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FDP-Wahlprog. Was bedeutet das?

RobZombie

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Guten Tag allerseits. Ich habe mir heute das Wahlprogramm der FDP angeschaut und möchte fragen was das hier bedeutet?

GESUNDHEIT: Weitgehende Privatisierung des Gesundheitssystems mit mehr Wettbewerb: Leistungsgerechtes Prämiensystem mit Pflicht zur Versicherung. Der soziale Ausgleich soll über die Steuer erfolgen.

Vielen großen Dank!

MFG Zombie
 
RobZombie am 16.05.2009 16:03 schrieb:
Guten Tag allerseits. Ich habe mir heute das Wahlprogramm der FDP angeschaut und möchte fragen was das hier bedeutet?

GESUNDHEIT: Weitgehende Privatisierung des Gesundheitssystems mit mehr Wettbewerb: Leistungsgerechtes Prämiensystem mit Pflicht zur Versicherung. Der soziale Ausgleich soll über die Steuer erfolgen.

Vielen großen Dank!

MFG Zombie
Das heißt wohl, dass es wenig bis keine subventionen für Krankenhäuser und Gesundheitsvorsorge geben soll und das Ärzte entsprechend ihrer Ausbildung vergütet werden sollen und das wohl jeder krankenversichert werden soll. Für sozial Schwache soll es dann wohl einen Ausgleich geben der über Steuern bezahlt werden soll (Umverteilung).
Folge: Auf dem Land wird es dann ganz schön mies aussehen mit Ärzten und Krankenhäusern weil die sich dann wohl u. U.nicht mehr halten können.
 
Es ist klar, das es nicht so weitergehen kann, wie es derzeit ist. 15,5% vom (Brutto)lohn als Beitrag sind ein schlechter Witz.
In der Regel zahlen Privatversicherte weniger und bekommen dafür mehr. Die Ärzte mögen die Privatversicherten auch lieber, weil sie ebenfalls mehr bekommen.
Die Zweiteilung des Gesundheitssystems macht das Ganze immer teurer und ungerechter.

Wenn es nur noch eine "Art" von Krankenversicherten gibt... die staatlich Versicherten oder die privat Versicherten?
Eine staatliche Versicherung hat Nachteile, die Versicherten MÜSSEN bezahlen, und schrecken deshalb vor keinem Arztbesuch zurück. Mal schnell mit dem Schnupfen krankschreiben lassen, jedes Medikament mitnehmen, nutzlose Operationen, ein Rundum-Sorglos-Paket.
Die Ärzte bekommen zum Ausgleich immer weniger Geld pro Untersuchung festgesetzt, weshalb sie irgendwann Kassenpatienten nicht mehr kostendeckend behandeln können. Im Gegensatz zu Privatpatienten, die eine Rechnung wie vom Handwerker bekommen und dann selber sehen müssen, wie sie die bezahlen.
Die Kosten sind exorbitant, merkt aber keiner, die werden ja direkt vom Bruttolohn abgezogen. Wer 2000 Euro Netto bekommt hat schon 400 Euro Krankenkassenbeitrag gezahlt.

Privat Versicherte haben direkteren Einfluss auf die Versorgung. Können Selbstbeteiligungen festlegen, Homöopathie ausschließen und sich (über höhere Beiträge natürlich) auch höherwertigen Zahnersatz sichern.
Die Versicherungen sind dann mit eigener Kalkulation für die Beiträge zuständig, und es gibt kein "Hoppla, war paar Millarden teurer, gib mal Steuergelder".

Bei völlig privaten Krankenversicherungen würden sich natürlich Risikogruppen, Alte, Arbeitslose keine auf ihre Risiken angepasste Versicherung leisten können. Deshalb muss man sich irgendwas ausdenken.
Der steuerfinanzierte Ausgleich könnte so etwas sein wie dass 10% der frei gewählten Beitragshöhe zur Finanzierung der Grundversorgung abgehen. Wer 500€ im Monat für 100% Kostenübernahme bei Goldzähnen zahlt, zahlt also dazu noch 50€ für die Plastikzähne eines Mittellosen.

Ob das dass ist was die FDP meint hoffe ich allerdings nur.
 
