"Besser gewusst" ist recht weit aus dem Fenster gelehnt. Er wollte es so und hat sich durchgesetzt.
Die Frage hierbei ist: Ist es wirklich so gut umgesetzt, wie er es wollte? Oder "nur" zufriedenstellend? Oder mehr schlecht als recht?
Und die nächste Frage ist: Wie oft musste sich der liebe Herr Roberts dann doch der Realität beugen und begreifen, dass seine Wünsche nicht immer in Erfüllung gehen? Mit 150%iger Sicherheit hat er noch etliche Ideen gehabt, die er seinen Leuten aufgebrummt hat, aber nicht funktionierten.
Also reden wir jetzt darüber, ob Chris Roberts von Tuten und Blasen keine Ahnung hat, und zu dickköpfig ist, um es zuzugeben oder sich von einem Junior-Entwickler sagen zu lassen? Welche Expertise hast du auf diesem Gebiet, um das beurteilen zu können und zu sagen, dass Chris Roberts sicherlich viele Ideen gehabt haben muss, die sich nicht umsetzen lassen? Du liest die Aussagen von einigen ehemaligen Mitarbeitern aus hunderten, die über die Jahre an dem Projekt mitgewirkt haben, und das genügt dir, um ein Urteil über Chris Roberts und das Projekt zu fällen.
Vielleicht hat Chris Roberts aber auch viel Ahnung von dem, was er vor hat. Zumindest entwickelt er noch selber Code und Bugfixes für sein Spiel (ich bin mal gespannt, wie ihm das negativ ausgelegt wird), und seine Mitarbeiter loben nicht nur seine klare Vision in allen Details des Spiels, sondern auch dass er über alle technischen Details Bescheid weiß. Vielleicht sollte ich wirklich mal die vielen Kommentare seiner Mitarbeiter, die sich über die Zeit auf allen Kommunikationskanälen angehäuft haben, raus suchen und auflisten.
Und bezüglich der Qualität der umgesetzten Schwachsinnsideen des Herrn Roberts: Die Double Precision Conversion ist seit über einem Jahr in der Engine realisiert und funktioniert tadellos. Das Gleiche gilt für das Kleidungssystem oder für das prozedurale Schadenssystem, dass ja angeblich unmöglich umzusetzen sein soll. Das neue für Third- und First-Person vereinheitliche Animationsmodell wird erst mit Version 2.6 eingeführt, sieht aber in den Demos spektakulär aus. Das Gleiche gilt für die NPCs, die mit Version 3.0 eingeführt werden. Und ja, bisher sah das, was am Ende geliefert wurde, stets genauso gut oder besser aus, als in den Demos.
Das alles macht Chris Roberts übrigens nicht zum Spaß, oder um sich ein digitales Denkmal zu bauen, sondern weil es notwendig ist und er die Mittel hat, das Notwendige umsetzen. Das Spiel soll hoffentlich über viele Jahre existieren und stetig weiter entwickelt werden. Dafür muss das Fundament, das nun gelegt wird, robust und skalierbar sein. Deshalb ist CIG bemüht, die Spielwelt so weit es möglich ist dynamisch und physikalisch korrekt zu simulieren, und das, was die Spieler sehen und tun können, nicht mit Tricks und Illusionen zu erzeugen, wie es andere Spiele und Engines tun (was für diese Spiele auch vollkommen okay ist, aber eben nicht für die Pläne, die CIG mit Star Citizen für die kommenden Jahre hat).
Und die Spieler werden unzufrieden sein. Mit Sicherheit. Schon allein des Hypes wegen, der sich um das Spiel herum aufgebaut hat. Die Erfahrung zeigt doch, dass ein Spiel, um das ein solcher Hype aufgebaut wurde, dem nicht gerecht werden kann. Niemals.
Das kann sicherlich passieren, aber Star Citizen hat einen großen Vorteil: Es wird nicht irgendwo im Verborgenen entwickelt, um dann nach langen Jahren voller Erwartungen und Spekulationen auf die Öffentlichkeit losgelassen zu werden. Das Spiel ist schon da. Es kan gekauft werden, es kann gespielt werden, es wird vor den Augen der Öffentlichkeit entwickelt. Und weil das Spiel de facto keinen Releasetermin mehr hat (es wird einfach weiter gedeihen, bis es sich wie ein Spiel anfühlt - und dann wird es weiter wachsen), wird CIG auch nie in der Situation geraten, einen Gesamttelease erzwingen zu müssen, oder für einen Termin, der noch in weiter Ferne liegt (aber stets viel zu schnell näher kommt), zu entwickeln. Neue Features werden eingeführt, wenn sie fertig sind, und wenn diese Features den allgemeinen Ansprüchen nicht genügen, kann CIG nachbesseren, bis es passt. Was wir mit No Man's Sky erlebt haben - nämlich dass ein Entwickler auf jeder großen Messe schöne Demos zeigt, von denen nach dem Release des Spiels kaum noch etwas übrig geblieben ist - kann mit Star Citizen nicht passieren.
@Bonkic
Freelancer wäre sicherlich irgendwann fertig geworden, nur nicht innerhalb eines Zeitraumes, den damals irgendjemand finanziert hätte.
Und Terminverschiebungen sind leider sehr üblich und bleiben nicht aus, vor allem nicht bei Technologieentwicklungen, die stets nicht vorhersehbar sind. Aber seitdem CIG die Produktion umtrukturiert hat und das Projekt endlich auch von den dringend benötigten CryEngine-Spezialisten getragen wird, ist das Projekt spürbar zuverlässiger geworden und hat auch große Fortschritte. Kritisch waren sicherlich die ersten beiden Jahre.
Ich und viele andere haben Chris Roberts auch oft dafür kritisiert, dass er allzu optimistische Termine nennt. Die zieht er sich mit Sicherheit nicht aus den Fingern, aber er berücksichtigt auch nicht im ausreichenden Maße, dass Technologieentwicklung wie gesagt nicht berechenbar ist. Er fragt sein Teams, wie lange sie noch für dieses oder jenes Feature brauchen werden, und wenn die dann sagen "Wenn alles gut läuft in vier Monaten!", dreht sich Chris Roberts zu den Backern und verkündet freudig "Leute, noch vier Monate, dann kriegt ihr dieses oder jenes Feature!". Dann geht aber etwas schief, was fast immer der Fall ist (zuletzt bei Version 2.5, als ein mysteriöser Performance-Bug den Release verzögert hat), und Chris Roberts muss berichtigen.
Ich kann mir auch gut vorstellen, dass dies schwierig für die Teams ist. Sicherlich fließt da kein böses Blut, aber die Teams legen sich dann doppelt und dreifach ins Zeug, um den Termin zu halten, machen vielleicht übermäßig viele Überstunden, sind gestresst, reißen den optimistisch verkündeten Termin trotzdem und sind dann geknickt, wenn es wieder im Blätterwald rauscht und die Community ein langes Gesicht gemacht. Dafür ist Chris Roberts schon oft von der Community kritisiert worden, und mittlerweile ist es auch besser geworden. Zumindest hält Chris Roberts jetzt öfters mal die Klappe, ehe er wieder in seinem Enthusiasmus Termine nennt, die gerissen werden, sobald etwas auf dem Weg zum Ziel schief geht.