AW: Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders
Sodale, habe das Buch nun gelesen und muss jetzt nochmal ein bißchen kritisieren:
@TBrain und IxXxI
Ihr habt das Buch schon einmal gelesen und rätselt tatsächlich noch an der vom FAZ-Hirnie verrissenen Stelle? Wie geht das denn?
Es wird doch alles im Buch haarklein vorgekaut und wenn man schon mal eine "richtige" Version präsentiert bekommen hat, sich eine "falsche" Deutung einreden lassen??? (ich kann jetzt doch wieder zu meiner ursprünglichen Interpretation zurückkehren.
)
Also von vorn:
[q=Seite5]...JP Grennouille...genialer Scheusale...Selbstüberhebung, Menschenverachtung, Immoralität, kurz an Gottlosigkeit nachgestanden hätte...[/quote][q=S15]...wenn es nicht röche....Kind des Teufels sei?[/quote][q=S29]...Zeck, bockig, stur und eklig...[/quote](ohne dem eklig wäre der Vergleich zu diesem Tier gerade zu perfekt, aber so empfand ich es unnötig hearbsetzend. Jedenfalls zu früh...Vorverurteilung...)[q=S199]Und er sagte sich, daß er es wolle, weil er durch und durch böse sei.[/quote]Im Buch wird er fortlaufend als Monster stilisiert und verhält sich gewissermaßen auch so.
Im Film geschieht dies viel subtiler; dort wird er beinahe ungewollt zum Mörder.
[q=S159]Und dann brach mit einem Mal...mit orgastischer Gewalt sein angestauter
Haß hervor......Er war wirklich zu angenehm, dieser eruptive Akt der Extinktion aller
widerwärtigen Gerüche....[/quote][q=S165]...von Menschengerüchen. Und angenehme Schauer durchrieselten ihn, denn es waren durchaus die
verhaßten Gerüche...[/quote][q=S197]...ein
schwarzer Jubel, ein böses Triumphgefühl, das ihn zittern machte und berauschte...ihnen jubelnd ins Gesicht zu schreien: ...keine Angst...kaum noch sie
hasse; sondern...
verachte, weil sie
stinkend dumm waren...;weil sie nichts waren und
er war alles![/quote][q=S198]Ja, lieben sollten sie ihn, wenn sie im Banne seines Duftes standen, nicht nur ihn als ihresgleichen akzeptierten...ohne zu wissen warum...
omnipotente Gott des Duftes....[/quote][q=S304]...er hatte es erreicht, sich vor der Welt beliebt zu machen...[/quote][q=S305]...in diesem Moment, da er sah und roch, wie unwiderstehlich es wirkte...stieg der
ganze Ekel vor den Menschen wieder in ihm auf...Was er sich immer gewünscht hatte, daß nämlich die andern Menschen ihn liebten, wurde ihm im Augenblick seines Erfolges unerträglich, denn er selbst liebte sie nicht, er
haßte sie. Und plötzlich wußte er, daß er nie in der Liebe, sondern immer nur im
Haß Befriedigung fände, im Hassen und Gehaßtwerden.[/quote]Im Buch Wahnsinn und Haß, was beides kaum bis gar nicht im Film vorkommt.
und jetzt die für euch kritische Stelle
[q=S175]Es war
nicht diesselbe Angst die er ihm Traum empfunden hatte, diese gräßliche
Angst des An-sich-selbst-Erstickens...Was er empfand, war die
Angst, über sich selbst nicht Bescheid zu wissen.[/quote][q=S218]Er wollte diesen Duft haben!, Nicht auf so vergebliche, täppische Weise wie damals den Duft des Mädchens...Den hatte er ja nur in sich hineingesoffen und damit zerstört...ihn
wie eine Haut von ihr abziehen und zu seinem eigenen Duft machen.[/quote][q=S242]Was ist....
wenn dieser Duft, den ich besitzen werde...was ist, wenn er
zu Ende geht?[/quote][q=S243]Und wenn er aufgebraucht sein wird, dann wird es die Quelle....nicht mehr geben. Und
ich werde nackt sein wie zuvor...Nein
schlimmer wird es sein als zuvor![/quote][q=S244]...so schienen ihm doch Besitz und Verlust begehrenswerter als der lapidare Verzicht auf beides.[/quote][q=S306]Er wollte ein Mal, nur ein einziges Mal, in seiner
wahren Existenz zur Kenntnis genommen werden und von einem anderen Menschen eine Antwort erhalten
auf sein einziges wahres Gefühl, den Haß....und er
trug unter dieser Maske kein Gesicht, sondern nichts als seine totale Geruchlosigkeit...daß die Nebel wieder stiegen.[/quote][q=S308]Er wollte zerplatzen, explodieren wollte er, um nicht
an sich selbst zu ersticken.[/quote][q=S316]wenn er sich
selbst nicht riechen konnte und deshalb niemals wüßte, wer er sei, so pfiff er drauf, auf die Welt, auf sich selbst, auf sein Parfum.[/quote]Im Film ist Grenouille jemand der in einer Duftwelt lebt, an sich selbst im Moment des "Triumphes" verzweifelt, da der "Superduft" im keinen eigenen Duft verleiht.