Danke für die sehr ausführlichen Antworten!!!
 
also ich interpretier das mal so:
RobZombie am 16.05.2009 16:03 schrieb:
GESUNDHEIT: Weitgehende Privatisierung des Gesundheitssystems mit mehr Wettbewerb:

=staatliche unterstützte medizinische einrichtungen (z.b. viele große kliniken, uni-kliniken sowieso,..) sollen abgeschafft/in private hand gegeben werden. unterstützungen gibt es in zukunft nicht mehr, die einrichtungen sollen sich gegenseitig unter konkurrenzdruck setzen was bei der fdp wohl gleichbeduetend mit preisdruck setzten - dumping im krankenhaus.

Leistungsgerechtes Prämiensystem mit Pflicht zur Versicherung.

=jeder muss sich versichern, die prämien, die er zahlt, hängen ausschließlich von den leistungen ab, die er bezieht. was wahlweise bedeutet, dass sich nur reiche eine gute versicherung = hochqualitative medizinische versorgung leisten können, oder/und (ich tippe auf und) dass leute mit risikofaktoren (=leute, die gute leistungen dringend nötig haben) deutlich höheren prämien zahlen müssen (sofern sie sich leisten können)

Der soziale Ausgleich soll über die Steuer erfolgen.

=es gibt innerhalb des gesundheitssystems kein element mehr, dass dafür sorgt, dass armen menschen der zugang zu teurer medizin in gleichem maße offen steht, wie reichen. (bislang finanzieren letztere über höhere beiträge erstere)
stattdessen wird entweder aus steuermitteln ein gewisser zuschuss für arme gezahlt oder der ausgleich erfolgt komplett außerhalb des gesundheitssystems z.b. durch allgemeine steuerliche erleichterungen für geringverdiener. (was in letzterem falle mit nicht-verdienern ist, beantwortet die fdp - oder die meinen ersteres)
 
Man muss aber nicht so tun, als würden Kliniken und Arztpraxen auf dem Land nicht aussterben, wenn das System so bleib wie es ist.

Ärzte machen mit Kassenpatienten keine Einnahmen mehr. Wenn man 12 Jahre studiert hat und dann einen Riesenkredit aufnimmt um eine Praxis zu eröffnen, kann man es keinem Arzt verdenken, dass er eine Innenstadtlage in West oder Süddeutschland vorzieht, wo vielleicht jeder Dritte ein Privatpatient ist, der für eine halbstündige Behandlung 200 Euro überweist.

Wenn das Gesundheitssystem wie auch immer einheitlich ist, dann wird jeder Patient dasselbe Geld bringen, und damit kann man auch auf dem Land eine rentable Praxis führen. Dann kommt es nur noch darauf an wieviele Patienten man bekommt und nicht welche Art von Patienten.

Schuld an der schlechteren Versorgung der Kassenpatienten sind nunmal die vorgeschriebenen Kosten, die eine bestimmte Leistung zu kosten hat.


Hier wäre eine marktwirtschaftliche Regelung sicher am Ende gerechter und für alle günstiger.
Bleibt halt die Frage wie Nichtverdiener da eingebunden werden, und wie die Kostendeckung für Adipöse, Alte und Behinderte aussehen soll.
 
Nope81 am 18.05.2009 00:33 schrieb:
Wenn das Gesundheitssystem wie auch immer einheitlich ist, dann wird jeder Patient dasselbe Geld bringen, und damit kann man auch auf dem Land eine rentable Praxis führen. Dann kommt es nur noch darauf an wieviele Patienten man bekommt und nicht welche Art von Patienten.

Schuld an der schlechteren Versorgung der Kassenpatienten sind nunmal die vorgeschriebenen Kosten, die eine bestimmte Leistung zu kosten hat.


Hier wäre eine marktwirtschaftliche Regelung sicher am Ende gerechter und für alle günstiger.


Eine marktwirtschaftliche Regelung ist nicht das gleiche wie eine einheitliche Regelung.
Und bei einer Dienstleistung, bei der Qualität eine entscheidende Rolle spielt, von den meisten Beteiligten aber nicht beurteilt werden kann, kann ein Markt auch nicht funktionieren.
 
Nope81 am 16.05.2009 21:35 schrieb:
Es ist klar, das es nicht so weitergehen kann, wie es derzeit ist. 15,5% vom (Brutto)lohn als Beitrag sind ein schlechter Witz.
In der Regel zahlen Privatversicherte weniger und bekommen dafür mehr. Die Ärzte mögen die Privatversicherten auch lieber, weil sie ebenfalls mehr bekommen.
Die Zweiteilung des Gesundheitssystems macht das Ganze immer teurer und ungerechter.

............

