Aber ob psychisch oder physisch spielt erstmal keine Rolle. Ein psychisches Leiden ist nicht weniger schlimm, nur weil es körperlich (scheinbar) keine Schäden gibt.
Ähm, doch. Denn bei der körperlichen Sucht hat der Körper zB eine gewisse Toleranz gg Alkohol aufgebaut und im Wegfall muß der Körper - unabhängig von soinstigen psychischen Entzugserscheinungen - jetzt damit klarkommen, daß er was-weiß-ich als Gegenmaßnahme zur Alkoholzufuhr regelmäßig produziert hat, aber gar kein Alkohol zum Bekämpfen da ist.
Sicher ist eine psychische Sucht kein Zuckerschlecken - aber bei einer körperlichen Abhängigkeit kommt eben diese Komponente noch hinzu.
E-Sportler tun das beruflich. Das sind Profis und durch diese Professionalität haben die auch eine gewisse Distanz zu dem, was sie tun (was nicht heißt, dass sie es nicht gern machen).
Ah ja. Und wenn ich dann Profi-Säufer werde, bin ich kein Alkoholiker?
Werde ich gekündigt - Zack: doch Alkoholiker?
Selbstverständlich ist es wichtig, die Regelmäßigkeit und auch die Dauer und Menge des Konsums zu betrachten. Das ist das erste, was auffällt und sicher nicht unwichtig. Es geht also gar nicht um den Konsum an sich. Sondern um die Frage, wie oft und wie viel man konsumiert. Natürlich gehört es noch dazu, den Menschen selbst zu betrachten. Warum spielt er? Wie sieht sein soziales Umfeld aus? Hat er überhaupt ein soziales Umfeld? Wie sieht seine Vorgeschichte aus?
Wieso ist das soziale Umfeld relevant?
Es gibt diverse Gründe, warum man einen sehr kleinen eingeschränkten Kreis an Freunden als positiv gegenüber Leuten definieren kann, die hunderte von Bekannten haben, aber keinen davon richtig kennen.
Wie reagiert er beim (längeren) Ausbleiben des Konsums?
Wie will man das Testen, wenn der Proband keine Lust dazu hat, den Konsum zu unterbrechen?
dh: Ihm muß schon klar sein, daß etwas nicht stimmen könnte - ergo: Hat er selbst für sich (möglicherweise initiiert von außen) schon darüber nachgedacht, ob er süchtig sein könnte.
Wie reagiert er darauf, wenn er auf seinen Konsum angesprochen wird? usw.
Interessant auch die Frage:
Warum reagiert er so?
Weil er für sich schon erkannt hat, daß das, was er tut, krankhaft ist?
Oder weil es schlicht illegal ist?
Oder einfach, weil sein Verhalten nicht "der Norm" entspricht und gesellschaftlich geächtet ist?
Ich könnte mir beispielsweise durchaus vorstellen, daß jemand regelmäßig, aber sehr sparsam, illegale Drogen nimmt und nicht davon süchtig wird. Er könnte es jederzeit psychisch wie physisch sein lassen, aber er will es gar nicht. Es ist Teil seines Lebens, seiner Auffassung vom Leben und was dieses lebenswert macht.
Konkretes Beispiel:
Am Ende meiner Teenagerzeit habe ich Zigarillos geraucht. Andere haben am Abend halbe Schachteln verbraucht, ich nur 1-2 Zigarillos. Die hab ich auch nicht täglich geraucht, sondern nur sporadisch, bei gemütlichen gesellschaftlichen Anlässen.
Irgendwann hab ich es dann einfach sein gelassen. Ohne Entzug oder inneren oder körperlichen Kampf, sondern ich hab einfach damit aufgehört.
Ich hatte mich vorher dazu entschieden, daß es zu meinem Leben dazugehört und dann, daß es das nicht mehr tut.
Es gibt klar definierte Kriterien.
Ja, aber darum geht es ja gerade: Was ist mit den Grenzen dieser Kriterien?
Wie viele "soziale Kontakte" muß man haben, um dieses Kriterium auszuschließen? 1, 2, 5, >10? Wie viele Stunden muß man pro Woche mit Freunden verbringen, um dieses Kriterium auszuschließen? Und schon hätten wir den ersten Problemfall, nämlich jemanden, der an 5/7 Tagen Spätschicht und dementsprechend kaum Zeit hat, um mit Freunden, die eine klassische Arbeitszeit haben, was zu unternehmen.
Wie viele Freunde, mit denen man aktiv chattet, braucht man auf Facebook, um "soziale Kontakte" zu haben? Oder zählen die nicht, nur weil die nicht face2face sind?
Lieber WoW gezockt und sich mit "Pflichtgefühl gegenüber Gildenmembern" raus geredet, statt was mit seinen Real Life-Freunden zu unternehmen.
Was würdest du denn sagen, wenn derjenige im Hobby Fußball Verein wäre und was von "Pflichtgefühl gegenüber den anderen Spielern" sagen würde?
Dass der Betroffene selbst beurteilen kann, ob er süchtig ist oder nicht, ist in den wenigsten Fällen möglich. Eine Sucht ist eine richtig fiese Sache und noch fieser wird es, weil der Betroffene in der Regel eben NICHT erkennt, dass er krank ist. Jedenfalls nicht von alleine.
Deswegen schrob ich ja "Ärzte können [...] bei der Erkenntnis [...] helfen."
Aber letzten Endes finde ich die Grenze zu Sucht ist erst da, wo ich als Betroffener selber sage: "Das gefällt mir nicht was ich da mache, aber ich kann es nicht abstellen".