George Lucas hatte recht: Es ist genau der Film, den die Fans sehen wollten - nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.
Seit "Jedi" wollten wir (Fans) wissen, was mit unseren damaligen Helden geschehen ist bzw. geschieht: Dies wird von JJ - bis auf eine Ausnahme, Lando Calrissian, auch beantwortet, wenn auch nicht immer so ausführlich, wie es sich einige gewünscht hätten. Die alte Garde, vor allem Han und Chewie, aber auch Leia, 3PO und R2 erstrahlen in altem Glanz.
Seit der PT wollten wir Fans neue Helden, mit denen wir einerseits wieder mitfiebern konnten (das ist bei Figuren, deren Schicksal im voraus bekannt ist praktisch nicht machbar, bei neuen Figuren hingegen kann alles geschehen) und die andererseits nicht so steif und hölzern rüberkamen, wie es Anakin, Obi Wan und Padme taten. Das ist meines Erachtens JJ in vielerlei Hinsicht sehr gut gelungen. Insbesondere Rey, aber auch Finn, sind sehr gut charakterisiert. Schade, dass Poe nicht stärker in die Handlung eingebunden wurde: Er legt einen für mich tollen Start hin, verblasst aber dann zu schnell zur Wedge Antilles-Nebenfigur.
Seit der PT wollten wir wieder Humor, der nichts mit in-die-Poodoo-treten zu tun hat. Auch das ist JJ gut gelungen: BB-8 ist spassig, ohne jemals eine disneyanische Stufe der Lächerlichkeit wie Jar Jar zu erreichen.
Seit der PT wollten wir wieder in eine weit, weit entfernte Galaxis, die nicht wie ein steriler Operationssaal oder ein Kunstmuseum mit lauter Nicht-berühren-Schilder wirkte, sondern wie ein Ort an dem auch wirklich jemand lebte. Auch das ist JJ - allerdings fast schon im Übermass - gelungen. Fast alles sieht heruntergekommen und düster aus. Hier wäre etwas weniger vielleicht auch wieder etwas mehr gewesen - warum nicht wenigstens das Hauptquartier des Widerstands in etwas hellere Farben tauchen? Ging doch sowohl in V (ok, Eisplanet...) als auch VI (ok, Raumschiff, aber trotzdem...).
Auch der zentrale Bösewicht. Kylo Ren, ist ein wahrer Lichtblick (Dunkelblick?
): Er hebt sich deutlich von Darth Vader ab, wirkt aber manchmal wie Anakin in III, hin- und hergerissen von widersprüchlichen Gefühlen. Da steckt auf jeden Fall Potential drin (auch wenn ich ihm nie, nie verzeihen werde
)
Aber - und es ist schon fast schmerzhaft, so etwas auszudrücken - war jede einzelne PT-Episode origineller (das heisst nicht zwangsweise besser!) als VII. Das Erwachen der Macht bedient sich in grossen Teilen an der OT:
- Roboter wird mit Geheimplänen bestückt und muss auf einem Wüstenplaneten fliehen (IV)
- Held(in) lebt auf Wüstenplaneten (IV)
- Helden fliehen gemeinsam in einer Schrottmühle vom Planeten (IV)
- Gefangener Held wird von Bösewicht gefoltert, um an Informationen zu gelangen (IV)
- Cantina mitsamt Band (IV)
- Vision (V)
- Superwaffe zerstört Planeten (IV)
- Schild muss ausgeschaltet werden, um Superwaffe zu vernichten (VI)
- Kurz vor der Einsatzbereitschaft der Superwaffe, wird diese vernichtet (IV)
- Held(in) sucht weisen Lehrer auf abgelegenem Planeten auf (V)
Hier hat JJ wenig Mut bewiesen und vielleicht zu sehr auf den Nostalgie-Effekt gesetzt. Vor allem Lawrence Kasdan enttäuscht in dieser Hinsicht, sagte er doch in der Doku zur OT (Empire of Dreams), er habe sich so gefreut, dass V kein "Rehash" von IV sei - und jetzt zeichnet er für etwas mitverantwortlich, das in weiten Teilen genau das ist: Eine Wiederaufbereitung. Das wiederum war eben der Vorteil eines unabhängigen George Lucas, der keinen Supermoloch wie Disney zufriedenstellen musste, sondern einfach seine Geschichte erzählen konnte. Das können JJ und Konsorten nicht: Sie liefern schlussendlich nur eine "in Auftrag von"-Arbeit ab. Zudem zeigen sich hier allenfalls JJs Beschränkungen: Wie ich schon andernorts geschrieben habe, ist er ein guter wenn nicht gar hervorragender Imitator (Super 8 ), zweifelsohne ist er ein Meister seines Handwerks, und in der Führung seiner Schauspieler ragt er hervor, aber eventuell mangelt es ihm an Originalität - und vielleicht sogar an Risikobereitschaft.
Mir stellt sich daher unweigerlich die Frage, was für ein Film entstanden wäre, wenn Disney George Lucas nicht so leichtfertig aus dem Schaffungs-Prozess ausgeschlossen hätte. Nicht, dass ich mir noch einen Film unter GL-Regie gewünscht hätte, aber den Bärtigen vielleicht in einer beratenden Funktion? Dann hätte man uns vielleicht Todesstern XXL 3.0 erspart? Vielleicht wären dann auch die politischen Verhältnisse in der weit, weit entfernten Galaxis etwas klarer gewesen? (Hilf mir da mal jemand auf die Sprünge, was hat die Trennung von Widerstand und Republik auf sich?) Und die "erste Ordnung" hätte nicht teilweise wie ein Wehrmacht-Nostalgie-Fanclub gewirkt. Ach ja, und hatte niemand bei den Szenen mit Supreme Leader Snoke das Gefühl, gerade eine Szene aus Hobbit zu schauen, bei dem sich die Orks bei Sauron melden?
Mein Fazit: Episode VII ist ein unterhaltsamer Star Wars-Film, welcher trotz auftretendem Deja-Vu-Gefühl als eigenständiger Teil der Serie funktioniert. Der OT kann er das Wasser nicht reichen, während er der PT in den meisten Punkten deutlich überlegen ist. Es ist auf jeden Fall eine gute Ergänzung zur bestehenden Saga, die Lust auf mehr macht.