Kritik an mangelhaftem Datenschutz in allen Ehren, aber nimmt die Diskussion nicht langsam schon hysterische Züge an und die Fakten bleiben (wie so oft bei hysterischen Diskussionen) außen vor? Was ist denn definitiv belegt? Was wissen wir? Microsoft kann man ganz sicher eine mangelhafte Kommunikation/Öffentlichkeitsarbeit vorwerfen. Microsoft kann man ganz sicher vorwerfen, per Default (bei Expressinstallation) viele Datenfunktionen freizuschalten. Dieser Kritik schließe ich mich an. Einer hysterischen Diskussion, in der er es sogar schon darin gipfelt, Microsoft liest und speichert die gesamte lokale Festplatte, schließe ich mich ganz sicher nicht an. Wäre das der Fall und es packt nur ein verärgerter Ex-Mitarbeiter aus, könnten sie den Laden abschließen.
Übrigens, nicht alle gesammelten Daten sind zum Nachteil der Anwender. Wenn anonym Fehlerprotokolle gespeichert und ausgewertet werden, dann halte ich das für eine gute Sache. Wenn anonym aufgezeichnet wird, wie oft diese und jene Funktion von Windows genutzt wird (oder auch nicht), dann halte ich auch das für eine gute Sache. Alleine darin sehe ich noch keine Verletzung meiner Privatsphäre. Selbst die Werbe-ID ist prinzipiell harmlos. So lange sie aktiv ist kann man meinen PC zwar zuordnen und mir entsprechende Werbung in den teilnehmenden Apps anzeigen, allerdings ist auch diese anonym und kann jederzeit zurückgesetzt/ausgeschaltet werden.
Cortana ist eine Sache für sich. Eigentlich die größte Neuerung, was die Datensammelei angeht. Aber selbst hier muß man fairerweise sagen, daß es ohne nicht funktionieren würde. Ein Sprachassistent muß auf persönliche Daten zugreifen können, ansonsten ergibt das keinen Sinn. Will man das nicht und will/kann man auf die Funktionalität verzichten, dann schaltet man ihn einfach aus bzw. gar nicht erst an, denn Cortana ist per Default nicht an.
Ich will jetzt nicht auf jedes Detail eingehen, denn das würde den Rahmen hier sprengen, aber so wie ich die Diskussionen in diversen Medien und Foren in den letzten Tagen/Wochen verfolgt habe, wird so einiges durcheinander gewürfelt, kräftig gemischt und dann wieder ausgeschüttet.
Was wissen wir?
- Microsoft hat im Zweifel Zugriff auf die Cloud und dort gespeicherten Daten: Ja, das ist aber so gut wie bei jedem Cloud-Dienst der Fall. Will ich das nicht, speichere ich dort nichts. Oder zumindest nichts, was privat oder geschäftlich relevant ist. Sollte aber jedem generell klar sein, der solche Dienste nutzt.
- Cortana lernt, in dem "sie" meine Verhalten und meine Daten auswertet: Ja, dazu muß ich "sie" aber einschalten. Man wird vorher gefragt.
- Telemetrie-Daten werden erhoben: Ja, in welchem Detailgrad das passiert kann aber eingestellt werden. Hier muß Microsoft allerdings aufklären, welche Daten genau bei welchem Detailgrad erhoben werden. Generell verteufeln sollte man eine solche Vorgehensweise aber nicht, denn sie kann auch nützlich für den Anwender sein.
- Fehlerprotokolle werden abgefragt, was ich (wenn anonymisiert) eher nützlich als schädlich bewerte.
- Microsoft überwacht mich, denn das sieht man ja an den Datenschutzeinstellungen: Eben, jetzt sind sie offensichtlich, springen einen förmlich ins Auge, und man kann den größten Teil davon deaktivieren. Vorher war das nur über Umwege erreichbar bzw. überhaupt erst gar nicht klar ersichtlich. Das sehe ich sogar als einen Fortschritt an.
- Microsoft sieht wann ich online bin oder nicht: Klar, jeder Online-Dienst sieht das und protokoliert es. Sogar dieses Forum.
. Microsoft "funkt" immer wieder nach Hause: Ja, mal werden System-Updates gesucht, mal im Store nach Updates, mal die Microsoft-Kacheln aktualisiert etc.. Nicht jede "Funkverbindung" ist gleich böse.
- Microsoft erklärt keine Updates mehr: Hier ändert sich nichts am Vorgehen. Dieses Gerücht basiert auf einem Übersetzungsfehler bzw. Verständnisfehler. Kleinere Updates wurden inhaltlich noch nie erklärt (das konnte man aber schon immer kritisieren), und bei größeren werden sie es machen. Sogar mehr und ausführlicher als früher. Etwas anderes hat Microsoft nämlich nicht verkündet. Einer hat es falsch verstanden, und nun schreibt jeder von jedem ab und man liest es überall. Das ist aber einfach falsch.
- Updates können nicht mehr verhindert werden: Das stimmt, jedenfalls auf Home bezogen. Darüber kann man trefflich streiten. Das hat Vor- und Nachteile. Das ist ein Thema für sich.
Die Diskussion sollte langsam mal wieder auf den Boden zurückkehren und versachlicht werden. An einigen Stellen ist sicherlich Kritik angebracht, aber die Hysterie stimmt mich doch arg nachdenklich (auch auf viele andere Dinge im Leben bezogen). Datenschutz an sich ist ganz sicher ein wichtiges Thema, darum geht es mir hier nicht und stellt ein eigenes Thema dar, aber die Prioritäten und die Hysterie (bezogen auf Microsoft) sind doch arg seltsam. Hauptproblem von NSA & Co. waren und sind doch nicht primär die Betriebssysteme, sondern die Leitungen, die Wege, die Knotenpunkte. Dort klinken sie sich primär ein. Dabei ist es völlig egal, ob nun jemand an einem Microsoft, Apple oder Linux hängt. Das haben immer noch viele Menschen nicht kapiert.
Und wer tatsächlich garantiert gar nicht erfasst werden möchte, also auch nicht von Werbefirmen, hier meine Tipps:
- PC sofort vom Netz trennen.
- Konsole sofort vom Netz trennen.
- Bankkarte/Kreditkarte/Konto kündigen. Nur noch Bargeld verwenden.
- Wohnung kündigen und illegal eine Behausung suchen. Nie, nie, nie irgendwo behördlich anmelden.
- Telefon/Handy/Smartphone vernichten.
- An keinem Preisausschreiben teilnehmen.
- Rabattkarten ins Feuer werfen.
- Nie verreisen.
- Gesichtsmaske im öffentlichen Raum tragen.
Das alles kann man kritisch sehen, sollte man auch, aber der Shit-Storm und die Unsachlichkeit gegenüber Microsoft bei dem Thema mutet seltsam an. Das ist echt das kleinere Übel im Getriebe und wird enorm aufgebauscht, warum auch immer. Sie scheinen zumindest schlechte Berater zu haben, denn sonst hätten sie die Datenschutzeinstellungen gar nicht erst so offensichtlich eingebaut und (weiterhin) schön versteckt/verteilt.