Das ist ja eben das Problem. Wenn es keine gewerkschaftlich durchgesetzten Regeln gibt, ist man allein. Es geht dabei ja nicht einfach nur um die großen die halt "nö" sagen können, sondern um alle Schauspieler und 99,X% davon deren Namen kennt man nicht. Das sind kleine Leute, Statisten und wenn die "nö" sagen, kriegen sie keine Jobs mehr. Genau aus diesem Grund gibt es Gewerkschaften und diesen Streik jetzt, um Regeln festzusetzen, die eben auch die kleinen schützen, die nicht "nö" sagen können. Daher ist deine Frage "Warum sorgt die Gewerkschaft nicht dafür..." genau damit beantwortet, sie tut es. Genau in diesem Augenblick aber gleichzeitig meinst du, der Streik sei albern - ja was denn nun?
Mit Albern meinte ich eigentlich vor allem, dass ich in diesem Zusammenhang Stars sehe, die große Reden über Ungerechtigkeit im Filmbiz halten, obwohl sie Millionen auf der Bank haben. Ich glaube diese Stars machen sich jetzt wirklich Sorgen, dass sie digital ersetzt werden, weil sich das bei deren üblichen Gagen dann auch lohnt, stattdessen in KI-Spezialisten zu investieren.
Und vermutlich haben die großes Interesse daran, dass ALLE Schauspieler an einem Strang ziehen und entsprechende Verträge, die die Abtretung persönlicher Rechte erfordern, nicht mehr akzeptieren. Denn wenn Tom Cruise sowas nicht unterschreiben will, Keanu Reeves für etwas mehr Geld aber schon, kann es doof laufen für den Tom.
Da wird für mich ein Schuh draus und ich kann die Interessen nachvollziehen. Aber dass es hier vor allem um die unterbezahlten Gelegenheitsschauspieler geht, braucht mir keiner erzählen. Die waren auch schon in Zeiten vor KI unterbezahlt, aber da hat sich keiner eingesetzt oder das Thema überhaupt mal zur Sprache gebracht.
Wenn ich sage, dass ich diesen Streik nicht verstehe, dann meine ich damit, dass ich das Prinzip der amerikanischen Gewerkschaft der Schauspieler und den Aufbau der Interessengruppen nicht verstehe.
Beispiel:
Wenn die Bahn streikt, dann legen die Mitarbeiter die Arbeit nieder. Jeder, der streikt und Teil der Gewerkschaft ist, bekommt Streikgeld von der Gewerkschaft, dieses richtet sich vermutlich nach dem bisherigen Gehalt und oder der Höhe der Beiträge für Mitglieder. Das Arbeitsverhältnis ist temporär beendet, weder AN noch AG müssen Leistungen erbringen während des Streiks. Wenn der Streik vorbei ist, erhalten die Mitarbeiter ihr Gehalt wieder von der Bahn. Im Optimalfall dann mehr als vorher, sofern die Gewerkschaft sich mit den Gesellschaftern der Bahn einigen konnte. Die AN-Verträge werden dann entsprechend durch die Bahn angepasst. Absolut nachvollziehbar. Aber wie einigt man sich in einer N zu M-Beziehung?
Schauspieler arbeiten ja nicht alle bei der Bahn. Die nehmen Aufträge an. Genau wie ich als IT-Freiberufler. Ob und wieviel ich verdiene, hängt davon ab, ob ich Aufträge habe und zu wieviel % ich ausgelastet bin. Wäre ich jetzt in der IT-Freelancer Gewerkschaft, die es - aus für mich nachvollziehbaren Gründen - nicht gibt, wieviel Streikgeld bekomme ich dann? Wenn ich die letzten 3 Monate nicht gearbeitet habe und nichts verdient habe, bekomme ich dann von der Gewerkschaft ein zufällig gewürfeltes Gehalt? Vielleicht kann mir einer das Gewerkschaftssystem bei Freischaffenden ein bisschen verständlicher machen, vielleicht gründe ich dann ja in DE die Freelancer-Gewerkschaft. Zu vertretende Interessen gibt es reichlich und der Markt ist unterwandert mit Jobvermittlern, die den Freiberuflern die Jobs wegschnappen und unverhätlnissmäsig viel von deren Gehalt einbehalten, obwohl jeder Arbeitgeber einen CV lesen und ein Teams-Meeting einstellen kann.
Also wie gesagt, ich habe nichts gegen die armen Schauspieler und deren Interessen. Ich finde nur das Ganze hat einen merkwürdigen Beigeschmack wenn die oberen 10% anfangen, sich für unterbezahlte Statisten einzusetzen. Zudem verstehe ich nicht ganz, wie man zwischen einer Gewerkschaft und vielen unabhängigen Privatunternehmern mit individualverträgen Einigungen erzielt und rechtskräftige Regelungen durchsetzt. Das mit dem Mindestlohn kann ich ja noch nachvollziehen, ist aber auch keine große Hilfe, wenn man keine Aufträge bekommt ...
Und mal abgesehen davon reden wir hier über Hollywood, die Traumfabrik, den American Dream. Da geht doch keiner hin um 9 to 5 Stunden abzusitzen für Mindestlohn. Die meisten dort wollen Stars werden und nicht weniger. Viele davon sind aber nicht nur unterbezahlt, die landen einfach auf der Straße oder spielen plötzlich in ganz anderen Filmchen mit, wo es keine Gewerkschaft gibt. Wenn ich einen sicheren Job mit Stabilität will, dann werde ich nicht Schauspieler in Hollywood. Das ist wie All-in gehen beim Poker. Kann man machen, aber wenn das nach hinten losgeht, braucht man von niemandem Mitleid erwarten.