Und wenn man das Übel endlich an der Wurzel packen würde und hunderte parallel existierender öffentlicher und privater Krankenkassen mit ebenso vielen Vorständen, Zweigstellenfürsten und Krankenkassen-Tempeln endlich abschaffen und eine einzige zentralisierte Krankenkasse (mir egal ob privat oder öffentlich) aufbauen würde, wäre den Beitragszahlern schon mal sehr geholfen. Vor allem weil, so lange auch nur noch bspw. 2 Krankenkassen existieren, immer eine Ungleichstellung der Patienten gegeben sein wird.

Statt dessen wird immer wieder nur an den Folgen herumlaboriert.
Bei sozialen Einrichtungen geht Konkurrenzkampf und Renditedenken generell auf Kosten des Versicherten, Beitragszahlers und vor allem des Bedürftigen.
Das sieht man bei allen Ressorts mit nicht leistungsspezifisch zu deklarierenden Angeboten wie Grundversorgung, Bildung, Verkehr, Forschung und Entwicklung, öffentliche Sicherheit und natürlich ebenso Gesundheitswesen.
 
ruyven_macaran am 18.05.2009 01:03 schrieb:
Eine marktwirtschaftliche Regelung ist nicht das gleiche wie eine einheitliche Regelung.
Und bei einer Dienstleistung, bei der Qualität eine entscheidende Rolle spielt, von den meisten Beteiligten aber nicht beurteilt werden kann, kann ein Markt auch nicht funktionieren.


Eine staatliche, einheitliche Lösung wird aber nicht funktionieren.
Dann müssten irgendwelche Leute allgemeingültige Preise bestimmen, und allgemeingültige Behandlungsmethoden.

Als Patient möchte ich aber Kunde sein, ich will Einfluss darauf nehmen, ob ich auf traditionelle Weise operiert werden möchte oder minimalinvasiv, ob ich Keramikzähne bekommen will oder Kunsstoff, ob ich eine Brille bekomme oder Kontaktlinsen oder eine Lasik. Mit allen damit verbundenen Kosten und Risiken.

Man kann nicht allen Menschen die "beste" Behandlung angedeihen lassen für 50 Euro im Monat. Ich bin nicht bereit ein Viertel meines Geldes dafür zu bezahlen, dass jeder unsinnige Behandlungen oder Medikamente geschenkt bekommt und Blaumachtage bezahlt bekommt.

Wenn es einen Markt gibt für die Versicherungen, kann jeder seine Kosten senken mit gesunder Lebensweise, Selbstbeteiligungen und vielleicht Lohnfortzahlung erst ab dem dritten Krankentag. Nicht umsonst haben Selbstständige mit enormem Abstand die wenigsten Krankentage. Nieman muss sich für zwei Tage krankschreiben lassen oder wegen einem Schnupfen Antibiotika schlucken.


Fanator-II-701 am 18.05.2009 07:32 schrieb:
Und wenn man das Übel endlich an der Wurzel packen würde und hunderte parallel existierender öffentlicher und privater Krankenkassen mit ebenso vielen Vorständen, Zweigstellenfürsten und Krankenkassen-Tempeln endlich abschaffen und eine einzige zentralisierte Krankenkasse (mir egal ob privat oder öffentlich) aufbauen würde, wäre den Beitragszahlern schon mal sehr geholfen. Vor allem weil, so lange auch nur noch bspw. 2 Krankenkassen existieren, immer eine Ungleichstellung der Patienten gegeben sein wird.

Eine oder zwei Kassen würden eben nicht reichen. Es gibt so viele verschiedene Ansprüche, die ein Patient stellt. Manche würden eben gern ein Einzelzimmer haben im Krankenhaus, anderen wäre das keinen Cent wert.
Manche wollen ihre homoöpathischen Wunderwässerchen bazahlt bekommen, für andere ist das Leitungswasser.
Zur Zeit werden Patienten verschiedener privater Krankenkassen ja nicht unterschiedlich behandelt, sie zahlen ja alle. Nur was sie nachdem sie es selbst bezahlt haben wieder zurückbekommen ist je nach Versicherung unterschiedlich, aber dann Privatsache.

Mit einem klaren gesetzlichen Rahmen wären private Krankenkassen das Beste für alle.
Aufgeblähte Apperate, uneffiziente Verwaltungen und immer die Sicherheit, dass der Staat bei Fehlern aushilft können sich private Versicherungen nicht erlauben.

