AW:
Mantis am 27.04.2008 14:10 schrieb:
Aha, und welche Aussage soll jetzt damit getroffen werden?
Der Spieler soll von einem Titel emotional angeschissen werden und das Spiel verfluchen, oder was?
Da er an dieser Stelle von erzählerischen Kniffen redet, meint er wohl Identifikation. Das ist in der Tat DER wichtigste Aspekt jeder gelungenen Erzählung gleichgültig in welchem Medium.
Identifikation bedeutet, dass der Protagonist einer Handlung durch seine Eigenschaften und Entscheidungen eine emotionale Verbundenheit des Zuschauers erreicht. In den meisten Fällen ist das Sympathie oft gepaart mit Bewunderung (typisch beim Actionheld) oder Mitleid (tragischer Held). Wichtig ist dabei vor allem die Einführung der Figur. Die ersten Minuten entscheiden darüber, ob wir uns irgendwo in seiner Persönlichkeit wiederfinden. Eine passive Figur, die ständig nur Prügel, physisch und emotional, bezieht wird ein Zuschauer wahrscheinlich bemitleiden, aber sich nicht gern mit ihr identifizieren. Denn lieber wollen wir jemandem zusehen, der Probleme aktiv angeht und am besten kreativ, charmant, intelligent und zielstrebig lösen kann. Dabei muss der Protagonist für eine Identifikation nicht mal ein netter Typ sein. Er kann auch ein skrupelloser Zyniker sein. Solange er dabei Witz und Stil hat und sich vielleicht sogar traut Menschen offen und direkt vor den Kopf zu stoßen, bei denen man es sich im wirklichen Leben oft nur ausmalt aber nie traut, dann kann auch das eine Art bewundernder Identifikation sein; bei der wäre gleichzeitig sogar ein bisschen Mitleid beigemischt, weil es schade ist, dass jemand, den wir mögen Züge von Verbitterung hat.
Auf all diesen Wegen kann Identifikation geschaffen werden - das gilt für Filmfiguren genauso wie unserem Spielehelden. Nur verpassen die meisten Entwickler diese Chance, weil sie den Helden völlig anonym und gesichtslos lassen. Ist das emotionale Band eine Figur erstmal geknüpft und gestärkt, fühlen wir mit ihr. Und da wo der Protagonist schwer einstecken muss, gehen auch wir Spieler mehr mit. Richtig gut umgesetzt kann dieser Effekt das Spielerlebnis sehr viel intensiver gestalten. Ein Potential, das bisher kaum ein Spiel annährend ausschöpft. Schon gar nicht im Action Genre. (extrem seltene Ausnahmen wie Mafia mal außen vor) Bei Adventures und Rollenspielen sieht das schon besser aus.
An diesem Aspekt zu arbeiten halte ich für sehr sinnvoll. Mit einem guten Autoren kann da so viel mehr an Atmosphäre rausgeholt werden als 20 weitere Grafiker je erreichen könnten.