RedDragon20
Spiele-Professor/in
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Leider scheint es nicht mehr möglich, eine User-Review direkt auf der Homepage der PCGames zu verfassen. Also muss es so gehen.
Ja, ich halte KCD für das beste Spiel seit Jahren. Ja, ich halte den aktuellen Hype um das Spiel auf PCGames.de für gerechtfertigt. Aber all das ist lediglich meine persönliche Meinung.
Zur Information: Der Thread hier stellt lediglich ein Zwischenfazit nach 30 Spielstunden dar, da ich mit dem Spiel noch nicht durch bin.
Aber warum eigentlich?
Erstens sei gesagt: Es ist zweifelsohne korrekt, dass KCD Ecken und Kanten hat. Und davon jede Menge.
1. Die Performance bricht gern mal ein.
2. Die CPU-Last in Städten ist exorbitant hoch.
3. Es gibt kleinere Bugs, die zwar in meinen Augen wenig stören, aber in der Summe doch sehr auffällig sind.
4. Das Kampfsystem ist fraglos wenig einsteigerfreundlich und unpräzise.
5. Die Animationen, insbesondere in Dialogen, sind steif und alles andere als zeitgemäß. Selbst The Witcher 3 hat das besser hinbekommen und auch da nicht perfekt.
6. Das Speichersystem ist eine nette, innovative Idee ( ), aber in der Praxis einfach nicht zu gebrauchen.
Mal ganz davon abgesehen, dass das Spiel alles andere als massentauglich ist und mit seinem etwas sperrigen Gameplay den ein oder anderen Spieler vor den Kopf stoßen könnte. Es ist kein Spiel, das man sich zwischendurch mal rein pfeift. Man braucht definitiv Zeit. Und Belohnungen? Wirklich interessante Orte, Items etc., wie man sie z.B. in Skyrim findet? Fehlanzeige. Für Quests gibt es Geld und das einzig "wertvolle", was ich beim Erforschen der Welt gefunden habe, war eine ziemlich gute Rüstung eines Magdeburger Ritters, die irgendwo versteckt im Wald lag (wie auch immer die da hingekommen ist). Den Rest verkauft man eben.
Eigentlich sind das alles Dinge, die einen Spieler durchaus zurecht vom Kauf abhalten könnten.
Aber: KCD nimmt den Spieler ernst. Es ist fair. Es fordert heraus. KCD will, dass sich der Spieler genau überlegt, wie er skillt, vorgeht, was er in Dialogen sagt. Was haben Dialogentscheidungen für Auswirkungen? Sollte ich das Kumanenlager wirklich frontal angreifen oder sollte ich doch lieber auf die Nacht warten und eine heimlichere Methode versuchen? Nehme ich lieber einen Schild und erhöhe damit meinen Schutz, nehme dafür aber in Kauf, die Übersicht in Kämpfen schneller zu verlieren? Oder bleibe ich doch lieber beim Schwert, behalte so die Übersicht, und nehme in Kauf, dass ich im Fall eines Treffers mehr Schaden kassiere? Was auch immer man in KCD macht und tut, es hat Vor- und Nachteile...und entsprechende Konsequenzen.
Ja sogar die gewählte Rüstung hat Einfluss das Spiel. Ziehe ich lieber eine dicke Rüstung an ,die mich gut schützt, die mich aber langsamer macht und die schwerer ist (was auch zufolge hat, dass man weniger im Inventar mit sich rum tragen kann)? Oder setze ich lieber auf Leichtfüßigkeit? In Dialogen etwa hat man mehr Erfolg, wenn man die (saubere) Rüstung eines Ritters trägt, statt eine einfache, dreckige Rüstung, die man vorher einem Banditen abgeknöpft hat. Art und Zustand der Rüstung haben also großen Einfluss auf die NPCs, die besagten Zustand auch entsprechend kommentieren.
Allerdings ist nichtmal das Gameplay und der Einfluss verschiedenster Faktoren, die das Spiel so faszinierend machen...auch wenn die ihren großen Teil dazu beitragen. Es ist vielmehr die äußerst authentische, bzw. sehr glaubwürdige Darstellung des Mittelalters, zu Beginn des 15. Jahrhunderts, sowie die Wahl und der Lebensweg des Protagonisten.