Der Wettbewerb selbst würde die Krankenhäuser und Ärzte garnicht mehr treffen müssen, die könnten sich um Qualität kümmern, um mehr Patienten zu haben. Die Rechnungen reichen die Patienten dann an ihre Krankenkassen weiter.
Das ist Marktwirtschaft.
Der Staat kümmert sich mit Gesetzen für Höchstgrenzen der Beiträge und Mindestforderungen der Leistungen um die Gerechtigkeit und macht daraus eine soziale Marktwirtschaft.
 
Nope81 am 16.05.2009 21:35 schrieb:
In der Regel zahlen Privatversicherte weniger und bekommen dafür mehr.
Also das ist absoluter Käse. Es mag vllt. sein, dass du in jungen Jahren ein recht niedrigen Betrag für die private KV zahlen musst, aber umso älter du wirst, umso teurer wird es.

Und es wird richtig teuer.

Denn im Gegensatz zu der gesetzlichen KK können die PK die Beitrage 'fast' nach belieben erhöhen, im Moment zahlt man seine fixen 15,5% vom Bruttolohn, dass war es dann aber auch. Die KK kann die Beiträge jetzt nicht einfach so weiter erhöhen, die PK hingegen schon ... und das massiv.

Ich bin privat Krankenversichert, wenn ich mir anschaue, was ich 'früher' bezahlt habe und was ich jetzt bezahle, da kann eine Person gut und gerne einen Monat von leben. ;)
 
Nope81 am 18.05.2009 08:23 schrieb:
Fanator-II-701 am 18.05.2009 07:32 schrieb:
Und wenn man das Übel endlich an der Wurzel packen würde und hunderte parallel existierender öffentlicher und privater Krankenkassen mit ebenso vielen Vorständen, Zweigstellenfürsten und Krankenkassen-Tempeln endlich abschaffen und eine einzige zentralisierte Krankenkasse (mir egal ob privat oder öffentlich) aufbauen würde, wäre den Beitragszahlern schon mal sehr geholfen. Vor allem weil, so lange auch nur noch bspw. 2 Krankenkassen existieren, immer eine Ungleichstellung der Patienten gegeben sein wird.

Eine oder zwei Kassen würden eben nicht reichen. Es gibt so viele verschiedene Ansprüche, die ein Patient stellt. Manche würden eben gern ein Einzelzimmer haben im Krankenhaus, anderen wäre das keinen Cent wert.
Manche wollen ihre homoöpathischen Wunderwässerchen bazahlt bekommen, für andere ist das Leitungswasser. ....

Dein erster Satz hat keinerlei Bezug zu den darauf folgenden. Viele verschiedene Ansprüche können genauso gut von einer einzigen KK abgedeckt werden. Macht zwar einen etwas erhöhten Verwaltungsaufwand aus, jedoch noch lange keinen so großen, wie bei hunderten Verwaltungen.


Nope81 am 18.05.2009 08:23 schrieb:
Zur Zeit werden Patienten verschiedener privater Krankenkassen ja nicht unterschiedlich behandelt, sie zahlen ja alle. Nur was sie nachdem sie es selbst bezahlt haben wieder zurückbekommen ist je nach Versicherung unterschiedlich, aber dann Privatsache.

Sorry, aber das ist ein Gerücht.
Das kommt auf die Tarifierung, den Patienten, seine Anamnese, seine Angehörigen und sein Leiden an...

Nope81 am 18.05.2009 08:23 schrieb:
Der Wettbewerb selbst würde die Krankenhäuser und Ärzte garnicht mehr treffen müssen, die könnten sich um Qualität kümmern, um mehr Patienten zu haben. Die Rechnungen reichen die Patienten dann an ihre Krankenkassen weiter.
Das ist Marktwirtschaft.
Der Staat kümmert sich mit Gesetzen für Höchstgrenzen der Beiträge und Mindestforderungen der Leistungen um die Gerechtigkeit und macht daraus eine soziale Marktwirtschaft.