Die anderen Menschen nehmen praktisch keine Notiz von ihm, beäugen ihn als Kind etwas misstrauisch, aber sein Nichtduften kommt erst in der Höhle heraus. (stimmt doch? habe ja die OV gesehen und meine english.exe könnte zu Beginn noch nicht warmgelaufen sein
)
Das Monster zeigt sich nur durch seine Taten, wobei er zu den ersten Morden "gezwungen" wird. (es kommt gerade wer vorbei, beim zweiten, sie weigert sich es einfach über sich ergehen zu lassen)
Im Buch liebt er nicht nur die Düfte, sondern er speichert - kann sie im Geiste riechen - und mischt sie im Kopf. Er haßt die Menschen und zerbricht innerlich an seiner Existenzlosigkeit/ Außenseitertum. (eig. schon in der Höhle, jedoch endgültig erst auf dem Platz)
Die Menschen stoßen ihn als Kind von sich und als Erwachsener wird er immer unterbewußt als ein Monster wahrgenommen. Von Beginn an ist klar, das der Bastard etwas böses, teuflisches in sich trägt. Der erste Mord geschieht ohne augenscheinliche Gefahr für ihn, beim zweiten hat er schon an Tieren trainiert...
wegen dem FAZ-menschen: Im Film ist Grenouille ein Mensch, der olfaktorisch (*g* Wer hat das Wort vor dem Buch gekannt?) seine Welt wahrnimmt, seine Gefühle darum herumbaut, der auf unbeschreibbare- weil unterbewußt wahrgenomme- Art, anders ist und der abscheuliche Taten begeht um Düfte zu besitzen. Im Buch hingegen ist er von Beginn an ein unmenschliches Monster, das die Menschen immer mehr verabscheut und haßt.
Die Geschichte eines menschlichen Mörders/ Die Geschichte eines mörderischen Monsters
TBrain am 07.10.2006 18:53 schrieb:
Hmm, aber warum die Szene dass das Mädchen ihn küsst usw. und er es offensichtlich genießt? Und warum fängt er daraufhin an zu weinen? Doch nicht nur wegen der Erkenntnis keinen eigenen Geruch zu haben, die kam ja schon in der Höhle.
[q=S242]...holte er den Duft noch einmal aus der Erinnerung herauf...und tauchte in ihm unter, liebkoste ihn und
ließ sich selbst von ihm liebkosen...[/quote]
Hast du das Buch wirklich gelesen?
OK, die Szenenfolge und die Bedeutung wurde geändert:
Er erinnert sich an das zurückliegende Dufterlebnis, er riecht, wird im Gegenzug gerochen, daraufhin wird ihm (nocheinmal, ein letztes mal zutiefst) bewußt, dass er nicht riecht.
Die Höhlenszene, die du so kürzenswert findest
TBrain am 08.09.2006 15:29 schrieb:
Die "Höhlenphase" war im Buch für mich ein ziemlicher Tiefpunkt und auch nicht entscheidend für den Gesamteindruck, deshalb könnte mans extrem kürzen.
, hat im Buch (und Film) eine essentielle Bedeutung.....die wegzulassen würde dem Schluss komplett den Sinn rauben.....
nochmal ein
Kommentar zum Film:
Der Herr Tykwer hat- nachdem ich mit dem Buch vergleichen konnte- hervorragende Arbeit geleistet; einige Szenen komplett gestrichen, geändert oder verkürzt, andere in der Erzählreihenfolge leicht umgeordnet und die Nuancen der menschlichen Gefühlswelt an die Darstellbarkeit des Filmmediums angepasst, und dabei eine sich stark vom Grundton unterscheidende, aber dann doch ein- und diesselbe, Geschichte erzählt.
@TBrain
weil du meine "Überinterpretationen" so magst:
man kann die Geschichte auch als Gleichnis für das Verhalten von und gegenüber Immigranten, deren nicht gelungener Integration, darauffolgender Abschottung und "Rebellion" sehen.....