Bora
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„Eine kleine Nachkritik – EM08 Schweiz - Österreich“
„Eine kleine Nachkritik – EM08 Schweiz - Österreich“
Uns Deutschen wird so einiges nachgesagt, zum Beispiel, dass wird gut „granteln“ können - auch bekannt als der „deutsche Miesepeter“. Nun gut, meine Wurzeln führen ebenso zurück an den Rhein wie an den Bosporus, aber ich berufe mich hiermit auf einer hervorragende Sozialisation in diesem unseren schönen Lande. Deshalb nehme ich dieses typisch deutsche Talent für mich in Anspruch.
Allerdings gibt es da etwas, dass wir Deutsche mittlerweile noch viel besser können, als jeden positiven Ansatz in Grund und Boden zu nörgeln: kreativ-alternative Analysen des internationalen (und natürlich des deutschen) Fußballs. Ja, was liegt also näher als diese hier genannten herausragenden Fähigkeiten miteinander zu kombinieren?
Wir sind im Finale!
Das deutsche Spiel bei dieser Europameisterschaft hatte durchaus seine Glanzpunkte. Die Druckphasen im Eröffnungsspiel gegen Polen hatten etwas Bestimmendes und erinnerten an Zeiten, in denen man genüsslich dem deutschen Spiel folgte und sich mit einem gewissen Stolz der Ehrfurcht anderer Teams (und Fans) sicher sein konnte. Ebenso ließen die Auftritte unserer Grimmschen Märchengestalten Schweinsteiger und Podolski gegen Portugal (und phasenweise gegen die Türkei) von großem Träumen. Ergebnis: Finale! Also alles richtig gemacht.
Warum eigentlich?
Bevor hier jetzt jemand auf den Gedanken kommen könnte ich würde jemanden loben wollen, gehe ich lieber zur berechtigten Kritik über. Das Spiel der deutschen Nationalmannschaft bei dieser Europameisterschaft hatte Höhen und Tiefen. Für meinen Teil habe ich natürlich mehr Tiefen gesehen. Vor allem die Tiefe des Raumes innerhalb der deutschen Abwehr, die zielstrebig und in einer unbekannten Häufigkeit durch die gegnerischen Mannschaften erkundet wurde.
So ist es der unbeschreiblichen Unlust des österreichischen Sturms zuzuschreiben, dass die unterhaltsamen Portugiesen im Viertelfinale auf ihren Angstgegner (Schweinsteiger) treffen durften. Ein fulminanter Freistoß des „Capitanos“ (wir Deutsche stehen einfach auf Leitfiguren) machen 90 Minuten krampfhaftes Gekicke inklusive der Vergabe der obligatorischen Hundertprozentigen durch den kommenden europäischen Superstar Mario Gomez („Wird das seine EM?“) vergessen.
Ohne den innewohnenden Kasten Bier oder sonstiger bewusstseinsverändernder Substanzen musste der sich bei klarem Verstand befindliche Zuschauer jedoch leidvoll einsehen, dass die zuvor erlittene Niederlage gegen Kroatien nicht der Arroganz unserer Spieler geschuldet war. Noch mochte aber keiner finale Mutmaßungen anstellen. Spielerische Mängel oder doch ein mentales Problem? Immerhin hatte Jogi Löw das Problem erkannt, zumindest gibt er das unserer weiblichen Fußballkompetenz im Interview zu wissen. Was genau er da analysiert hat bleibt trotz hartnäckigem Fragen sein Geheimnis. Bernhard Peters war da freimütiger. Egal, Viertelfinale!
Portugal, go home!
