Wie CryEngine erstmal nach der richtigen Wahl aussah, aber sowas von nicht für den Job geeignet war.
Inwiefern ist die CryEngine denn "sowas von nicht für den Job geeignet"? Und welche andere Engine wäre besser geeignet? Die Antwort ist, dass es keine Engine für ein "Massively Multiplayer Online First Person Space Combat and Trade Sim" gibt. Es gibt Engines, die erfüllen einen Teil der Anforderungen, etwa Weltraum-Terrain auf realistischen Größenskalen abbilden, können aber nichts von alldem, was außerdem benötigt wird. Und sobald du dich von drei, vier großen, markbeherrschenden Engines entfernst und auf eine Nischen-Engine setzt, hast du das Problem, dass nichts dokumentiert ist, und dass es keine Experten für diese Engine auf dem Arbeitsmarkt gibt. Am Ende hätte CIG in jedem Fall sehr viel eigene Entwicklungsarbeit leisten müssen, egal welche Engine für das Spiel gewählt worden wäre.
Bleibt noch die Option, eine eigene Engine zu entwickeln, und wenn Chris Roberts anno 2011 gewusst hätte, dass er mal 120+ Million Dollar und quasi alle Zeit der Welt zur Verfügung haben würde, dann hätte er diesen Weg vielleicht gewählt. Aber damals hatte er diese Option nicht, und für den ursprünglichen Entwicklungsplan war eine fertige Engine von der Stange die richtige Wahl. Und verklickert man das eigentlich dem Kickstarter-Publikum? Gebt uns eurer Geld, und wir entwickeln dann erst einmal zwei Jahre lang eine Engine, bevor wir überhaupt beginnen können, Art-Assets und Gameplay-Content zu entwickeln? Letzten Endes macht es dann auch keinen Unterschied, ob man zwei Jahre lang eine Engine entwickelt und weitere achtzehn Monate verballert, um die erste Gameplay-Module zu entwickeln, oder ob man eine existierende Engine für die eigenen Bedürfnisse umschreibt und gleichzeitig die ersten Spielinhalte entwickelt. Nach nun dreianhalb Jahren bist du in beiden Fällen am gleichen Punkt.
Hinterher ist es immer leicht zu sagen, dass gewisse Dinge vielleicht hätten anders umgesetzt werden müssen, oder dass einige Entscheidungen blöd waren, aber man muss immer auch auf den Kontext schauen, in dem diese Entscheidungen gefällt wurden. Und jetzt da CIG gefühlt das halbe Entwicklungsteam der CryEngine angeheuert hat, sind solche Diskussion ohnehin Makulatur. CIG hat mittlerweile eine quasi hauseigene Engine.
Wie anfangs so vieles an Subunternehmer ausgelagert wurde, notwendigerweise, aber was für Probleme das später verursachte.
Das ist ganz normal in der Branche. Ich habe während des Studiums für einen Publisher gejobbt (einem großen, reimt sich auf Uschisoft), und zumindest damals war die Entwicklung ganzer Spiele sowie die gesamte Qualitätssicherung in Subunternehmen ausgelagert (und auch noch etliche andere Abteilungen, die aber mit der Spieleproduktion unmittelbar nichts zu tun habe). Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass zu Beginn einer Produktion viele Aufgaben an Subunternehmen delegiert werden. Das ist langfristig nicht ideal, aber kurzfristig geht es oft nicht anders, denn ein Produktionsteam baut sich nicht in zwei Wochen auf.
Teams die um Aufmerksamkeit und "Macht" kämpfen. Teams die nicht wirklich miteinander arbeiten (konnten), komplette Designs die in monatelanger Arbeit umgebaut werden mussten, weil sie nicht zusammenpassten (Apollo 13, quadratische Luftfilter in runde Stecker?
)
Ja, die ersten 18 bis 24 Monate der Produktion sind stellenweise recht chaotisch verlaufen. Das ist tragisch, aber die Produktion ist in diesem Zeitraum auch um ein Vielfaches gewachsen, von vier Mitarbeitern auf über knapp 300 in zwei Jahren. Das Projekt war urprünglich nicht für ein solches Wachstum ausgelegt. Dass das Mangement mit dem Wachstum nicht mithalten konnte, ist wenig verwunderlich. Aber wie der Artikel, den du sicherlich aufmerksam gelesen hast, mehrfach erwähnt, hat CIG aus diesen Problemen gelernt, die Produktion radikal umstruktriert (was leider auch zu vielen Entlassungen und Kündigungen geführt hat) und viele Projektmanager eingestellt. Nochmal: Der Artikel berichtet von Dingen, die vor über zwei Jahren geschehen sind. Was davon noch aktuell ist, wenn überhaupt, und wie sich die Produktion mittlerweile gewandelt hat, werden wir sicherlich in den nächsten Artikeln in dieser Serie erfahren.
Alles gleichzeitig lösen wollen, wo es vielleicht sinnvoller wäre erstmal einen Teil, vielleicht den Singleplayer rauszubringen und dann weiterzumachen?
