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Wie die Magie ihre Magie verlor

wildman

Gelegenheitsspieler/in
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Schon seit ich ein Kind war, mochte ich Science Fiction und Mittelalterkram sowie Fantasy. Zu meinen liebsten Genres gehören Rollenspiele. Ich habe Star Trek, Star Wars, Stargate, den Herrn der Ringe, diverse trashige 80er-Filme und anderes, weniger bekanntes dieser Art als Film geschaut und natürlich bei den PC-Spielen auch gerne zugegriffen. Ich war fasziniert von den Zauberkräften (oder auch der Macht) und dem kriegerischen Geschick der Helden. Seit ich Spiele auf der Grundlage von Dungeons and Dragons oder anderen gut dokumentierten Regelwerken spiele, wandelte sich meine Denkweise immer mehr zur Zahlenschieberei. Neulich sah ich mal wieder "Conan der Barbar" in der Glotze. Dort gab es den mächtigen bösen Zauberer, der mysteriöse Fähigkeiten hatte, den guten Zauberer, dessen Heilkräfte ebenfalls dünkelhaft blieben, und die Selbstaufopferung eines Charakters, der sich selbst hergab, damit ein anderer Leben konnte. Man könnte das einfach damit abtun, dass einfach nichts erklärt wird, aber vielleicht ist das auch der Schlüssel. Ich behaupte hiermit, dass diese ganze Regelkenntnis über ein Spielsystem, das Wissen wie etwas funktioniert und ein zumindest im Ansatz vorhandener Zwang zum Power Gaming, damit eine Spielfigur wehrhaft genug bleibt, der Magie die Magie genommen hat. Zumindest für mich in merklichem Maße.

Ziehe ich wieder D&D heran, würde ich sagen: jeder Spieler weiß mehr oder weniger genau wie die Magie funktioniert, was genau sie bewirkt, wie man sich verteidigen kann und einige wissen, wie man damit PG betreibt oder bestimmte Spielgebiete am besten abgrast oder allgemein optimiert. Zumindest ist das alles bis in alle Feinheiten entschlüsselbar, wenn man die Muße hat, die ganzen Details zu lesen. Manche Spieler ziehen einen großen Spielspaß aus der Optimierung. Ich mache das mitunter auch, möchte aber vor allem in die Spielwelt eintauchen. Gerade bei D&D ist der Magier aber natürlich auch Wissenschaftler, der die Magie studiert und enträtselt. Ich spiele in D&D lieber Kleriker und andere göttliche Zauberklassen. Sie erhalten ihre Zauberkräfte durch die Gunst der Götter, doch ist auch jeder Klerikerzauber bis ins Detail dokumentiert. Ich denke nun, die Faszination weicht ernüchterndem Wissen. In den meisten PC-Spielen, in denen Magie vorkommt, hat der Spieler Zugriff darauf. Meistens handelt es sich wohl auch um ganz konkrete Zaubersprüche, die genau abgesteckte Eigenschaften haben und präzise benannt werden. Einher geht stellenweise der Gedanke des Spielers in einer bestimmtem Spielsituation, man hätte das soeben konfrontierte Problem mit Zauberspruch XYZ lösen können, oder man denkt sich als Spieler eines einfachen Kriegers, der Gegner hat die Schutzzauber A, B und C drauf und kann nur auf die uns die Art geknackt werden. Dabei handelt es sich z.B. im Multiplayerbereich nicht mal um bösen Willen, sich einen Vorteil zu sichern, sondern einfach reflexartige/automatische Interpretation der Gegebenheiten aufgrund des eigenen Spielerwissens.

