wie "beeindruckend" und "genial". Spiele werden vorab als "Hit-Kandidaten" bezeichnet, oft auf Basis von Trailern oder von Publishern kontrollierten und oftmals stark eingeschränkten Präsentationen bestimmter, selektierter Bereiche. Freilich sind wir genau dazu ausgebildet, um dank Expertenwissen Spiele vorab zu bewerten und den Leuten da draußen ein Bild der kommenden Games zu vermitteln.
Der Produktjournalismus im Videospiele-Bereich hat freilich ein Problem: Redakteure und Magazine sind auf die Hersteller angewiesen, die vor Release komplette Kontrolle über Informationen, Gameplay-Videos oder spielbare Versionen haben. Um dennoch einen unbotmäßigen, für unsere Leser möglicherweise gefährlichen Hype einzudämmen oder zumindest kritisch zu beleuchten, müssen Journalisten also künftig noch genauer hinschauen. Auf hingetrickste In-Engine-Trailer, die als Gameplay verkauft werden. Auf offensichtlich geschönte Screenshots. Auf unrealistisch erscheinende Feature-Versprechungen.
Und wir müssen etwaige Bedenken an der Qualität eines Spiels, basierend auf unserer langjährigen Erfahrung im Umgang mit Vorab-Präsentationen, transparent dem Leser mitteilen - ohne Angst vor Repressionen durch verärgerte Hersteller, ohne uns selbst zurückzuhalten mit dem Mantra "Bis zum Release wird das bestimmt noch besser". Wenn andere Publisher und Entwickler, ermutigt durch den wirtschaftlichen Erfolg des No Man's Sky-Hypes, künftig eine ähnlich sparsame Informationspolitik vor Release verfolgen, müssen wir das anprangern.
Wir müssen unangenehme Fragen stellen: Wie wird dieses Feature funktionieren? Ist die Entwicklung eines Mehrspielermodus nicht sehr aufwändig? Wie realistisch ist die Umsetzung der angekündigten Spielelemente? Unser Anspruch muss sein, nicht alles für bare Münze zu nehmen und nicht auf jeden Hype-Zug aufzuspringen. Denn dann gibt es auch kein böses Erwachen, wenn es beim Release des mit Spannung erwarteten Spiels tatsächlich zum Crash kommt.
hat man diese vollkommen richtigen anregungen aufgenommen, und im falle von cyberpunk 2077 dementsprechend gehandelt? absolut nicht! wirklich genau dieselben fehler wurden auch wieder beim umgang mit cyberpunk 2077 gemacht. pcgames.de hat uns seit ankündigung mit knapp 500 news-meldungen bombardiert, geschätzte 90% davon in den vergangenen 3 jahren, logischerweise mit zunehmender frequenz. das würde keinen, auch mich nicht, großartig interessieren, hätte cyberpunk 2077 die riesigen erwartungen allumfassend erfüllt (dass es das zumindest bislang nicht hat, halte ich angesichts der entwicklungen inklusive verbannung aus dem ps store für gegeben).
war abzusehen, dass es zu diesem desaster kommen würde? natürlich nicht. schon gar nicht in dieser wirklich extremen form.
gab es indizien, dass da was im busche sein könnte? aber hallo, die gab es! schon vor einem knappen jahr setzte ein ziemlich großer polnischer youtuber das gerücht in die welt, dass cyberpunk 2077 auf den base-konsolen unter extremen performance-problemen leiden würde: "Niespielak says that the original Xbox One console is not powerful enough to run the game properly and apparently, Cyberpunk 2077 performance on the console is "extremely unsatisfactory". auch im wust der pcgames-news finden sich entsprechende meldungen: analyse? nö. einordnung? nö. recherche? nö.nachfrage? nö. .
gerüchte sind jetzt natürlich eine sache. wirklich wild wurds dann ja erst mit der plötzlichen, extrem kurzfristigen verschiebung nach bereits erfolgter gold-meldung. da hätte man so langsam auf defcon 4 oder 3 hochstufen können. das war alles andere als üblich. - konsequenz? wieder keine. die investoren hatten übrigens nachgefragt und wurden - man kann es nicht anders sagen - mit einer glatten lüge abgespeist.
aber weiter im text: der 10. dezember rückt näher. die review-codes trudeln in den redaktionen ein. mit im gepäck eine, wie man allenthalben hört, ungewöhnlich harte nda: vor release kompetent getestet werden konnte quasi nur die pc-version, da die konsolen-codes offenbar noch später verschickt wurden. noch besser: selbst aus der pc-version durfte bis zum release keine sekunde selbst produziertes bildmaterial gezeigt werden. - defcon 2? mitnichten. der pc-test ging pünktlich zum release raus mit der von cdpr logischerweise erhofften (ob in der form verdienten, spielt hier keine rolle) top-wertung.
wie stellt sich das nun dar? meine persönliche meinung, und beileibe nicht nur meine, ist, dass sich die redaktionen (beinahe durch die bank, keinesfalls nur pcgames!) von cdpr schlicht haben instrumentalisieren lassen. anstatt, was imo definitiv mindestens angebracht gewesen wäre, die leser ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die pc-version nicht repräsentativ ist, wurden konsolen-user bis nach release komplett im dunklen gelassen - mit den bekannten, gravierenden folgen. wenn es aber nicht ureigenste aufgabe des games-journalismus ist, spieler allumfassend über den launch den vielleicht meisterwarteten games mindestens mal dieses jahres aufzuklären; was denn bitteschön dann? dass man sich dieser hype-problematik bewusst war, zeigt ja peters kolumne. warum hat man sich dennoch, bei allem vorhandenen warnzeichen, zum willfährigen komplizen von cdprs durchaus durchschaubarer taktik gemacht?
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