Das wäre ja schön, wenn das so funktionieren würde. Tut es leider nicht und das könntest du dir selber ausrechnen, weil Krankenhäuser bestimmte Kriterien erfüllen müssen.
Nehmen wir mal den konkreten Fall: Das KH bekommt aufgrund seiner hohen Qualität immer mehr Patienten. Ab einem bestimmten Punkt (Einzugsbereich, Kapazität, Auslastung) müssten zwangsläufig, um die Wirtschaftlichkeit zu erhalten, die Preise angezogen werden. Was meinst du, wo gespart wird, wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Höchstgrenzen erreicht sind? Ich sollte eher fragen, welche Umgehung gefunden würde um bei bereits erreichten Höchstsätzen die Rentabilität zu steigern und die Gewinne zu maximieren?
Wohin das führt sieht man ja bereits heute in s.g. Krankenhaus AG´s ... immer weniger und immer schlechter geschultes Personal muss immer größere Arbeitszeitspannen abdecken. Die Patienten werden immer früher in die Obhut ihrer völlig überlasteten Hausärzte überlassen. Pflege- und Versorgungspersonal wird "outgesourct" bis nur noch ein Grundskelett übrig ist, welches irgendwann zusammenklappt, weil die bereits unter Aufputschmitteln und Dauerstreß stehenden Ärzte und Schwestern, Fehler machen oder kollabieren, damit die Qualität sinkt und sich der marktwirtschaftliche Hund in den Schwanz beißt.
Und das hat nichts mit 2-Klassen-Versorgung zu tun, sondern ist ganz allein der marktorientierten Ausrichtung und dem Zwang für rentables, kostenminimierendes Handeln geschuldet.
So oft dieses Paradoxon auch bemüht wird, es gibt keine soziale Marktwirtschaft. Es gibt entweder Marktwirtschaft oder ein soziales Gefüge. Alles andere ist Augenwischerei.
 
Nope81 am 18.05.2009 08:23 schrieb:
Als Patient möchte ich aber Kunde sein, ich will Einfluss darauf nehmen, ob ich auf traditionelle Weise operiert werden möchte oder minimalinvasiv, ob ich Keramikzähne bekommen will oder Kunsstoff, ob ich eine Brille bekomme oder Kontaktlinsen oder eine Lasik. Mit allen damit verbundenen Kosten und Risiken.

Tja, wunderbare Warenwelt, wo man sich alles aussuchen darf und der Markt regelt das. Aber wenn man nicht mehr danach gehen kann, was man sich wünscht, sondern das, was man sich grade noch leisten kann, dann sieht das schon wieder anders aus.

Ich finde, der Markt hat bei grundlegenden Versorgungsleistungen nix zu suchen. Die müssen gewährleistet sein. Wer sich darüber hinaus (!) noch privat zusatzversichern will, soll das von mir aus dürfen. Aber zuerst müssen alle in die solidarische Versicherung, auch die Reichen, die ja bisher in einer Parallelwelt leben dürfen. Das ist natürlich nichts, was sich die FDP für ihre Klientel wünscht.
 
aph am 18.05.2009 10:59 schrieb:
Wer sich darüber hinaus (!) noch privat zusatzversichern will, soll das von mir aus dürfen. Aber zuerst müssen alle in die solidarische Versicherung, auch die Reichen, die ja bisher in einer Parallelwelt leben dürfen. Das ist natürlich nichts, was sich die FDP für ihre Klientel wünscht.

Das ist doch der Punkt.
Bei einer Versicherung für alle, wäre die Grundversicherung gesetzlich drin, alle würden über zum Beispiel eine Gesundheitssteuer, die auf den privaten Kassenbeiträgen liegt dazu beitragen und zwar bemessen nach dem eigenen Bedarf an Sicherheit und nach dem eigenen Risiko und den eigenen finanziellen Fähigkeiten, dach den drei Punkten würden sich ja die privaten Kassenbeiträge errechnen.
Das die private Krankenkasse im Alter teurer wird ist auch nicht uneingeschränkt richtig, durch langjährige Mitgliedschaft bildet man ja Rücklagen.


Fanator-II-701 am 18.05.2009 10:56 schrieb:
Und das hat nichts mit 2-Klassen-Versorgung zu tun, sondern ist ganz allein der marktorientierten Ausrichtung und dem Zwang für rentables, kostenminimierendes Handeln geschuldet.
So oft dieses Paradoxon auch bemüht wird, es gibt keine soziale Marktwirtschaft. Es gibt entweder Marktwirtschaft oder ein soziales Gefüge. Alles andere ist Augenwischerei.

