Hier hab ich eine schöne Anekdote beizusteuern, endlich mal ein Thema wo sie wirklich passt. Ich warne vorab: das wird keine kurze Geschichte, aber eine hoffentlich interessante, deckt sie doch mehrere Jahre ab während der Geburtsstunde der Popularität von MMOs.
Es ist das Jahr 1999. Ultima Online ist der heißeste Topf Honig seit Menschengedenken. Ich bin zarte 18 Jahre alt und habe eigenem Internet und einem eigenen PC (zuvor Amiga 500 + Konsolen) lange entgegengefiebert. Ich habe seitenweise Tipps+Tricks for UO ausgedruckt und studiert bevor ich auch nur installiert habe. Die Installation ist abgeschlossen, ich erkunde also zum ersten Mal Onlinewelten!
Zwei, drei Monate später, ich entschied mich als Magier mein Dasein zu fristen, bin ich soweit zumindest in Begleitung Dungeons zu erkunden und Loot zu sammeln, ein Training voranzubringen etcetera. Mein neugewonnener bester Onlinebuddy Sami Duran und meine Wenigkeit, Rynor, zusammen im Dungeon! Ein neues Kapitel! Aufregung! Beute! Und plötzlich auch andere Spieler... plötzlich Zaubersprüche, plötzlich Stahl, plötzlich tot.
Niedergestreckt von schändlichen Subjekten bar jeder Moral, gelootet und zum Verrotten liegengelassen. Was hab ich mich geärgert und wie inbrünstig hab ich mir geschworen NIE einer von "denen" zu werden. Niemals würde ich sowas tun, nie!
Ja, man ahnt es bereits, ich würde genau das noch tun. Doch noch längst nicht zu diesem Zeitpunkt. Stattdessen folgten weitere Abenteuer und wieder und wieder wurden wir überfallen (keiner von uns hielt viel von der PvP-Verboten-Trammel-Zone, dort waren die Dungeons außerdem viel zu überfüllt).
Also riskierten wir wieder und wieder unsere Beute und oft wurden wir auch niedergestreckt und ausgeraubt, bis zu dem einen Tag an dem wir nach stundenlanger immens reicher Beute - just im Begriff abzuhauen - plötzlich von dem serverweit bekanntesten Playerkillerverbund (Cash Money Brothers, ja ja, damals...) ausgeraubt wurden. Mal wieder.
In dem Moment beschlossen wir: wir lernen jetzt uns zu verteidigen, wir lernen jetzt wie PvP funktioniert damit wir nicht wieder überfallen werden können. Bloß... wie anfangen? Dank einem immensen Zufall finden wir einen als Playerkiller markierten Mitspieler und, naiv wie wir nunmal waren, erklären ihm unsere Absichten ihn zu töten. Verdutzt fragt er uns "Wieso?", wir erklären die Situation. Er lacht und bietet uns an dass er uns gegen eine bestimmte Summe trainieren würde - er selbst gehörte zu einer ebenfalls recht bekannten PvP-Gilde. Gesagt, getan und er hielt tatsächlich Wort. Tag für Tag, stundenlang, lernten wir und übten wir. Das ging soweit dass mein Goldvorrat aufgrund der Reagenzien allmählich zur Neige ging. Dann aber, schließlich, fühlten wir uns endlich bereit. Und dabei realisierten wir etwas, etwas fundamentales was unser beider Onlineleben für immer ändern würde:
Es machte verdammt viel Spaß, dieses sogenannte "PvP" Zeug. Um genau zu sein machte es mindestens soviel Spaß wie PvE und wir beschlossen unsere Kräfte für das "Gute" (jaja, Ultima Online damals, es war ein Cringefest sondergleichen
) einzusetzen und beschlossen PKKs zu werden - Playerkiller Killer. Leute die also Playerkiller suchten um sie zu töten und damit Unschuldige zu beschützen.
