sternitzky am 26.04.2006 18:43 schrieb:
Naja...ist ja alles irgendwie richtig was Du da schreibst. Aber es hat was mit Glaubwürdigkeit zu tun. Von G.W.B. erwartet man die Glaubwürdigkeit, dass er seine Fehler eingesteht. So lange er das nicht tut, kann er machen was er will, die Welt wird ihn auslachen.
Ähnlich mit den Ärzten. Wir hatten ja hier das schöne Beispiel mit der Hautärztin. Was der Schreiber nicht erwähnte:
- dass ein Arzt innerhalb von einem halben Jahr seinen Doktortitel hat für lächerlich wenig Aufwand (wenn sie denn promovierte). Und dabei verdiente er sogar Geld. Vergleich: Naturwissenschaftler ca. 3 Jahre (halbe Stelle), Geisteswissenschaftler ca. 5 bis 6 Jahre (kein Geld, sieh zu, wie Du Deinen Abschluß finanzierst).
- dass ein Arzt wohl wissentlich sehr lange sehr gut lebte und dabei einen Kunden (den Normalopatienten) hatte, der keine Möglichkeit hatte die Qualität der Behandlung und vor allem die Summe der Abrechnung zu kontrollieren. Toll ne? Handwerker würden sich freuen, wenn sie so wenig Kontrolle erleben würden.
- dass ein Arzt für seine Praxis äußerst schöne Kredite von einer eigenen Ärztebank bekommt. Wieder mal den Blick auf den Handwerker, der bei seiner Bank um Kredite betteln muss
Man kann Ärzte nicht mit Handwerkern vergleichen? Wieso nicht? Selbstständiger Handwerker: 3 Jahre Lehre, ein paar Jahre Geselle, 2 Jahre Meisterschule für die er bis zu 20.000 Euro bezahlt. Zeitaufwand entspricht einem Studium. Und für den Kredit für den Meisterbrief zahlt man auch lange zurück.
Interessant ist der Seitenhieb auf die Pharmaindustrie. Mal ein Vergleich. Wenn die Autoindustrie wie die Pharmaindustrie funktionieren würde:
- dann würde VW für einen neuen Golf ca. 10 Jahre forschen und entwickeln und dabei bis 1 Mrd. Euro ausgeben. Die letzten Jahre der Entwicklung würde komplett von mehreren unabhängigen Institutionen überwacht werden. Sollte der Golf auch nur eine Hürde nicht schaffen, würde das gesamte Projekt - auch kurz vor der Fertigstellung - sofort eingestellt werden. Das Geld wäre futsch. 7 von 10 Entwicklungsprojekte würden so enden. Wenn ein Projekt tatsächlich in den Markt geht, dann hat VW noch ca. 8 Jahre Zeit damit Geld zu verdienen. Danach würde der Golf VON JEDEM ANDEREN AUTOHERSTELLER kopiert werden dürfen! Und zwar absolutisch identisch bis zur kleinsten Schraube. Das Auto würde dann zwar nicht Golf sondern Hexal heißen, aber ansonsten identisch sein.
Von den drei erfolgreichen Entwicklungsprojekten würde nur eines richtig profitabel werden, u.a. weil viele auf die Kopie warten. Und dieses Projekt muss auch die Kosten der anderen 9 Projekte einbringen! Schließlich sollen auch die Forscher, die kein Projekt erfolgreich beendet haben, jeden Monat ihr Gehalt bekommen.
Sternitzky, hattest Du nicht in einem anderen Thread einen verbesserten Verbraucherschutz angemahnt? Es ist gerade dieser verbesserter Verbraucherschutz nach solchen Katastrophen wie Contergan in den 60igern, der zu einer brutalen Explosion der Pharmakosten beigetragen hat. Der Schutz ist gerechtfertigt und mein Pharma-Auto-Beispiel soll keine Heulerei für die alten Pharmazeiten sein, sondern vor Augen halten, unter welchen Bedingungen Pharmakosten entstehen.
Unser Gesundheitssystem soll noch wie in den alten Zeiten funktionieren, als Pharmaforschung nur Bruchteile kostete, aber der Verbraucher will Sicherheit - gut so. Dann muss der Verbraucher auch die Kosten tragen.
In diesem Thread ging es ursprünglich um die ArztPRAXEN. Und gerade hier sind die Heuschrecken der letzten Jahrzehnte zu finden, die sich ohne Kontrolle dumm und dämlich verdienten und jetzt heulen, weil sich die Zeiten ändern müssen.
Nochmal Zusammenfassung: Kostentreiber im Gesundheitssystem:
- Überalterung der Bevölkerung, Zunahme an Alterskrankheiten --> kann keiner was dafür, ist halt so, wir alle wollen alt werden.
- Ungesunde Ernährungs- und Lebensweise. Zunahme an entsprechenden Krankheiten --> können wir alle was dran ändern, sind wir bereit?
- Kostenexplosion Pharmaforschung --> wollen wir als Verbraucher
- Verwaltungskosten KV, Ärzte --> teilweise bedingt durch unseriöses Verhalten der Ärzte, teilweise übliche Bürokratie --> Ärzte wollen es nicht ändern, der Rest muss geändert werden
Leidtragende u.a. Klinikärzte, die am Ende der Nahrungskette alles abkriegen.
Soll jetzt jeder selbst entscheiden, was er zu einer Verbesserung des Systems beitragen will.
W.