Die schlechte Versorgung derzeit hat aber nichts mit marktwirtschaft zu tun. Das deutsche Gesundheitssystem ist längst nicht das Beste weltweit, nur das Teuerste.
Die engen gesetzlichen Regelungen sorgen für paradoxe Situationen. Es geht soweit, das ein Arzt 100 Patienten am Tag durchschleusen muss, weil die vorgeschriebenen Sätze für eine Beratung sonst seine Kosten nicht decken.
Kassenpatienten kriegen keine Tomographie, weil der Arzt nur 20 Stück im Monat abrechnen DARF und die sind halt nach 14 Tagen aufgebraucht. Jeder weitere Patient muss kostenlos tomographiert werden oder bis zum nächsten Monat warten.
Privatpatienten werden regelrecht geschröpft, weil es da keine Obergrenzen gibt. Ärzte schreiben Leistungen auf die Rechnung, die sie nie erbracht haben, nur um ihre Praxis rentabler zu machen, was die Kassenpatienten nie bringen werden.

Das System verhindert Qualität, belastet Ärzte und Patienten und ist trotzdem sauteuer.
Und das liegt nicht nur an der Konkurrenz zu den Privaten, sondern ist zu einem guten Teil standardmäßig eingebaut.
 
Nope81 am 18.05.2009 14:08 schrieb:
Bei einer Versicherung für alle, wäre die Grundversicherung gesetzlich drin, alle würden über zum Beispiel eine Gesundheitssteuer, die auf den privaten Kassenbeiträgen liegt dazu beitragen und zwar bemessen nach dem eigenen Bedarf an Sicherheit und nach dem eigenen Risiko und den eigenen finanziellen Fähigkeiten, dach den drei Punkten würden sich ja die privaten Kassenbeiträge errechnen.
Also wie jetzt - jeder versichert die eigenen Risiken, und dann wird munter umverteilt, damit alle wieder in etwa die gleichen Risiken tragen? Oder wie meinste das? Irgendwie scheint mir das nicht recht zusammen zu passen. Vielleicht kannst du es ja mal anhand einiger Beispiele erläutern - der Obdachlose, der junge Manager und der Familienvater.

Das die private Krankenkasse im Alter teurer wird ist auch nicht uneingeschränkt richtig, durch langjährige Mitgliedschaft bildet man ja Rücklagen.
Diese Rücklagen kannste vergessen. In einem normalen Leben erlebt man mindestens eine Krise, die solche Rücklagen vollständig auffrisst (so wie das derzeit passiert). Da ist das Umlageverfahren deutlich krisensicherer.
 
Nope81 am 18.05.2009 14:08 schrieb:
Die schlechte Versorgung derzeit hat aber nichts mit marktwirtschaft zu tun. Das deutsche Gesundheitssystem ist längst nicht das Beste weltweit, nur das Teuerste.
Die engen gesetzlichen Regelungen sorgen für paradoxe Situationen. Es geht soweit, das ein Arzt 100 Patienten am Tag durchschleusen muss, weil die vorgeschriebenen Sätze für eine Beratung sonst seine Kosten nicht decken.
Kassenpatienten kriegen keine Tomographie, weil der Arzt nur 20 Stück im Monat abrechnen DARF und die sind halt nach 14 Tagen aufgebraucht. Jeder weitere Patient muss kostenlos tomographiert werden oder bis zum nächsten Monat warten.
Privatpatienten werden regelrecht geschröpft, weil es da keine Obergrenzen gibt. Ärzte schreiben Leistungen auf die Rechnung, die sie nie erbracht haben, nur um ihre Praxis rentabler zu machen, was die Kassenpatienten nie bringen werden.

Das System verhindert Qualität, belastet Ärzte und Patienten und ist trotzdem sauteuer.
Und das liegt nicht nur an der Konkurrenz zu den Privaten, sondern ist zu einem guten Teil standardmäßig eingebaut.

Ja, dann sollten wir es einfach komplett umkrempeln. :)

Übrigens sind die meisten gesetzlichen Regelungen auf Sitzungen des Gesundheitsauschusses durchgekaut und dann durchgereicht worden. Gern und auf vielfachen Wunsch der Kassenvorstände der gKK sowie anderen "lauteren" Experten und Gutachtern, welche im Auftrag (von wem noch mal) handeln?
:schnarch:
 
aph am 18.05.2009 15:03 schrieb:
Irgendwie scheint mir das nicht recht zusammen zu passen. Vielleicht kannst du es ja mal anhand einiger Beispiele erläutern - der Obdachlose, der junge Manager und der Familienvater.


Ich bin natürlich kein Experte, aber ich stell mir das so vor:

Der Staat legt eine Grundsicherung fest, die jede private Krankenkasse jedem Menschen anbieten muss. Meinetwegen Kostenübernahme bei ambulanter Behandlung mit 100 Euro Selbstbeteiligung im Quartal, Mehrbettzimmer, usw.
Nennen wir Grundtarif für 200€ im Monat (oder bis 10% des Lohnes) , was darüber hinausgeht zahlt der Staat.