Okay...der Protagonist ist zu Beginn ein kleines Licht. Der Sohn des Meisterschmiedes und sein Motiv, das sich durch die ganze Story zieht, könnte nicht standardmäßiger sein. Den Verlust der Familie und Rachestorys kennen wir ja schon aus gefühlt Millionen von anderen Spielen. Aber es ist auch gar nicht der Background der Figur Heinrich, die das Spiel auf Storybasis so faszinierend macht. Sondern die Tatsache, dass man eben laaange Zeit ein kleines Licht bleibt und diese Tatsache oft genug durch höher gestellte NPCs verdeutlicht wird. Man ist eben nur der Sohn des Schmiedes. Kein Adliger, kein Auserwählter. Nur eine arme, kleine Sau. Man hat in den unterschiedlichen Städten zwar einen Ruf, der je nach Tat schlechter oder besser wird, doch man steigt nicht auf, kriegt im Spielverlauf kein eigenes Schloss, bekämpft nicht im Alleingang Schergen von Feinden (ernsthaft, haltet euch von mehr als zwei Gegnern fern. Ich hab 20 Minuten für drei Kumanen gebraucht und bin gerade so durchgekommen! ). Und das macht das Spiel storymäßig und gameplaytechnisch sehr deutlich, dass man nur ein ganz gewöhnlicher, verlustgeplagter Mensch ist, der von Anfang bis Ende seine Grenzen hat und diese immer wieder aufgezeigt bekommt. Man ist nicht Zentrum des Ganzen, sondern nur ein kleiner, winziger Teil.
Trotz des 08/15-Backgrounds macht das Heinrich glaubwürdig. Man kann sich mit ihm identifizieren und eben weil er im Endeffekt, ganz anders als Geralt von Riva etwa, ein unbeschriebenes Blatt aus einem Dörfchen ist, hat man auch als Spieler die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wie sich der Charakter formt, ohne dass der Charakter unglaubwürdig wirkt.
Ebenso "belanglos" und deswegen auch interessant wie der Charakter wirken auch die Quests. Die Story nimmt bisweilen Züge eines spannenden Krimis an und hat nichts von der Epik eines The Witcher 3. Die Nebenquests bestehen oft aus Botengängen, Untersuchungen, Gesprächen oder eben Kämpfen. Allerdings hat man immer das Gefühl, zumindest auf persönlicher Ebene etwas erreicht zu haben (je nachdem, wie man sich in Dialogen verhält), entsprechend dem, was Heinrich im Spiel ist. KCD ist kein groß angelegtes Epos, will auch gar keins sein. Es hat spannende Momente, ist story- und dialoggetrieben, aber verhält sich doch im Vergleich zu anderen RPGs recht ruhig und gemächlich. Ich find's klasse.
Ein anderer Aspekt, der das Spiel in meinen Augen DEUTLICH von anderen Spielen positiv abhebt, ist die Grafik und die Atmosphäre. Das Spiel ist in seiner Optik klar auf Realismus getrimmt. Die Beleuchtung ist hervorragend gelungen und von den Ländereien und Wäldern will ich gar nicht erst anfangen zu sprechen. Ich kann mich nicht erinnern, dass eine Landschaft in einem Videospiel jemals so glaubwürdig und schön umgesetzt wurde. Ich kann nachvollziehen, dass dem ein oder anderen Spieler dieser sehr realistische Grafikstil langweilig vorkommt ("Wenn ich Realismus will, geh ich raus!"), aber man sollte doch zumindest anerkennen, dass es bisher kein Spiel gab, in dem Wälder dermaßen natürlich dargestellt wurden, dass sich gleich ein Gefühl von Heimat aufmacht. Und aller Authentizität zum Trotz, die sich die Entwickler auf die Fahne geschrieben haben, ist die Umgebung nie leblos. Überall sieht man Hasen, Rehe usw. rum pirschen. Banditen lungern irgendwo rum, Köhler arbeiten an Flüssen und in den Dörfern gehen die NPCs einem glaubwürdigen Tagesablauf nach und begrüßen Heinrich auch mal, sobald er einen guten Ruf in Ortschaft X oder Y genießt.
Zum Schluss sei gesagt...
...dass KCD keinesfalls massentauglich ist und nicht jeder Spieler etwas damit anfangen kann. Zu gemächlich, eine hohe Lernkurze, Macken und kleinere Bugs. Trotzdem ist es für mich das beste Spiel seit Jahren. Meine Erwartungen wurden vollends erfüllt, teilweise auch übertroffen und das, obwohl mich manche Aspekte (Bugs, Performanceprobleme) doch etwas enttäuscht haben. Die Verkaufszahlen und überhaupt der Erfolg der Kickstarterkampagne sollte aber auch zeigen, dass Spiele mit diesem Konzept durchaus funktionieren. Daher halte ich KCD nicht nur für ein sehr gutes, sondern auch, neben anderen "Oldschool-RPGs" (Divinity OS2, Pillars of Eternity usw.), für die Branche wichtiges Spiel, das zeigt: "Ey, so gehts auch!"
