So, nun habe ich Horizon Zero Dawn auch durch und kann besser mitreden als nur anhand von Youtube Videos. Spoiler inklusive.
Vorwort:
Ich wünschte, ich hätte nicht erst nach der Hälfte des Spieles bemerkt, dass man das Inventar erweitern kann. Warum haben Füchse eine so miese Droprate für ihre Haut und kann mir bitte mal jemand sagen, wie man die Quest in der Mitte von Meridian annimmt? Da ist ein grünes Ausrufezeichen, aber ich such mir da den Wolf und finde nichts.
Grafik:
Dazu gibt es nicht viel zu sagen, Grafik kann Guerilla Games. Das Spiel sieht wirklich grandios aus, auch auf der alten PS4.
Die Bewegungen von Aloy sehen einfach nur toll aus, selten habe ich das so realistisch gesehen.
Sound/Synchro:
Beim Sound gibt es nichts zu meckern, wirkt alles recht stimmig und gut inszeniert. Die Synchronsprecher machen ihren Job ebenfalls gut. Die Stimmen passen, da ist keine Fehlbesetzung bei. Die Lippensynchro der NPC (bei Aloy geht es meist noch) ist aber echt schlecht und liegt teilweise richtig stark daneben.
Technik:
Es hat mich beeindruckt, dass es sogar, von Videos und größeren Städten abgesehen, auf meiner alten PS4 weitestgehend ruckelfrei lief. Das habe ich so nicht erwartet.
KI:
Nobelpreisverdächtig sind die menschlichen Mobs nun wirklich nicht. Deckung suchen oder Flankieren scheinen sie nicht zu kennen, dumm Rumstehen und sich abknallen lassen, teilweise auch noch ohne Alarm zu schlagen, dafür umso besser. Eine ganz billige Taktik: Einfach in einem Lager/Posten was auch immer durchlaufen, bis man sich irgendwo verkriechen kann. Die kommen dann nach und nach und lassen sich schön im Nahkampf niederknüppeln. Bei den Maschinen passt die KI soweit, wobei ich es auch ein paar mal hatte, dass Maschinen mitten im Kampf einfach auf Status gelb wechselten und wieder an ihren Urpsrungsort gingen.
Fehler/Bugs:
Neben kleineren (Schönheits)Fehlern wie Festhängen, halb im Boden steckenden und rumtanzenden toten Mobs, wehender Behaarung in Gebäuden, noclip Fauna oder erst nach mehreren Anläufen lootbaren items, haben mich eigentlich nur 2 Momente geärgert:
Bei der Quest mit dem Metallring musste ich während des Kampfes mit dem großen Verderber mal kurz aus dem Lager zum Hochheilen und Zack, es kam sofort das Video vom Erfolg.
Kein Kampf mit dem Verderber (der noch fast volle HP hatte), kein Kampf mit den anderen Mobs und keine XP. Sehr schade.
Als ich die große Maschine im Steinbruch erledigt habe, bin ich zu Tode gefallen. Die Maschine war dann immer noch tot, der Loot aber komplett weg. Und das nach dem langen Kampf /;
Sonst läuft das Spiel aber sehr sauber, ich hatte z.B. keinen einzigen Absturz oder verbuggte Quests.
Nebenbeschäftigungen:
Genredurchschnitt, nicht mehr und nicht weniger. Nebenquest-Perlen wie man sie teilweise in The Witcher oder Fallout findet, sucht man hier vergeblich. Die in open world Spielen obligatorischen Sammel-, Entdeckungs-, und Herausforderungsorgien habe ich mir komplett erspart, kennt man ja schon zu Genüge aus Far Cry, Tomb Raider und Co.
Gameplay:
Nichts besonderes, aber auch keine Schnitzer. Schleichen, Crafting, Sprungrolle, Bogenschuss, Nahkampfschlag, Fallen, Rumgekletter, Lagerfeuer-Savegames + Schnellreise und Spurensuchen/Detektivmodus hat man so nun auch schon in zig anderen Spielen gesehen.
Sonstiges:
Etwas schade fand ich, dass man auf viele der Waffen und die Fallen gar nicht angewiesen war. Ich habe das Spiel problemlos nur mit 3 Bögen sowie Nahkampfattacken bewältigt. Hauptgrund hierfür ist, dass Aloy über unbegrenzte Ausdauer verfügt und den Gegnern nach Belieben Ausweichen kann. Wofür also am Boden festmachen oder mit Fallen Betäuben? Bei den Tränken das gleiche, da habe ich nur die HP Tränke gebraucht.
Keine Ahnung, ob man auf schwer oder sehr schwer auf all das angewiesen ist, aber der Casualspieler auf Leicht oder Normal braucht es nicht.
Das Skillsystem mochte ich, da es nicht so überladen war und auch nicht auf die üblichen +HP +Damage etc. gesetzt hat.