Wer mehr will, Chefarztbehandlung, keine Selbstbeteiligung, Einzelbetten, Keramikinlays, der macht das mit seiner Krankenkasse separat aus und zahlt einen anderen Tarif, meinetwegen "Premium plus" für 400 € im Monat. Dazu kommt dann noch Gesundheitssteuer 40€. Oder 100, je nachdem was man braucht um die Kostenübernahme des Staates für die Grundversorgung zu finanzieren.

Der Manager würde dann einen höheren Grundbetrag haben (wenn das prozentual bemessen wird) und für seinen Schickimicki-Kram nochmal Steuern zahlen.
Der Familienvater würde den Grundbetrag zahlen plus frei wählbare Zusätze.
Die Kinder müssten kostenlos grundversichert sein, plus wählbare Zusätze, die man von den Boni bezahlen kann, die der Staat für Kinder gewährt (Kindergeld oder Grundeinkommen oder Steuerfreibetrag, je nachdem)

Wie das beim Obdachlosen ist weiß ich nicht, mir ist der Unterschied zwischen Obdachlosen und Hartz4.Empfängern nicht geläufig. In Deutschland sollte niemand Obdachlos sein, von der sozialen Grundsicherung muss man sich eine Wohnung und was zu essen leisten können. Als Sozialleistungsempfänger wäre die Grundsicherung mit drin. Allerdings müsste derjenige schon eine Versicherungskarte haben, aber das ist ja heut nicht anders.

Die ganze Sache beruht auf der Ansicht, dass alle an dem System beteiligt sein müssen, darauf, dass private Kassen effizienter sind in der Bewertung von Risiken und Chancen von Behandlungsmethoden, und dass für private Kassen ein gesundes Mitglied mehr wert ist als ein Krankes.
Und nicht zuletzt der Ansicht, dass jeder ein Gefühl dafür bekommen sollte, was eine Behandlung kostet, was Medikamente kosten und sich eine Meinung bilden kann ob ein Arztbesuch angemessen ist.
Wer jetzt zum Beispiel aufgrund von BILD-Informationen jeden Morgen mit Tamiflu beginnen möchte, der soll die Pharmaindustrie nicht mit meinem Geld füttern.

Zusammen mit der von mir favourisierten negativen Einkommenssteuer, die einem bedingungslosen Grundeinkommen gleichkommt, können sich auch Hausfrauen (der verdienende Ehemann wird steuerlich als Einzelperson betrachtet), Arbeitslose und Minderjährige selbst versichern.

Der Wille gesund zu leben muss gestärkt werden, private Krankenkassen würden wahrscheinlich ehrlich sagen, dass die Beiträge um 20€ im Monat sinken würden, wenn sich das Rauchverbot durchsetzen würde.
 
Nope81 am 18.05.2009 17:22 schrieb:
Die ganze Sache beruht auf der Ansicht, dass alle an dem System beteiligt sein müssen, darauf, dass private Kassen effizienter sind in der Bewertung von Risiken und Chancen von Behandlungsmethoden, und dass für private Kassen ein gesundes Mitglied mehr wert ist als ein Krankes.

aber nicht für ärzte...

Und nicht zuletzt der Ansicht, dass jeder ein Gefühl dafür bekommen sollte, was eine Behandlung kostet, was Medikamente kosten und sich eine Meinung bilden kann ob ein Arztbesuch angemessen ist.

über die kosten erhält man nach deinem verfahren genauso gut oder genauso schlecht einen überblick, wie beim bisherigen - schließlich zahlt man weiterhin einen pauschalbetrag an irgend eine organisation, ohne das ein direkter zusammenhang zu den selbst genutzten leistungen besteht.

ich wiederhole aber nochmal ganz allgemein:
dem durchschnittsbürger ist es nicht möglich, den wert eine behandlung vollständig zu erfassen, dementsprechend kann er ihn auch nicht gegen die kosten abwiegen und somit eine angemessenheit beurteilen.
ein 20% günstigeres medikament, dass ein 10% krebsrisiko in 15 jahren mit sich bringt, hat erstmal subjektiv die gleichen eigenschaften. die klassische schraube im knochen mag mehr weh tun, als die lasergestützte titanimplantation - aber woher weiß man, ob das an einem ungünstigen schnitt in der nähe eines nerves oder an der behandlung liegt?