Eigentlich hätten die Portugiesen es besser wissen müssen. Schon im bedeutungslosen Spiel um Platz drei anno 2006 hatte „Steinschweiger“ den Niedergang von Figo (der nicht auf dem Platz stand) und Co. (B-Elf) mehr oder minder selbst bestimmt. So ließen sie diesen Weltklassestürmer abermals schalten und walten und kassierten völlig gerecht eines der am schönsten herausgespielten Tore dieser EM. Die darauf folgenden Vorlagen des großen Irritators des portugiesischen Spiels mussten ebenso zwangsläufig zu Toren führen. Wer dem sicheren Torhüter Ricardo hier Fehler unterstellen möchte will doch nur von der Brillianz des deutschen Spiel ablenken – wie ungerecht. Ballacks spielentscheidender Schubser musste natürlich ungeahndet bleiben, bei einer solchen Vorlage. Erfreulicherweise dauert ein Fußballspiel in der Regel 90 Minuten und nicht 100. Sonst hätten sich die Portugiesen sicher noch ein paar Dinger gefangen, zu deutlich die deutsche Dominanz gegen Ende des Spiels. Glück für die Portugiesen – Halbfinale!
Hurra, wir sind wieder da...
Nachdem der hochgehandelte Mitfavorit frühzeitig an den Strand durfte ging es also gegen die ersatzgeschwächten Türken. Ersatzgeschwächt. Eigentlich war dieses Spiel schon vor dem Anpfiff entschieden worden – zumindest durch die deutschen Medien. Nach dem dominanten Auftreten gegen Portugal wäre alles andere als eine Abfertigung der frechen Türken eine Überraschung gewesen. Zeitgleich bemühte sich der deutsche Stab unermüdlich, die Türken stark zu reden. Was eigentlich überflüssig war. Wir verlieren keine Spiele, weil wir den Gegner unterschätzen, siehe Kroatien. Dass die Türken stark waren, wussten die Türken auch. Und so spielten sie auch. Sie bestimmten das Halbfinale und offenbarten unserer Elf was es heißt, mit Herz zu spielen. Zu dumm, dass die Türken ihr Glück in den vorangegangenen Spielen (in denen sie alles andere als überzeugend aufspielten) längst aufgebraucht hatten. Und dann war da noch Rüstü. Was habe ich in diesem Spiel gelitten. Nach dem Schlusspfiff war ich peinlich berührt. Aber was macht man als Deutscher in einer solchen Situation? Genau. Hauptsache Finale!
Auf, ab, auf, ab...
Ab. Falsch! Ja, leider. Nach dem Gesetz der Regel hätte unsere Nationalmannschaft die Spanier ins fußballerische Nirvana kicken müssen. Denn auf ein schlechtes Spiel folgte doch stets ein gutes. Moment: Polen (gut), Kroatien (miserabel), Österreich (...äh), Portugal (gut), Türkei (wie Kroatien nur mit mehr Toren). Diese Serie ist also doch nicht so konstant gewesen, wie man uns medial eintrichtern wollte. Aber irgendwo muss man ja seine Zuversicht gewinnen. Wenn schon nicht durch Konstanz, dann durch Schicksal. Ohne langes Gefasel - 0:1. Verdient verloren. Warum schreibe ich nicht, dass die Spanier verdient gewonnen haben? Weil ich so schlecht gönnen kann. Wie wir alle, eigentlich. Mal im Ernst, den meisten von uns wäre es doch unendlich egal gewesen, wenn wir in der 88. und 92. Minute per Standards das Spiel gedreht und Europameister geworden wären. Passstafetten hin oder her, was zählt ist das Ergebnis. So spielen wir und vor allem denken wir so. Siehe die vorigen Spiele und deren Analysen. Hauptsache Hauptsache.