Ebenfalls löblich waren die Beutesäcke, die einem viel Sammelarbeit erspart haben. Gerade Fleisch sammeln fand ich etwas nervig, da man fast zwngsläufig auch immer Maschinen mitmachen musste. Danke der Säcke musste ich das aber kaum.
Das Wegfindungssystem fand ich persönlich so dermaßen nervig, dass ich nach ein paar Stunden nur noch per Karte navigiert habe. Diese ständigen abrupten Richtungswechsel des Wegweiseers waren nicht mein Fall und oftmals sind die Strecken auch viel weiter als Querfeldein. Einmal wollte er mich Kilometer rumschicken, dabei musste ich nur einen kleinen Abhang hinunter. Ich weiß zwar, was sich die Entwickler dabei gedacht haben, aber da ist mir das statische Zielsymbol einfach viel lieber. Gut gefallen hat es mir dagegen in Städten, auch dass man z.B. in Meridian nach Markierung die Händler leicht gefunden hat und dass gleich auf der Map stand, was sie verkaufen.
Bei den Mounts nervt dieser Autopilot-Verschnitt beim Halten der X Taste. Warum laufen die nicht einfach geradeaus? So komme ich mir vor, als steuere ich einen schwammigen Amischlitten.
Vorbildlich war die Länge des Spieles, da können sich andere eine Scheibe von abschneiden.
Die Indormissionen habe ich regelrecht gehasst. Stockduster, hässlich, verworren und x-mal in irgendwelche Abgründe gesegelt. Die hätte man auch perfekt in Alien Isolation oder Das Ding einbauen können. Aus diesem Grund habe ich es auch bei einer Brutstätte belassen und war bei jeder indoor Story Mission mehr als froh, wenn sie endlich vorbei war.
Das Crafting Schnellmenü ist echt komfortabel, sodass man auch mitten im Kampf bequem Munition basteln kann ohne ins Menü zu müssen.
Die Auswahldialoge in den Gesprächen scheinen mir mehr schmuckes Beiwerk zu sein. Man kann ein wenig mehr Informationen erhalten oder ist nett/gemein, echten Einfluss auf das Spiel oder das Ende konnte ich nicht erkennen.
Story:
Die Kernfrage des Spieles ist: "Was hat es mit den Maschinen auf sich?". Bis das endlich mal Fahrt aufnimmt, plätschert das Spiel nur so vor sich hin und hebt sich dabei in keiner Weise von anderen Genrevertretern ab. Irgendwann gegen Ende kommt dann endlich Schwung in die Geschichte und man kriegt alles erzählt. Einiges konnte man sich allerdings schon denken, als man nach 3/4 des Spieles das erste mal vom Projekt Zero Dawn erfährt.
Im Großen und ganzen aber eine ganz gute Geschichte. Hier ist man zum Glück nicht komplett auf den Zug zahlloser Apokalypse/Endzeit Storys aufgesprungen, sondern hat es etwas abgewandelt und statt weniger Überlebender, die gegen die Ausrottung kämpfen, die Ausrottung vollzogen und lässt die Menschen erst nach einem Neuanfang dagegen ankämpfen.
Charaktere:
Mein größtes Problem mit dem Spiel. Während ich z.B. bei The Witcher oder Heavy Rain bei den meisten Charakteren sofort mit gefiebert habe, kamen bei Horizon einfach keinerlei Emotionen, Empathie oder Sympathien hoch. Die NPC waren für mich einfach nur belanglos und werden mir sicher nicht in Erinnerung bleiben. Gerade zu Beginn des Spieles, wo es wichtig gewesen wäre, Charaktere einzuführen, sterben sie wie die Fliegen. Dabei hatte z.B. ihr Widersacher bei der Prüfung echtes Sidekick Potential, auch den Vater hat man zu früh begraben.
Aloy selber würde ich von der Gefühlsebene am ehesten mit Lara Croft vergleichen. Sie wirkt etwas kühl und gibt mir einfach nichts. Kein Vergleich zu Lee/Clementine, einem Ethan Mars, Max Payne oder Geralt, wo ich von Anfang an voll gefesselt war und gehofft habe, mit gezittert habe und auch traurig war.
Fazit:
Das Gesamtpaket ist gut, da wurde viel Herzblut ins Spiel gesteckt. Das Spiel bietet letzten Endes aber auch nichts neues, alles hat man irgendwo schonmal gesehen.
Ich persönlich hätte dem Spiel wohl eine 84 gegeben und glaube, dass es als Multiplattformer auch in etwa dort gelandet wäre. Ich hatte auf alle Fälle meinen Spaß mit dem Spiel, kann aber nicht sagen, dass es mich in der Summe besser unterhalten hätte als z.B. ein Far Cry Primal, Tomb Raider, Mad Max oder andere open world Spiele. An The Witcher kommt es für mich keinesfalls ran, das ist einfach eine andere Liga, auch gerade was das Zwischenmenschliche anbelangt.
Insgesamt ein gelungener Genrewechsel von Guerilla Games und definitiv der richtige Schritt, das letzte Killzone war nämlich eine Enttäuschung.