Wenn vor allem einzelne Entwickler und winzige Teams erfolgreich abliefern, spricht das nicht gerade für die Rahmenbedingungen der Arbeit in größeren Studios. Ich arbeite zwar nicht in der Spieleindustrie, bin aber als Freiberufler in einigen Unternehmen im Bereich der Softwareentwicklung und Produktion unterwegs und ich habe schon seit langem den Eindruck, dass die Effizienz und die Qualität in deutschen Unternehmen ins bodenlose sinkt. Das liegt aus meiner Sicht vor allem an veralteten Strukturen und einem unausgewogenem Verhältnis von tatsächlichen Fachkräften zu Management. Es gibt viel zu viel Bürokratie, veraltete Vorgaben und einen Wildwuchs an Dienstleistern und verteilten Verantwortlichkeiten, so dass echtes Talent garkeinen Platz und Freiraum mehr findet, um sich zu entfalten. Es werden nur Vorgaben umgesetzt und echtes Mitdenken und Hinterfragen ist tendenziell sogar unerwünscht, weil ein paar studierte Projektverantwortliche meinen, sie hätten die Weisheit mit Löffeln gegessen. Das mag in der Spieleindustrie ja anders sein, das kann ich nicht wirklich beurteilen, aber wenn ich solche Nachrichten lese, erinnert mich das stark an meine frühere Situation, wo ein Großteil meiner Arbeit darin bestand, Entscheidungsvorlagen und Budgetplanungen zu liefern und in Meetings zu sitzen und das gleiche Thema wieder und wieder zu diskutieren, statt endlich mal dran zu arbeiten. Davon habe ich mich befreit, indem ich Freiberufler geworden bin. Zwar sitzt man da auch oft in Meetings und diskutiert über Lösungen, was ja sinnvoll ist, aber das eben in viel geringerem Umfang und auf das nötigste Beschränkt, weil man eben nach Stunden bezahlt wird und somit 3 mal überlegt wird, ob die Anwesenheit wirklich erforderlich ist. Dadurch schaffe ich viel mehr Ergebnisse als noch in meiner Zeit als Angestellter und das Verhältnis von Planung zu wirklicher Arbeit (Planung gehört natürlich in gesundem Maße dazu) etwa 30/70, was ich für optimal halte. Ich würde behaupten, dass 3 Entwickler in einem Unternehmen niemals die 3-fache Leistung eines einzelnen Entwicklers bringen, denn je größer das Unternehmen, desto mehr Zeit verbringt man mit Meta-Arbeit und wendet einen großen Teil seiner Zeit für einfach Anwesenheit auf, einfach weil irgendwelche Manager und Teamchefs eine Existenzberechtigung suchen und regelmäßig ihr Gefolge um sich versammeln müssen, um ihre Realitätsfremden Ideen und Ansichten zu präsentieren. Es ist genau dieser Wasserkopf vermeintlicher Akademiker mit dem alles erfassenden High-LVL Überblick, die meinen, dass man ohne Fachkenntnisse und oft auch ohne Berufserfahrung Dinge beurteilen und Entscheidungen treffen kann. Leute, die ohne konkrete Vision mit dem Ziel, Karriere zu machen, gezielt die lukrativsten Stellen suchen, um die Leiter empor zu steigen. Genau davon haben sich US Unternehmen befreit, während hier in Deutschland eine Welle der Empörung über all die Entlassungen durchs Land zog. Aber mal ehrlich, warum soll man Leute bezahlen, wenn es auch ohne die und oft sogar noch besser geht? Unternehmen sind ja keine sozialen Einrichtungen. Wenn das Problem einmal bekannt ist, dann muss es gebannt werden. Und das hat scheinbar recht gut funktioniert. Und ich Deutschland halte ich genau dieses Problem für umso größer