Breaking News: Mit 1,5 guten Spielen wird man nicht Europameister
Das Sommermärchen ist tot – endlich! Was 2006 noch ein Land in einen nicht enden wollenden Freudentaumel versetze ist nun endgültig Geschichte. Gott sei Dank! Während die WM 2006 nachträglich zum Sommermärchen wurde, war die EM 2008 schon vorab durch und durch metaphorisiert und in Stein gemeißelt. Die Bergtour. Da gab es nichts schöpferisches mehr zu leisten, da wurde nach Erfüllung gerufen. Anstieg, Basislager, Gipfel. Der Gipfel der Leistungsbereitschaft war jedoch schon vor dem Finale erreicht. Und das merkte man unserer Mannschaft mindestens seit der ersten Minute des Halbfinale gegen die Türkei an. Wo war die Frische, die Freude am Spiel, das Draufgängertum, das Selbstbewusstsein? Alles war stets beim Gegner verortet. Mal ehrlich, die Mannschaft hat zu keinem Zeitpunkt wirklich ins Turnier gefunden. Ja, sie ist weiter gekommen, als manch ein schön daher spielender Mitfavorit (Hup Hup!), aber unter dem Strich hinterlässt mich die EM mit einem flauen Gefühl. Wir haben nicht gut gespielt – meistens sogar schlecht. Furchtbare Abspielfehler, stellenweise nicht nachvollziehbare Ideenlosigkeit und zahllose technische Unzulänglichkeiten, die sich gegen Ende des Turniers sogar noch häuften.
Der Fisch stinkt...
Eine Einzelanalyse der Spieler wäre nun angebracht, aber das erspare ich mir und übe lieber Fundamentalkritik. Unsere Mannschaft hat zu viele Schwachstellen. Die Abwehr ist kein Bollwerk und alles andere als ein sicherer Rückhalt. Zu pomadig, zu lethargisch und seit neustem auch ziemlich „Lahm“. Wenn die eigenen Abwehrspieler im gegnerischen Strafraum zum Matchwinner werden, dann sagt das auch Vieles über die Qualität der Offensive. Gerade der Sturm bewies erschreckende Gefahrlosigkeit. Kein Zug zum Tor und mangelhafte Chancenverwertung gepaart mit der Fähigkeit, den Ball niemals länger als eine halbe Sekunde halten zu können. Was dann mitunter aussah wie im Flipperautomaten. Ball nach vorne, zack zurück.
Da mag dann auch kein „Capitano“ das Ruder rumzureißen, was ja ausgiebig gefordert wurde. Ballack muss es richten. Ballack ist der entscheidende Mann auf dem Platz. Ballack wird bestimmen, ob es für den Titel reicht. Was Netzer und Delling nie müde wurden einzufordern ist dann scheinbar auch bei der Mannschaft angekommen. Am Ende heißt es dann Ballack gegen Spanien 0:1. Irgendwie auch unfair, so ein 1 gegen 11.
Ich glaube nicht, dass unserer Nationalmannschaft die fußballerischen Mittel fehlten . Zumindest hat sie oft genug bewiesen, dass sie diese besitzt und gepaart mit den „deutschen Tugenden“ auch spielerisch stärkere Teams bezwingen kann. Die deutsche Mannschaft, das „Chamäleon“ der Europameisterschaft, schreibt die internationale Presse. Angenommen hat die Mannschaft scheinbar auch Schwächen, die einst Stärken waren. Die Mannschaft hat ein mentales Problem. Wenn sie auf dem Platz stand und verlor oder schlecht aussah, dann weil die Einstellung aus unerklärlichen Gründen oft nicht passte. Was Tage zuvor noch funktionierte war plötzlich schwer wie Blei. Absolute Willenskraft beginnt im Kopf und zeigt sich dann auf dem Platz. Jeder für jeden. Unbedingt. Das habe ich im Finale nicht gesehen. In den Augen der Spieler habe ich nach dem Spiel natürlich Enttäuschung entdecken können, vielmehr aber Wut und Ärger. Totale Enttäuschung über einen nicht erreichten Sieg, an den man fest geglaubt hat sieht anders aus. Die Mittel waren da, ebenso offenbar Gründe, warum diese nicht abgerufen werden konnten. Jogi Löw konnte mal wieder nichts schlüssig benennen, Hauptsache Finale. Nach 12 Jahren mal wieder. Immerhin. Vielleicht meldet sich Bernhard Peters nochmals zu Wort. Ab und wann braucht das Fan-Herz ein wenig Offenheit und Ehrlichkeit, keine lustlos dahergetragenen Dankes-Transparente in der Fankurve.
Auf alle Fälle freue ich mich auf die WM Qualifikation und die Marins dieser Welt. Etwas Unbeschwertheit kann einfach nur gut tun.
