AW: Die Politik und die lieben Firmen
D4rthi am 28.05.2009 12:22 schrieb:
Meine Meinung:
Lasst diese Unternehmen in die Insolvenz gehen! Keine Steuergelder für Mißwirtschaft und Gier der Manager.
Die Insolvenz ist ein gutes Mittel, um ein Unternehmen wieder auf Vordermann zu bringen. Denn schliesslich leben wir in einer Marktwirtschaft, d.h. die nicht wettbewerbsfähigen Unternehmen gehen unter, die anderen überleben. Somit würde eine Marktbereinigung stattfinden, die ohne zutun des Staates geschehen muss.
Gruss
D4rthi
Wie seht ihr das?
Der Automobilindustrie sind plötzlich 50% der Aufträge weggebrochen, in diesem Zusammenhang über Mißwirtschaft oder Gier zu sprechen, ist höchst unvernünftig. Wie würde es wohl dir ergehen, wenn dein Einkommen halbiert wird?
Was die Sache mit der Insolvenz anbelangt, würde ich dir normalerweise zustimmen und im Falle von Karstadt sollte man meiner Meinung nach auch von staatlicher Seite her nichts unternehmen. Karstadt ist letztlich nichts anderes als ein Verkaufsplatz und wenn dieser dicht macht, dann kaufen die Leute eben woanders. Auch die Mitarbeiter werden mittelfristig wo unterkommen, weil andere Geschäfte so mehr Kunden haben. Letztlich entsteht kein sonderlicher Schaden.
Bei Opel sieht die Lage völlig anders aus, hierbei handelt es sich um das Ende einer Wertschöpfungskette, da ja auch alle Zulieferer betroffen sind. Da geht es um eine Menge Arbeitsplätze, die höchst wahrscheinlich im Falle einer Insolvenz für Deutschland verloren sind. Für den Staat gibt es nun die Wahl, ob er quasi als Bürge für Opel auftritt, was defakto nichts kostet und eine Menge Arbeitsplätze und Steuern sichert oder ob man Opel in die Insolvenz schickt und einerseits all das verliert und andererseits echte Kosten in Form von Arbeitslosengeld hat.
Weiters sollte man bedenken, dass die Automobilbranche im Prinzip aufgrund der Immobilienkrise und der darauf folgenden Finanzkrise unverschuldet in die Krise geschlittert ist, die Branche selbst aber immer noch großes Wachstumspotential hat. Das prinzipielle Interesse an Autos ist ja nicht verschwunden, die Menschen halten nur die Investitionen zurück, weil sie fürchten arbeitslos zu werden und dieses Geld dann dringender zu benöitgen. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben, sobald die Krise abklingt, werden diese Investitionen zwangsläufig nachgeholt und dann gibt es für die Branche ein fulminantes Comeback. Warum sollte Deutschland durch Opel nicht davon profitieren, vorallem wenn man dazu lediglich Garantien geben muss?
Aphs Vorschlag der Verstaatlichung ist das schon was anderes. Ich selbst lehne sowas schon fast grundsätzlich ab, aber gerade in diesem Fall sprechen gute Gründe gegen eine Verstaatlichung.
1. Die jetzt ausgehandelte Opelübernahme durch Magna kostet Deutschland nur eine Garantie, würde Deutschland aber als Käufer auftreten, müßte man echtes Geld in die Hand nehmen und einige Milliarden Euro aufbringen. Diese Lösung ist also viel teurer.
2. Das Hauptargument für eine Verstaatlichung ist, dass der Staat so Einfluss auf die Firma nehmen kann, was für mich mehr nach einer gefährlichen Drohung klingt. Wenn man bei einer Firma politische Gründe zur Entscheidungsfindung heranzieht, dann müßte man beim Personalabbau vorallem die ausländischen Werke dicht machen, die heimischen hingegen behalten. Dummerweise sind gerade die ausländischen Werke die wirklich profitablen, weil sie um einiges billiger produzieren. Macht man die kostengünstigen Werke dicht und behält die teuren, dann ist die Firma erst recht wieder gefährdet und man risikiert, dass man all das Geld, welches man für den Kauf investieren müßte, verliert.
Arbeitet die Firma hingegen korrekt nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten, dann wird es in Deutschland Massenentlassungen geben. Bis zu einem gewissen Grad wurden die von der Gewerkschaft schon akzeptiert, aber wird das auch sicher reichen? Vielleicht muss man in einem Jahr noch mehr Menschen entlassen. Da werden dann zwangsläufig Rufe in Richtung Staatshilfe ertönen, schließlich gehört die Firma dem Staat --> ein Fass ohne Boden und man wird wohl kaum eine Regierung finden, die sich sowas freiwillig aufhalst.
3. Auch wenn Staatsbetriebe in Deutschland wesentlich besser funktionieren als beispielsweise in Österreich, sind sie dennoch deutlich schwächer als Privatfirmen.
4. Obwohl die Automobilindustrie immer noch ein gewaltiges Wachstumspotential hat, gibt es auch Risiken. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir uns es nicht mehr leisten können Autos mit fossilen Brennstoffen zu betreiben und die ersten Firmen, die hierfür eine Lösung anbieten können, werden enorm profitieren, während die anderen massiv abgewertet werden, vielleicht sogar pleite gehen. Es besteht also die Chance, dass all die Investitionen umsonst sind und das auf Staatskosten.
Fazit:
Die gewählte Lösung ist eindeutig die bessere und kostet praktisch nichts. Sollte man überschüssiges Kapital haben, dann sollte man es nicht in eine einzelne Firma stecken, deren Überleben selbst dadurch nicht gesichert ist, sondern lieber den Industriestandort Deutschland generell stärken, was wesenltich mehr Arbeitsplätze und Steuern sichert.