Das sind durchaus interessante Einwände, die du hier bringst.
CyclopGraz am 07.12.2005 15:47 schrieb:
Fragt sich nur wie Demokratisch das (End-) Ergebniss einer Wahl ab und zu ist:
Nationalratswahl, Österreich, 1999:
ÖVP (Nunmehriger Kanzler Wolfgang Schüssel) erreicht gerade einmal 26,9% der Stimmen, FPÖ (Rechtsaußenpartei, Damals Jörg Haider) 27%, SPÖ (Victor Klima) 33,3%, Grüne (Alexander van der Bellen) 7,4%, Rest nicht Wahrnehmbar...
Wer wurde Bundeskanzler und ist es immer noch?
Dr. Wolfgang Schüssel von der ÖVP, der vor der Wahl sagte wenn seine Partei dritte wird, dann geht er in die Opposition.
Soviel zum Thema Demokratie in Österreich.
Gleich 2 österr. Beispiele? Bist du leicht auch Österreicher?
Falls ja, dann weißt du auch, daß es ungewöhnlich lange die berühmt berüchtigten "Sondierungsgespräche" auf Wunsch des damaligen und mittlerweile verstorbenen Bundespräsidenten Klestil gab UND das diese Verhandlungen sogar einen unterschriftsreifen Koalitionsvertrag zwischen SPÖ und ÖVP als Ergebnis brachten. Die erneute Koalition scheiterte dann in letzter Minute, weil einer der SPÖ-Verhandler (Metallergewarkschaftschef Nürnberger) sich weigerte, das von ihm mitausverhandelte Ergebnis zu unterschreiben, damit er später einzelne Punkte als Gewerkschafter wieder kippen kann, wie es die Gewerkschaft auch früher schon gemacht hat. Darauf wollte sich Schüssel nicht einlassen.
Die "Wenderegierung" hatte logischerweise Schüssel und nicht Haider zum Kanzler und diese Regierung war so ziemlich das Beste, was Österreich passieren konnte. Zur Regierungsarbeit im Detail kann man stehen wie man will, aber es ist wohl unbestritten und problemlos ersichtlich, daß es Schüssel grandios gelungen ist, Haider und seine FPÖ zu demontieren. Haiders BZÖ-Versuch sieht auch nicht gerade erfolgversprechend aus
Nur für den Fall, daß du es schon wieder vergessen hast (oder gar kein Österreicher bist und dich einfach nur etwas informiert hast), am Ende der Sondierungsgespräche im Jänner 2000, war die FPÖ bereits in den Umfragen die stimmenstärkste Partei. Rot/schwarz ging nicht, rot/grün hatte keine Mehrheit, schwarz/grün auch nicht, was blieb da noch über? Ein Kanzler Haider? NEIN DANKE!!!
US-Präsidentenwahl 2001:
Bush um millionen Stimmen weniger als Gore...
Wer wurde Präsident?
So manches Wahlrecht ist kurios und das US-Wahlrecht mit den Wahlmännern gehört da zweifellos dazu auch. Auch das Wiener Wahlrecht, wo die Grünen mit weniger Stimmen mehr Mandate als die FPÖ haben, was in diesem Fall aber nur wenige stört.
Die Struktur der EU:
Entscheidungen (Wichtige) treffen die Fachministerräte, Minister werden nicht gewählt sondern ernannt. Um in Österreich zu bleiben: Wer wählte Karl Heinz Grasser, Liese Prokop, Karin Gastinger...? Sie wurden erst nach der Wahl erannt.
Wenn ein Minister im Rat gegen die Interessen seines Landes stimmt, dann kann ihn sein Parlament zwar absetzen, aber der Schaden ist nicht mehr Rückgängig zu machen.
Stimmt, ist aber noch nie vorgekommen und wird es vermutlich auch nicht. Es ist wohl der Minister, der stellvertretend für das Land die Stimme abgibt, aber das ist vorher lange ausgemacht worden.
Die Wahl der Minister erfolgt durch die entsprechenden Parteigremien, da wir ja primär ein Parteinwahlrecht haben. Die einzige Person, die von der Bevölkerung direkt in ein Amt gewählt wird, ist der Bundespräsident (in Ö, in D nicht einmal der).
Im Übrigen überschätzt du die Macht eines Ministers. Es ist schnurzegal, wer Minister ist, weil er fast gar nichts zu melden hat. Ein Minister ist nur der Frontmann, der bei Erfolgen dämlich in die Kamera lächelt und den man bei Mißerfolgen mit faulen Eiern und Tomaten bewirft. Als Minister braucht man absolut Null Qualifikation, wie man immer wieder sieht. Das einzige Ministerium, welches konsequent halbwegs kompetent besetzt wird, ist das Justizministerium, in dem jeder Nichtjurist absolut hilflos wäre. Wenn man glück hat, gibt es noch einen brauchbaren Finanzminister, über die restlichen Ministerien schweigen wir lieber.
Deutschland-Wahl 2005:
Wer wollte eine Große Koalition unter Kanzlerin Merkel?
Das war so ziemlich der Worst Case...
Die Wähler in ihrer Gesamtheit wollten das, denn sonst hätte es andere Regierungsmöglichkeiten gegeben. Rot/grün hatte keine, schwarz/gelb (ist die FDP eh gelb, oder?) hatte keine und eine 3er Jamaikakoalition haltet nicht.
Deshalb: Wenn schon nicht weg mit der Representativen Demokratie, so doch eine Stärkung der Bürgerrechte und der Basisdemokratie wie in der Schweiz!!
Weiß nicht. Grundsätzlich ist es wünschenswert, doch die für ein Land wirklich wichtigen Fragen sind meistens echte Sachfragen. Ein Abgeordneter hat wenigstens die Möglichkeit Experten auszuquetschen, der Normalbürger hat das nicht und ich halte es nicht für förderlich uninformierte Menschen Entscheidungen zu überlassen. Das Ergebnis hängt dann nicht von der Sache ab, sondern welche Seite die bessere Werbestrategie hatte.
Neuwahlen per Bürgerinitiative!!
Das ist Dummheit pur. Da können die Staaten gleich den Bankrott erklären. Wenn man mit der aktuellen Regierung keine Freude hat, dann soll man nächstes Mal eben besser darüber nachdenken, wie man wählt. Wer idealistisch begründet wählt, der verliert jedes Recht sich nachher darüber zu beschweren. Es ist für mich immer wieder erstaunlich, wieviele Stimmen selbst unbeliebte Regierungen bekommen.
Das ist jedenfalls für mich ein wichtiger Grund die Basisdemokratie nicht zu stärken.