„Eine kleine Nachkritik – EM08 Schweiz - Österreich“
Uns Deutschen wird so einiges nachgesagt, zum Beispiel, dass wird gut „granteln“ können - auch bekannt als der „deutsche Miesepeter“. Nun gut, meine Wurzeln führen ebenso zurück an den Rhein wie an den Bosporus, aber ich berufe mich hiermit auf einer hervorragende Sozialisation in diesem unseren schönen Lande. Deshalb nehme ich dieses typisch deutsche Talent für mich in Anspruch.
Allerdings gibt es da etwas, dass wir Deutsche mittlerweile noch viel besser können, als jeden positiven Ansatz in Grund und Boden zu nörgeln: kreativ-alternative Analysen des internationalen (und natürlich des deutschen) Fußballs. Ja, was liegt also näher als diese hier genannten herausragenden Fähigkeiten miteinander zu kombinieren?
Wir sind im Finale!
Das deutsche Spiel bei dieser Europameisterschaft hatte durchaus seine Glanzpunkte. Die Druckphasen im Eröffnungsspiel gegen Polen hatten etwas Bestimmendes und erinnerten an Zeiten, in denen man genüsslich dem deutschen Spiel folgte und sich mit einem gewissen Stolz der Ehrfurcht anderer Teams (und Fans) sicher sein konnte. Ebenso ließen die Auftritte unserer Grimmschen Märchengestalten Schweinsteiger und Podolski gegen Portugal (und phasenweise gegen die Türkei) von großem Träumen. Ergebnis: Finale! Also alles richtig gemacht.
Warum eigentlich?
Bevor hier jetzt jemand auf den Gedanken kommen könnte ich würde jemanden loben wollen, gehe ich lieber zur berechtigten Kritik über. Das Spiel der deutschen Nationalmannschaft bei dieser Europameisterschaft hatte Höhen und Tiefen. Für meinen Teil habe ich natürlich mehr Tiefen gesehen. Vor allem die Tiefe des Raumes innerhalb der deutschen Abwehr, die zielstrebig und in einer unbekannten Häufigkeit durch die gegnerischen Mannschaften erkundet wurde.
So ist es der unbeschreiblichen Unlust des österreichischen Sturms zuzuschreiben, dass die unterhaltsamen Portugiesen im Viertelfinale auf ihren Angstgegner (Schweinsteiger) treffen durften. Ein fulminanter Freistoß des „Capitanos“ (wir Deutsche stehen einfach auf Leitfiguren) machen 90 Minuten krampfhaftes Gekicke inklusive der Vergabe der obligatorischen Hundertprozentigen durch den kommenden europäischen Superstar Mario Gomez („Wird das seine EM?“) vergessen.
Ohne den innewohnenden Kasten Bier oder sonstiger bewusstseinsverändernder Substanzen musste der sich bei klarem Verstand befindliche Zuschauer jedoch leidvoll einsehen, dass die zuvor erlittene Niederlage gegen Kroatien nicht der Arroganz unserer Spieler geschuldet war. Noch mochte aber keiner finale Mutmaßungen anstellen. Spielerische Mängel oder doch ein mentales Problem? Immerhin hatte Jogi Löw das Problem erkannt, zumindest gibt er das unserer weiblichen Fußballkompetenz im Interview zu wissen. Was genau er da analysiert hat bleibt trotz hartnäckigem Fragen sein Geheimnis. Bernhard Peters war da freimütiger. Egal, Viertelfinale!
Portugal, go home!