Für mich ist KCD das neue Gothic. Es traut sich neue Wege und hat Erfolg damit.
Ja, ich halte KCD für das beste Spiel seit Jahren. Ja, ich halte den aktuellen Hype um das Spiel auf PCGames.de für gerechtfertigt. Aber all das ist lediglich meine persönliche Meinung.
Zur Information: Der Thread hier stellt lediglich ein Zwischenfazit nach 30 Spielstunden dar, da ich mit dem Spiel noch nicht durch bin.
Aber warum eigentlich?
Erstens sei gesagt: Es ist zweifelsohne korrekt, dass KCD Ecken und Kanten hat. Und davon jede Menge.
1. Die Performance bricht gern mal ein.
2. Die CPU-Last in Städten ist exorbitant hoch.
3. Es gibt kleinere Bugs, die zwar in meinen Augen wenig stören, aber in der Summe doch sehr auffällig sind.
4. Das Kampfsystem ist fraglos wenig einsteigerfreundlich und unpräzise.
5. Die Animationen, insbesondere in Dialogen, sind steif und alles andere als zeitgemäß. Selbst The Witcher 3 hat das besser hinbekommen und auch da nicht perfekt.
6. Das Speichersystem ist eine nette, innovative Idee ( ), aber in der Praxis einfach nicht zu gebrauchen.
Mal ganz davon abgesehen, dass das Spiel alles andere als massentauglich ist und mit seinem etwas sperrigen Gameplay den ein oder anderen Spieler vor den Kopf stoßen könnte. Es ist kein Spiel, das man sich zwischendurch mal rein pfeift. Man braucht definitiv Zeit. Und Belohnungen? Wirklich interessante Orte, Items etc., wie man sie z.B. in Skyrim findet? Fehlanzeige. Für Quests gibt es Geld und das einzig "wertvolle", was ich beim Erforschen der Welt gefunden habe, war eine ziemlich gute Rüstung eines Magdeburger Ritters, die irgendwo versteckt im Wald lag (wie auch immer die da hingekommen ist). Den Rest verkauft man eben.
Eigentlich sind das alles Dinge, die einen Spieler durchaus zurecht vom Kauf abhalten könnten.
Aber: KCD nimmt den Spieler ernst. Es ist fair. Es fordert heraus. KCD will, dass sich der Spieler genau überlegt, wie er skillt, vorgeht, was er in Dialogen sagt. Was haben Dialogentscheidungen für Auswirkungen? Sollte ich das Kumanenlager wirklich frontal angreifen oder sollte ich doch lieber auf die Nacht warten und eine heimlichere Methode versuchen? Nehme ich lieber einen Schild und erhöhe damit meinen Schutz, nehme dafür aber in Kauf, die Übersicht in Kämpfen schneller zu verlieren? Oder bleibe ich doch lieber beim Schwert, behalte so die Übersicht, und nehme in Kauf, dass ich im Fall eines Treffers mehr Schaden kassiere? Was auch immer man in KCD macht und tut, es hat Vor- und Nachteile...und entsprechende Konsequenzen.
Ja sogar die gewählte Rüstung hat Einfluss das Spiel. Ziehe ich lieber eine dicke Rüstung an ,die mich gut schützt, die mich aber langsamer macht und die schwerer ist (was auch zufolge hat, dass man weniger im Inventar mit sich rum tragen kann)? Oder setze ich lieber auf Leichtfüßigkeit? In Dialogen etwa hat man mehr Erfolg, wenn man die (saubere) Rüstung eines Ritters trägt, statt eine einfache, dreckige Rüstung, die man vorher einem Banditen abgeknöpft hat. Art und Zustand der Rüstung haben also großen Einfluss auf die NPCs, die besagten Zustand auch entsprechend kommentieren.
Allerdings ist nichtmal das Gameplay und der Einfluss verschiedenster Faktoren, die das Spiel so faszinierend machen...auch wenn die ihren großen Teil dazu beitragen. Es ist vielmehr die äußerst authentische, bzw. sehr glaubwürdige Darstellung des Mittelalters, zu Beginn des 15. Jahrhunderts, sowie die Wahl und der Lebensweg des Protagonisten.