Ähnlich sehe ich das bei Fantasy- oder auch SciFi-Rassen, die auf der Leinwand noch rätselhaft erscheinen, aber entmystifiziert werden, sobald sie als Spielerrasse in einem Spiel verfügbar werden und der Spieler ihre Vor- und Nachteile, speziellen Fähigkeiten etc. einsehen kann. Ich denke da insbesondere an die Elfen/Elben im Herrn der Ringe, Galadriels und Elronds Fähigkeiten zur Weissagung, aber auch beispielsweise die zwielichtigen Romulaner aus Star Trek. Auch Gandalf trumpft mit besonderen Kräften auf. Eine ganz eklatante Entmystifizierung einer Gruppierung und einer eigentlich mystischen Kraft brachte für mich wiederum die Prequel-Trilogie von Star Wars mit sich, sogar noch mehr als die PC-Spiele. Die Jedi waren eine fast ausgelöschte Gruppe übernatürlich begabter Wiseguys, eine Rarität mit besonderen Fähigkeiten, die von unterschiedlichen Personen auf verschiedene Weise gedeutet, aber nie eindeutig erklärt wurde. Insbesondere der so schwach anmutende Yoda, der durch seine Bindung zur wundersamen Kraftquelle nicht mal auf ein Lichtschwert angewiesen war, übte auf mich eine eigene Faszination aus. In den Prequels und in den Spielen gab es jede Menge Jedi, Sith, Lichtschwerter, Midichlorianer... und Machtkräfte, mit denen man massenhaft um sich werfen konnte und deren Wirkung teilweise gut dokumentiert wurden.

Ist Magie als bis ins Detail entschlüsselte Massenware doof? Viele Spieler mögen mächtige Magier etc., wollen selbst welche spielen, diese Gewalten entfesseln. Aber dann gibt es so viele Zauberwirker und Regelkenner, dass die Magie bzw. der Zauberwirker gewöhnlich wird, nur noch eine Ansammlung von Werten und Statistiken. Und das nicht mal nur bei den härtesten Powergamern. Sehe ich das zu eng? Eine ganze Weile fand ich es richtig cool, mit meinen Spielcharakteren gewaltige Kräfte entfesseln zu können, aber mittlerweile frage ich mich, ob nicht auch hier der alte Spruch Anwendung finden kann: weniger ist mehr. Ist denn weniger hier mehr? Vielleicht trifft auch der „Mut zur Lücke“ die Sache ganz gut. Eine Frage, die daraufhin gestellt werden muss, ist wohl, ob es für den Markt taugt, den Spieler im Unklaren zu lassen oder gar ihm große und viele magische Kräfte vorzuenthalten.

Mir schwebt nun beispielsweise eine Spielwelt vor, in der man Götter anbetet, denen man Opfer bringt, wofür man Gunst zugestanden bekommt, ohne aber ganz konkret benannte Zauber zu sprechen, deren Eigenschaften man genau kennt. Durch tugendhaften Lebenswandel bzw. Taten im Sinne einer speziellen Glaubenslehre und Weltanschauug sowie Opfergaben und Spenden an die Kirche erringt man die Gunst der Götter oder gewinnt innere Kräfte, die sich irgendwie ohne unmittelbares Kommando des Spielers im Spielverlauf auswirken und dabei mehr wie Wunder und der rätselhafte Eingriff einer höheren Macht erscheinen, an dem man zweifelt, ob er nicht vielleicht doch bloß Zufall ist. Dinge, die nicht eindeutig aufgeklärt und bestimmten Gegebenheiten zugeschrieben werden können. So ähnlich wie ein Sonnenstrahl, der im brenzligen Moment durch ein Fenster auf den Kampfplatz in der Burg einfällt und den Gegner blendet, wodurch der Spielercharakter einen Vorteil im Bossfight bekommt. Der Spieler dürfte einerseits diese genaue Aufklärung nicht bekommen, müsste aber gleichzeitig das Gefühl haben, die Geschehnisse beeinflussen und die Gunst der Götter gewinnen zu können, ohne im voraus genau zu wissen, was er wie exakt bewirken kann. Und er darf diese Zauberkraft nicht selbst durch bewusste Zaubersprüche ausüben, die unter Umstand X und gegen Rettungswurf Y Wirkung Z erzielen, sonst würde die Magie enträtselt. Wohl aber könnte ein Stoßgebet gezielt den Eingriff der Götter beschwören. Die Art und Weise läge aber nicht bis ins Detail in der Hand des Spieler(charakter)s. Magie bzw. göttlicher Eingriff sollte zwar rätselhaft bleiben, aber nicht wie purer Zufall oder wie ein plot device aussehen. Der Spieler müsste nachvollziehen können, welche seiner Taten wahrscheinlich den vermeintlichen Eingriff der Gottheit begünstigt haben, damit er sich belohnt, bestätigt und motiviert fühlt.

Wie steht ihr zur Magie zwischen mystischer Kraft und praktischem Handwerkszeug?
 
