Danke für diese Kolumne, Herr Bathge! Ich stimme Ihnen aus vollstem Herzen zu. Viel zu lange schon greift diese Sammelwut-Open-World Seuche um sich und sickert langsam aber sicher in fast jedes Spiel und in fast jedes Genre ein.
Aber wir sollten es uns nicht zu leicht machen und die Schuld nur bei den Entwicklern suchen. Im Gegenteil, dafür verantwortlich sind vor allem auch wir Konsumenten, und auch die Spielepresse. Viel zu lange und viel zu oft wurde im allgemeinen Verständnis Spielqualität mit Umfang und Spieldauer gleichgesetzt, als ob man Spielspaß mathematisch in Stunden und Kosten aufrechnen könnte. Und viel zu lange schon haben Spieler die Entwickler von kurzen, aber gut inszenierten SP-Spielen mit Raubkopien (PC) und gebrauchten/geliehenen Exemplaren (Konsole) bestraft, anstatt sie wie für andere Spielearten und -genres auch angemessen (sprich: den aufgerufenen Preis bezahlend) zu bezahlen. Die Folge davon war in der jüngeren Vergangenheit der Fokus auf Multiplayerspiele und Onlineinhalte auch in tradtionellen SP-Spielereihen und -genres - und eben der Fokus auf Filler-Content und Sammelwut-Open-World Ansätze, um die Spieldauer zu strecken und im Spieler (und in der Presse) den Eindruck von großem Umfang zu erwecken. Und es funktioniert. Wir als Konsumenten sind ebenso wie große Teile der Spielepresse diesem "Trend" erlegen und entlohnen ihn unisono durch tatsächliche Käufe und durch hervorragende Kritiken, ohne die tieferliegenden Konsequenzen für den Markt und die Entwicklung neuer Spiele zu bedenken. Ein Witcher 3 hat jetzt eine offene Spielwelt und jede Menge kleiner Aufgaben zu tun, zu looten und Gegnergruppen zu bekämpfen? Super! Ein Rise of the Tomb Raider bietet größere Levels mit noch mehr Sammelgegenständen? Geil! Ein Fallout 4 schraubt die erzählerischen Elemente zurück und wartet dafür mit einer großen Spielwelt auf, in der man viel ballern, sammeln und looten kann? Mega! Ein Assassin's Creed bietet nicht nur eine große, offene Spielwelt sondern auch noch Unmengen an Kisten zum looten und Gegenstände zum einsammeln? Fantastisch! Oberflächlich gesehen bekommen wir scheinbar immer mehr fürs Geld. Aber letztendlich nehmen wir damit in Kauf, dass große Spiele sich immer ähnlicher werden und dass bald jeglicher Fokus verloren geht (vor allem der erzählerische). Indem wir dieser Spielform so unverhohlen zujubeln und alles, was "weniger" bietet verächtlich abtun und mit Nicht-Kaufen (nicht unbedingt Nicht-Spielen...) strafen, geben wir den Entwicklern zu erkennen, dass wir nur solche Spiele mit diesen Elementen wollen - und auch tatsächlich kaufen. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Vielfalt und der (Genre-)Fokus von Spielen immer mehr zurück geht und alles zu einem unkenntlichen Mainstream-Open-World-Sammelwut-Casual-Action-RPG-Verschnitt verkommt, der alle irgendwie anspricht - aber letztlich kaum jemanden wirklich glücklich macht oder wirklich tief befriedigt, mit einer einzigartigen Spielerfahrung.
Ergo liegt es imo vor allem an uns Konsumenten (und an der Presse), uns für die Vielfalt im Spiele-biz stark zu machen - und zwar in Worten und Taten. Denn wir bekommen, was wir kaufen.