Okay...der Protagonist ist zu Beginn ein kleines Licht. Der Sohn des Meisterschmiedes und sein Motiv, das sich durch die ganze Story zieht, könnte nicht standardmäßiger sein. Den Verlust der Familie und Rachestorys kennen wir ja schon aus gefühlt Millionen von anderen Spielen. Aber es ist auch gar nicht der Background der Figur Heinrich, die das Spiel auf Storybasis so faszinierend macht. Sondern die Tatsache, dass man eben laaange Zeit ein kleines Licht bleibt und diese Tatsache oft genug durch höher gestellte NPCs verdeutlicht wird. Man ist eben nur der Sohn des Schmiedes. Kein Adliger, kein Auserwählter. Nur eine arme, kleine Sau. Man hat in den unterschiedlichen Städten zwar einen Ruf, der je nach Tat schlechter oder besser wird, doch man steigt nicht auf, kriegt im Spielverlauf kein eigenes Schloss, bekämpft nicht im Alleingang Schergen von Feinden (ernsthaft, haltet euch von mehr als zwei Gegnern fern. Ich hab 20 Minuten für drei Kumanen gebraucht und bin gerade so durchgekommen! ). Und das macht das Spiel storymäßig und gameplaytechnisch sehr deutlich, dass man nur ein ganz gewöhnlicher, verlustgeplagter Mensch ist, der von Anfang bis Ende seine Grenzen hat und diese immer wieder aufgezeigt bekommt. Man ist nicht Zentrum des Ganzen, sondern nur ein kleiner, winziger Teil.
Trotz des 08/15-Backgrounds macht das Heinrich glaubwürdig. Man kann sich mit ihm identifizieren und eben weil er im Endeffekt, ganz anders als Geralt von Riva etwa, ein unbeschriebenes Blatt aus einem Dörfchen ist, hat man auch als Spieler die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wie sich der Charakter formt, ohne dass der Charakter unglaubwürdig wirkt.
Ebenso "belanglos" und deswegen auch interessant wie der Charakter wirken auch die Quests. Die Story nimmt bisweilen Züge eines spannenden Krimis an und hat nichts von der Epik eines The Witcher 3. Die Nebenquests bestehen oft aus Botengängen, Untersuchungen, Gesprächen oder eben Kämpfen. Allerdings hat man immer das Gefühl, zumindest auf persönlicher Ebene etwas erreicht zu haben (je nachdem, wie man sich in Dialogen verhält), entsprechend dem, was Heinrich im Spiel ist. KCD ist kein groß angelegtes Epos, will auch gar keins sein. Es hat spannende Momente, ist story- und dialoggetrieben, aber verhält sich doch im Vergleich zu anderen RPGs recht ruhig und gemächlich. Ich find's klasse.
Ein anderer Aspekt, der das Spiel in meinen Augen DEUTLICH von anderen Spielen positiv abhebt, ist die Grafik und die Atmosphäre. Das Spiel ist in seiner Optik klar auf Realismus getrimmt. Die Beleuchtung ist hervorragend gelungen und von den Ländereien und Wäldern will ich gar nicht erst anfangen zu sprechen. Ich kann mich nicht erinnern, dass eine Landschaft in einem Videospiel jemals so glaubwürdig und schön umgesetzt wurde. Ich kann nachvollziehen, dass dem ein oder anderen Spieler dieser sehr realistische Grafikstil langweilig vorkommt ("Wenn ich Realismus will, geh ich raus!"), aber man sollte doch zumindest anerkennen, dass es bisher kein Spiel gab, in dem Wälder dermaßen natürlich dargestellt wurden, dass sich gleich ein Gefühl von Heimat aufmacht. Und aller Authentizität zum Trotz, die sich die Entwickler auf die Fahne geschrieben haben, ist die Umgebung nie leblos. Überall sieht man Hasen, Rehe usw. rum pirschen. Banditen lungern irgendwo rum, Köhler arbeiten an Flüssen und in den Dörfern gehen die NPCs einem glaubwürdigen Tagesablauf nach und begrüßen Heinrich auch mal, sobald er einen guten Ruf in Ortschaft X oder Y genießt.
Zum Schluss sei gesagt...
...dass KCD keinesfalls massentauglich ist und nicht jeder Spieler etwas damit anfangen kann. Zu gemächlich, eine hohe Lernkurze, Macken und kleinere Bugs. Trotzdem ist es für mich das beste Spiel seit Jahren. Meine Erwartungen wurden vollends erfüllt, teilweise auch übertroffen und das, obwohl mich manche Aspekte (Bugs, Performanceprobleme) doch etwas enttäuscht haben. Die Verkaufszahlen und überhaupt der Erfolg der Kickstarterkampagne sollte aber auch zeigen, dass Spiele mit diesem Konzept durchaus funktionieren. Daher halte ich KCD nicht nur für ein sehr gutes, sondern auch, neben anderen "Oldschool-RPGs" (Divinity OS2, Pillars of Eternity usw.), für die Branche wichtiges Spiel, das zeigt: "Ey, so gehts auch!"
Für mich ist KCD das neue Gothic. Es traut sich neue Wege und hat Erfolg damit.
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