Eigentlich hätten die Portugiesen es besser wissen müssen. Schon im bedeutungslosen Spiel um Platz drei anno 2006 hatte „Steinschweiger“ den Niedergang von Figo (der nicht auf dem Platz stand) und Co. (B-Elf) mehr oder minder selbst bestimmt. So ließen sie diesen Weltklassestürmer abermals schalten und walten und kassierten völlig gerecht eines der am schönsten herausgespielten Tore dieser EM. Die darauf folgenden Vorlagen des großen Irritators des portugiesischen Spiels mussten ebenso zwangsläufig zu Toren führen. Wer dem sicheren Torhüter Ricardo hier Fehler unterstellen möchte will doch nur von der Brillianz des deutschen Spiel ablenken – wie ungerecht. Ballacks spielentscheidender Schubser musste natürlich ungeahndet bleiben, bei einer solchen Vorlage. Erfreulicherweise dauert ein Fußballspiel in der Regel 90 Minuten und nicht 100. Sonst hätten sich die Portugiesen sicher noch ein paar Dinger gefangen, zu deutlich die deutsche Dominanz gegen Ende des Spiels. Glück für die Portugiesen – Halbfinale!
Hurra, wir sind wieder da...
Nachdem der hochgehandelte Mitfavorit frühzeitig an den Strand durfte ging es also gegen die ersatzgeschwächten Türken. Ersatzgeschwächt. Eigentlich war dieses Spiel schon vor dem Anpfiff entschieden worden – zumindest durch die deutschen Medien. Nach dem dominanten Auftreten gegen Portugal wäre alles andere als eine Abfertigung der frechen Türken eine Überraschung gewesen. Zeitgleich bemühte sich der deutsche Stab unermüdlich, die Türken stark zu reden. Was eigentlich überflüssig war. Wir verlieren keine Spiele, weil wir den Gegner unterschätzen, siehe Kroatien. Dass die Türken stark waren, wussten die Türken auch. Und so spielten sie auch. Sie bestimmten das Halbfinale und offenbarten unserer Elf was es heißt, mit Herz zu spielen. Zu dumm, dass die Türken ihr Glück in den vorangegangenen Spielen (in denen sie alles andere als überzeugend aufspielten) längst aufgebraucht hatten. Und dann war da noch Rüstü. Was habe ich in diesem Spiel gelitten. Nach dem Schlusspfiff war ich peinlich berührt. Aber was macht man als Deutscher in einer solchen Situation? Genau. Hauptsache Finale!
Auf, ab, auf, ab...
Ab. Falsch! Ja, leider. Nach dem Gesetz der Regel hätte unsere Nationalmannschaft die Spanier ins fußballerische Nirvana kicken müssen. Denn auf ein schlechtes Spiel folgte doch stets ein gutes. Moment: Polen (gut), Kroatien (miserabel), Österreich (...äh), Portugal (gut), Türkei (wie Kroatien nur mit mehr Toren). Diese Serie ist also doch nicht so konstant gewesen, wie man uns medial eintrichtern wollte. Aber irgendwo muss man ja seine Zuversicht gewinnen. Wenn schon nicht durch Konstanz, dann durch Schicksal. Ohne langes Gefasel - 0:1. Verdient verloren. Warum schreibe ich nicht, dass die Spanier verdient gewonnen haben? Weil ich so schlecht gönnen kann. Wie wir alle, eigentlich. Mal im Ernst, den meisten von uns wäre es doch unendlich egal gewesen, wenn wir in der 88. und 92. Minute per Standards das Spiel gedreht und Europameister geworden wären. Passstafetten hin oder her, was zählt ist das Ergebnis. So spielen wir und vor allem denken wir so. Siehe die vorigen Spiele und deren Analysen. Hauptsache Hauptsache.