Das ist tatsächlich eine gute Frage, die auch ich mir gestellt habe. Hier gilt es allerdings eines zu beachten: Star Citizen und Squadron 42 sollen im gleichen Universum spielen, die gleiche Qualität haben und die gleichen Spielmechaniken nutzen. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass beide Projekte zumindest teilweise parallel entwickelt werden müssen, weil sie viele Technologien miteinander teilen. Es wäre hinderlich, wenn man zuerst die Einzelspieler-Kampagne entwickeln würde, nur um dann festzustellen, dass alle die Technologien und Spielmechaniken im Kontext eines MMO nicht funktionieren.
Am Ende läuft es wohl auf eine einfache Frage hinaus: Möchte man früher ein fertiges Spiel haben, auch wenn es nur ein kleiner Teil des Gesamtwerks ist, und dafür länger auf die Fertigstellung der gesamten Vision warten, oder möchte man länger auf einen ersten fertigen Release warten, dafür wird aber das Gesamtkunstwerk schneller fertig und aus einem Guss entwickelt sein? Zur Erinnerung: Das Spiel, dass Ende 2012 vorgestellt wurde, wäre nur eine Basis-Version der "großen Vision" gewesen und nicht einmal ein fertiges Spiel.
Puh. Ne Menge Zeug. Ich hätte gerne so ein Spiel. Sowas von!
Warum klingst du dann so, also ging dir einer ab bei dem Gedanken, dass das Spiel vielleicht ein monumentaler Reinfall werden könnte?
Und irgendein Spiel wird dabei herauskommen. Aber mittlerweile bin ich fast sicher, dass es kein gutes wird. Hype Galore, crash landed.
Nochmal: Wir reden hier über Ereignisse, die mindestens anderthalb Jahre zurück liegen. Nichts davon ist aktuell. Aber das Projekt ist noch da, oder nicht? Und in der Zwischenzeit hat CIG das Projekt wie beschrieben vollständig umgekrempelt und die Production Pipelines sauber strukturiert. Seitdem die Star Marine wieder von CIG übernommen und die Codebasis re-integriert wurde - das war vor gut eine Jahr - ist es sehr ruhig geworden bei CIG und das Spiel hat große Fortschritte gemacht.
Roberts hat einen bewundernswerten Traum vom perfekten Weltraumspiel.
Es wird nicht kommen. Dafür sind seine Ambitionen zu hoch und
dafür ist das Budget zu klein.
Ähm, Squadron 42 steht vor der Tür, ebenso Star Citizen Alpha 3.0 als erste Iteration des Persistent Universe mit allen wesentlichen Features und Technologien. Natürlich wird die erste Iteration noch fertig ausgebaut sein, aber die Technologie wird vorhanden sein. Dann wird es weniger um Technologien, sondern vielmehr um Gameplay und Content gehen. Eine zeitraubende aber vergleichsweise einfach Aufgabe. Wenn wir in sechs Monaten Squadron 42 und Star Citizen Alpha 3.0 in den Händen halten, dann ist das Ding gelaufen; dann wird Star Citizen wahr werden, und es wird nur noch darum gehen, wie lange CIG brauchen wird, um das technologische Gerüst mit Leben und Inhalten zu füllen. Und dieses Ziel wird man dann nach kaum vier Jahren erreicht haben. Eine gewaltige Leistung, bedenkt man besonders die Umstände.
Übrigens, CIG hat bisher jedes Jahr die Einnahmen erhöhen können. Und auch dieses Jahr schickt sich an, ein neuer Rekord zu werden, denn die großen Sales, die jedes Jahr den Großteil der Einnahmen ausmachen, liegen noch vor uns.
Und dass Roberts alles eigenhändig lösen und entscheiden will spricht nicht für ihn.
Wäre es dir lieber, wenn der große Mann hinter dem Projekt in seinem Büro verschwinden und sich aus der Entwicklungsarbeit heraus halten würde? Viele Entwickler sind oder waren bekannt dafür, jedes Detail der Entwicklung genau im Blick zu haben. Das ist keine schlechte Eigenschaft.
Ja, er muss letztendlich den Kopf hinhalten und die Entscheidungen fällen. Was aber nicht heißt, nicht auf den Input von anderen zu hören die sich in ihrem Teilbereich vielleicht besser auskennen. Aber der Typ scheint er nicht zu sein.
Über die letzten dreianhalb haben sicherlich über tausend Entwickler an dem Spiel gearbeitet. Dass da auch einige dabei sind, die mit dem Projekt und dem Management nicht zufrieden waren, oder die einfach nicht gut genug für den Job waren, ist keine Überraschung. Wenn du dir auf Grundlage der Meinungen der Mitarbeiter ein Bild von Chris Roberts machen möchtest, dann musst du mit allen Leuten reden, die mit Chris Roberts zusammen gearbeitet haben, und nicht nur mit jenen, die aus irgendwelchen Gründen eine Motivation haben, sich über einen solchen Artikel Gehör zu verschaffen. Nach dem Escapist-Drama haben sich auch einige CIG-Mitarbeiter auf Reddit zu Wort gemeldet und das Projekt, die Mitarbeiter, das Arbeitsklima und auch das Management gelobt - zum Beispiel das Chris Roberts klare Ideen und Ziele hat und die Mitarbeiter mitreißen kann, diese Ziele zu erreichen. Aber natürlich wirst du die Meinungen dieser Leute nicht einem Kotaku-Artikel finden.