Hi,

ich kann Deine Gedanken sehr gut nachvollziehen. Der Markt verlangt aber gerade diese Aufklärung da es vielen wichtig ist der Stärkste oder der Beste zu sein. Ich entsinne noch ein RPG vor nicht all zu langer Zeit in dem es diese Aufklärungen bei Zaubersprüchen eben nicht gab. Und genau das war ein großer Kritikpunkt der meisten Gamer da sie eben der Beste sein wollen.

Ich persönlich finde beide Seiten haben ihren Reiz. Wie viele Stunden ich in Diablo oder WOW oder Borderlands damit verbracht habe Waffen oder Gegenstände oder Rüstungen zu vergleichen um die Effektivste Kombination zu finden... ach, das kennt ihr ja alle :) Genau so schön (oder noch schöner?) finde ich ein gutes SP-RPG in dem eben mehr "Mysterium" ist. Die erstgenannten leben von dieser Itemjagd. Letzteres - eine gute Story vorausgesetzt - lebt eben mehr von der Story als Hauptpunkt und lässt Itemhascherei auf den hinteren Plätzen.

Da fällt mir ein - es gab in den letzten 2 Jahren ja auch ein RPG was eben nicht 1000 Rüstungen und Waffen hatte - wieder ein großer Kritikpunkt der Presse.

edit: Noch ein Beispiel für das Gegenteil, also weniger Items und Spells vergleichen, war für mich bei Dragon Age Origins. Das habe ich primär wegen der Story gespielt.

Ich glaube eines der Beispiele die ich oben meinte mit wenig Items war Drakensang... das wo sie Sprüche nicht genau erklärt weren.. ich mich nicht erinnern welches das war.
 
Allzu tiefgehende Regeln sind halt auch schwer zugänglich. Nicht viele haben eben die Zeit oder wollen sie sich nehmen, sich so präzise mit Regelwerken zu beschäftigen und quasi 75-80% des Spiels mit Überlegungen zu Magieregeln und Charakterentwicklung zu widmen anstatt der Story und den Quests.


Dazu kommt dann, dass es extrem frustrierend ist, wenn durch mangelnde Kenntnis Fehler gemacht werden und man bei Kämpfen chancenlos ist. Die ganze Spielmechanik müßte vorberechnen, dass der User/Spieler eben KEIN absoluter Experte ist, so dass wieder irgendwelche Ausgleichs-Mechanismen im Spiel sein müssen, die wiederum im Endeffekt darauf hinauslaufen, dass man ebensogut ein nicht ganz so tiefgehendes und kompliziertes Regelwerk ins Spiel hätte einbauen müssen.


zB so was wie neverwinternights 2 ging - verglichen mit dem Massenmarkt - sehr weit ins Detail, war aber trotzdem selbst wenn man was "verhunzt" hat beim Charakter gut zu bewältigen, und dann ist wiederum die Frage, wozu man überhaupt so verwurzelte Regeln einbauen braucht.


Und Deine Idee mit der Gunst der Götter zB ist, wenn es "real" wäre, ne gute Idee, aber in einem Spiel: da will natürlich ein Spieler wissen, dass seine vorigen taten wirklich etwas erreicht haben, und es nicht nur vermuten oder ahnen. Für DICH wäre so ein Spiel vlt. sehr schön, aber für viele andere wäre es an sich nutzlos, wenn man nicht wirklich sichtbare Effekte hätte. Aber so was wie zB ne Art "Mana"-Ersatz namens "Gunst der Götter" wäre schon ne nette Idee. Dass man zB im Kampf dann ein Stoßgebet sendet und eine zufallshilfe der Götter erscheint - aber die muss man auch visuell im Spiel wahrnehmen, sonst macht es keinen Spaß.
 
Kann ich absolut nachvollziehen. Ich fand WoW früher auch besser, als es noch kein MMO-Champion gab und jeder schon wusste was welcher Boss dropt bevor er überhaupt freigeschaltet wurde und bevor man einfach zu den einstmals mysteriösen Hütten in den Bergen hinfliegen konnte.
Aber wenn man in einem MMO Konkurenzfähig sein will, dann muss man sich damit auseinandersetzen. Ich definiere RPGs auch eher durch Story und Entscheidungsfreiheit statt durch Skills, Zahlen und Theorycrafting.
 
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