das klassischste, weil heute bereits bei privatpatienten problematische beispiel sind liegezeiten:
wann schicke ich den patient nach hause?
- wenn ers überleben kann?
- wenn sein zustand perfekt ist?
- wenn er das will?
- wenn ich es ihm das nicht mehr ausreden kann?
- wenn seine kasse nicht mehr weiter zahlen will?
- wenn ich kein bett mehr frei habe, aber einen patienten, dessen kasse mehr pro tag zahlt?

der patient selbst hat null ahnung, wann er "ausreichend genesen" ist. der weiß bestenfalls, obs im moment weh tut (was in abhängigkeit von der medikamentierung oder dem bewegungsprogram auch nur manipuliert werden kann)
die kasse kann auch nicht in jedem einzelfall indivduell einen gutachter vorbeischicken.
wo bleibt das also die rückkopplung, die es für einen funktionierenden markt geben muss?
 
ruyven_macaran am 18.05.2009 18:13 schrieb:
wo bleibt das also die rückkopplung, die es für einen funktionierenden markt geben muss?

Die Krankenkasse errechnet eben, wann der Patient in Hinblick auf Folgerisiken ausreichend gesund ist um die Behandlung einzustellen.
Da gibt es doch Mathematiker und Erfahrungswerte.

Wenn man mit einem gebrochenen Fuss nach zwei Tagen entlassen wird, kommen viele Patienten wieder und müssen nochmal operiert werden -->Kosten.

Wird man nach einer Woche entlassen kommen nur 5% wieder.
Wird man nach zwei Wochen entlassen kommen 4% wieder.

Also wird die Krankenkasse eine Woche als optimal ansehen vom "Preis-Leistungs-Verhältnis".


Genauso die Medikamente. Es ist imemr wieder beeindruckend wieviele Medikamente überhauptkeine nachgewiesene Wirkung haben, und trotzdem sehr angesehen sind. Da hat die Pharmaindustrie gute Arbeit geleistet, jedenfalls gute Öffentlichskeitarbeit.
 
Nope81 am 18.05.2009 18:54 schrieb:
Die Krankenkasse errechnet eben, wann der Patient in Hinblick auf Folgerisiken ausreichend gesund ist um die Behandlung einzustellen.
Da gibt es doch Mathematiker und Erfahrungswerte.

desweiteren hat man mediziner und aufwendige untersuchungsmethoden.
und es hat einen verdammt guten grund, warum letztere und nicht erstere in krankenhäusern eingesetzt werden, denn jeder mensch reagiert anders und mit ner ausgerechneten pauschale würdest du 90-95% der patienten unangemessen behandeln. (40% vermutlich "zuviel", was noch keine katastrophe ist - aber wenn ne wunde schlecht verheilt und du die person einen monat zu früh nach hause schickst, weil die kasse das so ausgerechnet hat, dann wird ihm das scheiß egal sein, wenn n paar tage später das faulig-eitere bein amputiert werden muss)
 
nein! Es geht doch nicht darum, das der Patient nach einer bestimmten Zeit rausgeschmissen wird. Es geht darum, das die Krankenkassen die Kosten für die Kalkulation der Beiträge berechnen können. Die sind über Tausende Fälle hinweg einheitlich.

Nur der Arzt ist für die Behandlung im Einzelfall zuständig, möglicherweise noch der Patient, denn man hat ja Einfluss.

Die Krankenkassen sind nur fürs Große Ganze zuständig, die können sagen, es brechen sich Hunderttausend Menschen im Jahr ein Bein, die Behandlung kostet 5000€, wir haben so und soviel Kosten für Beinbrüche.

Und bei bestimmten Behandlungsmethoden wird die Krankenkasse irgendwann feststellen, das die keinen Effekt haben. Stents in den Herzgefäßen - Folgekosten wegen Dauermedikation aber kein besseres Ergebnis --> die Krankenkassen erhöhen die Beiträge für die Leute, die darauf Wert legen.
Homoöpathie ---> kein feststellbarer Effekt --> Man bekommt die nicht mehr bezahlt, oder man bekommt die Beiträge erhöht, wenn man sie bezahlt haben will.

In Bereichen wie Medikamenten und Behandlungsmethoden wo so viel Geld und Eitelkeiten drinstecken gibt es keine objektiven Ansichten außer langfristiger finanzieller Statistik.
Experten welcher Art auch immer, die Sätze festlegen können nur schlechter sein.
 
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