Breaking News: Mit 1,5 guten Spielen wird man nicht Europameister
Das Sommermärchen ist tot – endlich! Was 2006 noch ein Land in einen nicht enden wollenden Freudentaumel versetze ist nun endgültig Geschichte. Gott sei Dank! Während die WM 2006 nachträglich zum Sommermärchen wurde, war die EM 2008 schon vorab durch und durch metaphorisiert und in Stein gemeißelt. Die Bergtour. Da gab es nichts schöpferisches mehr zu leisten, da wurde nach Erfüllung gerufen. Anstieg, Basislager, Gipfel. Der Gipfel der Leistungsbereitschaft war jedoch schon vor dem Finale erreicht. Und das merkte man unserer Mannschaft mindestens seit der ersten Minute des Halbfinale gegen die Türkei an. Wo war die Frische, die Freude am Spiel, das Draufgängertum, das Selbstbewusstsein? Alles war stets beim Gegner verortet. Mal ehrlich, die Mannschaft hat zu keinem Zeitpunkt wirklich ins Turnier gefunden. Ja, sie ist weiter gekommen, als manch ein schön daher spielender Mitfavorit (Hup Hup!), aber unter dem Strich hinterlässt mich die EM mit einem flauen Gefühl. Wir haben nicht gut gespielt – meistens sogar schlecht. Furchtbare Abspielfehler, stellenweise nicht nachvollziehbare Ideenlosigkeit und zahllose technische Unzulänglichkeiten, die sich gegen Ende des Turniers sogar noch häuften.
Der Fisch stinkt...
Eine Einzelanalyse der Spieler wäre nun angebracht, aber das erspare ich mir und übe lieber Fundamentalkritik. Unsere Mannschaft hat zu viele Schwachstellen. Die Abwehr ist kein Bollwerk und alles andere als ein sicherer Rückhalt. Zu pomadig, zu lethargisch und seit neustem auch ziemlich „Lahm“. Wenn die eigenen Abwehrspieler im gegnerischen Strafraum zum Matchwinner werden, dann sagt das auch Vieles über die Qualität der Offensive. Gerade der Sturm bewies erschreckende Gefahrlosigkeit. Kein Zug zum Tor und mangelhafte Chancenverwertung gepaart mit der Fähigkeit, den Ball niemals länger als eine halbe Sekunde halten zu können. Was dann mitunter aussah wie im Flipperautomaten. Ball nach vorne, zack zurück.
Da mag dann auch kein „Capitano“ das Ruder rumzureißen, was ja ausgiebig gefordert wurde. Ballack muss es richten. Ballack ist der entscheidende Mann auf dem Platz. Ballack wird bestimmen, ob es für den Titel reicht. Was Netzer und Delling nie müde wurden einzufordern ist dann scheinbar auch bei der Mannschaft angekommen. Am Ende heißt es dann Ballack gegen Spanien 0:1. Irgendwie auch unfair, so ein 1 gegen 11.
Ich glaube nicht, dass unserer Nationalmannschaft die fußballerischen Mittel fehlten . Zumindest hat sie oft genug bewiesen, dass sie diese besitzt und gepaart mit den „deutschen Tugenden“ auch spielerisch stärkere Teams bezwingen kann. Die deutsche Mannschaft, das „Chamäleon“ der Europameisterschaft, schreibt die internationale Presse. Angenommen hat die Mannschaft scheinbar auch Schwächen, die einst Stärken waren. Die Mannschaft hat ein mentales Problem. Wenn sie auf dem Platz stand und verlor oder schlecht aussah, dann weil die Einstellung aus unerklärlichen Gründen oft nicht passte. Was Tage zuvor noch funktionierte war plötzlich schwer wie Blei. Absolute Willenskraft beginnt im Kopf und zeigt sich dann auf dem Platz. Jeder für jeden. Unbedingt. Das habe ich im Finale nicht gesehen. In den Augen der Spieler habe ich nach dem Spiel natürlich Enttäuschung entdecken können, vielmehr aber Wut und Ärger. Totale Enttäuschung über einen nicht erreichten Sieg, an den man fest geglaubt hat sieht anders aus. Die Mittel waren da, ebenso offenbar Gründe, warum diese nicht abgerufen werden konnten. Jogi Löw konnte mal wieder nichts schlüssig benennen, Hauptsache Finale. Nach 12 Jahren mal wieder. Immerhin. Vielleicht meldet sich Bernhard Peters nochmals zu Wort. Ab und wann braucht das Fan-Herz ein wenig Offenheit und Ehrlichkeit, keine lustlos dahergetragenen Dankes-Transparente in der Fankurve.
Auf alle Fälle freue ich mich auf die WM Qualifikation und die Marins dieser Welt. Etwas Unbeschwertheit kann einfach nur gut tun.