Was harmlos begann sah uns ziemlich gut werden, auch wenn Samis und meine Wege sich ungefähr dort trennten, letztendlich gelang es mir einen Ruf aufzubauen dass ich, trotz Mangel einer PvP-Gilde, ein ernstzunehmender Gegner geworden war. Das wiederum, dieser neugewonnene Respekt, ermöglichte es mir mich mit Pks auch mal länger zu unterhalten und dabei herauszufinden dass viele eine ähnliche Geschichte hatten. Das war der Moment an dem ich begriff: All das war ein Kreis. Ich war letztendlich zu dem geworden, was ich "nie werden wollte" und es blieb mir nur noch eines übrig zu tun: Playerkiller zu werden, damit Andere ebenfalls den Spaß an PvP sehen würden wenn sie sich endlich damit beschäftigen würden.
Genau das tat ich dann und freundete mich gut an mit? Genau. Den Cash Money Brothers, genau jenen die mich damals beraubt hatten (Howard One insbesondere). Zusammen terrorisierten wir Britain's Umland (die Hauptstadt) und die Stadt selbst, unterhielten direkt am Portal zwischen Nicht-PvP und PvP-Kopie der Welt dort einen kleinen Turm in dem wir uns stets neu ausrüsten konnten.
Letztendlich überfiel ich dann gelegentlich insbesondere Rollenspielgilden die mit prunkvoller Ausrüstung in größeren Gruppen in die Dungeons zogen, nahm ihnen ihre verzauberten seltenen Waffen und Rüstungen ab nur um sie kurz darauf an Andere (und teilweise an dieselben Spieler) wieder zu verkaufen, das sollte dann neben dem Raritätenhandel meine Haupteinnahmequelle werden.
Und so war es also ein Kreislauf aus aufbauen, gejagt werden, lernen sich zu verteidigen, Andere behüten und letztendlich zum Angriff übergehen. Ein Kreislauf den ich bis heute in vielen Onlinewelten beobachte, nur dass ich dank dieser Erfahrungen sehr, sehr, sehr viel gelassener bin und eher schmunzele wenn ich überfallen werde denn ich weiß: wenn ich am Ball bleibe, bin es bald ich der sich seine Widersacher aussucht.
Das bedeutet nicht zwangsläufig dass ich jetzt einfach so Leute massakriere oder ihnen den Spaß verderbe - ich achte rigoros auf faire Zweikämpfe sofern man mich nicht zuvor entsprechend unfair geganked hat. Wer das tut.. nun.. ich spiele schon längst in einer festen kleinen Gemeinschaft zusammen und nach über 6 Jahren ist das Teamplay entsprechend gut geworden, egal wo wir hingehen.
Es ist also nicht immer einfach Sadismus der Spieler hierzu treibt, manchmal werden auch die Spieler mit den nettesten Absichten korrumpiert durch den Spielspaß - was mir wichtig ist, ist halt dass es immer fair bleibt und damit beiden Spaß macht bzw. machen kann. Aus demselben Grund ganken wir aber auch Leute die notorisch dafür bekannt sind Andere wiederum zu ganken, bissken eigene Medizin und so
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Ohja und.. resskills? Die waren schon in UO verpönt, das ist allerunterste Schublade, genau wie eben Ganking oder Newbies schlachten. Da steht aus meiner persönlichen Sichtweise die virtuelle Todesstrafe drauf
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. Jedenfalls ist jedes Rollenspiel für mich besser als kein Rollenspiel und dazu gehören die "schönen" Seiten im Leben genau so wie die weniger schönen mMn. So seh ich das dann auch in Onlinespielen und auch wenn RP längst tot ist in Onlinespielen (ja! das meint ganz explizit euch MMOs da draußen, SWTOR, TESO und Co. mit eurem furchtbaren Tavernen-RP und Furry-Fuckfesten), ich bleib mir da treu und interpretier das immer so. Sonst müsst ich ja am Ende die Anderen ernstnehmen wenn sie mir mal wieder rufen "lol fuck u noob".
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