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Wikileaks.de: Hausdurchsuchung wegen Internet-Zensurliste?

LowriderRoxx

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Um kurz nach 21 Uhr wurden am heutigen Montag den 24. Maerz 2009 die Wohnorte von Theodor Reppe, dem Domaininhabers von Wikileaks.de durch die saechsische Polizei, vertreten durch sieben Polizeibeamte in Dresden und vier Beamte in Zivil in Jena, durchsucht. Grund fuer die Durchsuchung sind laut Protokoll die "Verbreitung pornographischer Schriften" und das "Auffinden von Beweismitteln" in diesem Zusammenhang. Die Durchsuchung erfolgte aufgrund seines Status als Domaininhaber der Wikileaks.de Domain.

Die Polizei wollte dem Durchsuchten gegenueber keine weitere Angaben machen und es wurde kein Kontakt zu Wikileaks aufgenommen. Es ist folglich nicht vollkommen klar wieso durchsucht wurde, allerdings hat Wikileaks, in seiner Rolle als Verteidiger von Pressefreiheiten, Zensurlisten aus Australien, Thailand, Daenemark und anderen Laendern publiziert. Diese Listen enthalten unter anderem Links zu pornografischen Seiten.

Einige Details der Durchsuchung werfen Fragen auf:

- Wikileaks wurde nicht kontaktiert, obwohl zwei Journalisten anerkannte Mitglieder des Deutschen Presse Verbandes (DPV) sind.
- Die Zeit von mindestens 11 Polizeibeamten wurde verschwendet um eine sinnlose Hausdurchsuchung bei einem freiwilligen Helfer einer Medienorganisation vorzunehmen.
- Die Polizei fragte nach Passwoertern zur Wikileaks.de Domain, und forderte die Abschaltung der Domain.
- Herr Reppe wurde nicht zu seinen Rechten belehrt, wie dem Protokoll zu entnehmen ist.
- Entgegen der Feststellung im Protokoll, hat Herr Reppe nicht auf einen Zeugen verzichtet und es wurde auch kein Polizeibeamter als Zeuge nominiert.

Schlussendlich hat Herr Reppe sich verweigert das Protokoll der Polizei aufgrund dieser und anderer Maengel zu unterschrieben.

Diese juengste Durchsuchung scheint im Zusammenhang mit einer sich entwickelnden sozialen Hysterie um das Thema Kinderpornografie und den Kampf um ein bundesweites Zensursystem zu stehen, einer stark umstrittenen Initiative von Familienministerin Ursula von der Leyen. Sie folgt nur wenige Wochen auf die Durchsuchungen beim Bundestagsabgeordneten Joerg Tauss und deutschen Bloggern die das Thema diskutierten.

Herr Reppe ist der Spender der Wikileaks.de Domain und betreibt einen Mirror der US Congressional Research Service Dokumentensammlung, ist allerdings ansonsten nicht operativ in Wikileaks involviert. Herr Reppe ist ausserdem Betreiber eines der populaersten deutschen Tor-Proxyservers (morphium.info), allerdings wurde nur seine Verbindung zu Wikileaks bei der Durchsuchung erwaehnt.

Wikileaks.de und andere Wikileaks Domains wurden von der Durchsuchung nicht beeinflusst.
Quelle: Wikileaks

Auf der ersten Blick scheint das ziemlich irritierend, wenn auch nicht unerwartet, angesichts des ganzen Tam-Tams um Kinderpornographie. Aber "Verbreitung kinderpornographischer Schriften" als Grund und dann noch "Gefahr im Verzug" ... der Gebrauch von "Gefahr im Verzug" driftet ja schon Jahren ins Absurde ab, aber sowas lächerliches hab ich auch noch nicht gesehen. Bisher hatte ich noch die Hoffnung, dass diesbezügliche Kommentare von Udo Vetter hier und dort etwas übertrieben waren ... soviel dazu.
Wenn das wirklich einzig im Bezug auf die Zensurlisten steht, ausländische Zensurlisten wohlgemerkt, wären dann nicht ein paar Ermittlungen gegen das verantwortliche Personal der Staatsanwaltschaft Dresden angemessen?

Was mich mal interessieren würde: eine Belehrung gemäß §26 PAG ist nur bei einer Durchsuchung zwecks Gefahrenabwehr notwendig, was mir hier ja nicht grad der Fall zu sein scheint. Allerdings nehmen sie ja auch "Gefahr im Verzug" in Anspruch, müsste dann nicht doch die Belehrung erfolgen?
 
Man hat fast schon den Eindruck als ob hier bestimmte Stellen mundtot gemacht werden sollen. Ministerin von der Leyen will unbedingt die Internetsperren einführen. Bei kritischen Fragen bezüglich was den gesperrt werden soll kommt immer wieder die selbe Leier, dass nur illegal und kinderpornographische Seiten gesperrt werden sollen. Die Listen die Wikileaks verlinkt hatte, zeigen aber auf das auch legale Seiten gesperrt wurden und bieten somit Gegner des Vorschlages von Ministerin von der Leyen Angriffspotential. Ob beides miteinander zusammenhängt weiß ich natürlich nicht. Aber die Art und Weise wie die Hausdurchsuchung ablief ist schon recht merkwürdig. Bis jetzt hat bis auf Heise auch noch keine Zeitung oder ähnliches etwas darüber berichtet. Ich bin gespannt ob dies noch geschieht. Leider hat die ganze Aktion den Anschein das sie nicht berechtigt ist und das was man darüber liest hört sich fast nach Gestapoaktivitäten an. Ich hoffe das so ein Vorgehen nicht Schule macht oder hier ein Mißverständnis vorlag, denn ansonsten muss man sich ernsthaft Gedanken darüber machen in wie weit noch eine Demokratie und ein Rechtsstaat in Deutschland existiert.
 
skicu am 25.03.2009 10:37 schrieb:
Repressalien gegen Systemkritiker.

Es ist wieder soweit.

Nach dieser Aktion, so die Darstellung denn stimmt, wird klar: Wir befinden uns mitten im Krieg um freie Information. Ich habe jetzt meinem Provider gekündigt, weil er sich freiwillig an der Filterliste der von der Leyen beteiligen will, und hab ihm das auch so begründet. Das sollte jeder so machen.

Am besten schreibt ihr jeder eurem Provider einen solchen Brief, damit die wissen, dass ihr kündigen würdet, sollten sie den Mist mitmachen.

Wenn wir diesen Krieg verlieren, landen wir unweigerlich in einem "1984"-Szenario.
 
aph am 25.03.2009 10:45 schrieb:
Nach dieser Aktion, so die Darstellung denn stimmt, wird klar: Wir befinden uns mitten im Krieg um freie Information. Ich habe jetzt meinem Provider gekündigt, weil er sich freiwillig an der Filterliste der von der Leyen beteiligen will, und hab ihm das auch so begründet. Das sollte jeder so machen.

Am besten schreibt ihr jeder eurem Provider einen solchen Brief, damit die wissen, dass ihr kündigen würdet, sollten sie den Mist mitmachen.

Wenn wir diesen Krieg verlieren, landen wir unweigerlich in einem "1984"-Szenario.
Hast du Links dazu welche Provider dies machen? Der letzte Stand den ich hatte war eigentlich das die Provider noch nicht bei der Sache von Frau von der Leyen mitmachen, weil die rechtlichen Konsequenzen nicht geklärt sind. Deswegen interessiert es mich immer wenn es neue Informationen dazu gibt.
 
Tach,
ja das würde mich auch interessieren
:-o .
Oder weist Du ob Arcor das auch macht?
 
in der schweiz haben wir es leider diesbezüglich auch nicht besser.
es werden systemkritische, meinetwegen verleumderische URLs gesperrt, obwohl der zugang hierzulande nicht verboten wäre, selbst wenn der verfasser bereits verurteilt wurde.

ich habe z.b. auf normale weise keinen zugriff auf http://www.swissjustice.net/
das kriege ich nur mit anderem DNS bzw. proxy oder anonymizer hin.
 
U-Banhfahrer am 25.03.2009 10:59 schrieb:
Tach,
ja das würde mich auch interessieren
:-o .
Oder weist Du ob Arcor das auch macht?

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,614817,00.html

"Die Bundesregierung will Internet-Provider dazu bewegen, Webseiten mit Kinderpornografie freiwillig zu blockieren. Doch ausgerechnet die Deutsche Telekom, die zu rund einem Drittel dem Bund gehört, sperrt sich gegen das Vorhaben. ... Lediglich Gespräche mit den Anbietern Vodafone und Kabel Deutschland seien positiv verlaufen."

Arcor gehört zu Vodafone, auch wenn das Angebot ein getrenntes ist. Ich weiß halt nicht, ob sie dieselbe Politik verfolgen. Da musst du schon selbst nachfragen.
 
HanFred am 25.03.2009 11:06 schrieb:
ich habe z.b. auf normale weise keinen zugriff auf http://www.swissjustice.net/
das kriege ich nur mit anderem DNS bzw. proxy oder anonymizer hin.

Das ist DER entscheidende Konflikt unserer Generation. :(
 
aph am 25.03.2009 11:20 schrieb:
HanFred am 25.03.2009 11:06 schrieb:
ich habe z.b. auf normale weise keinen zugriff auf http://www.swissjustice.net/
das kriege ich nur mit anderem DNS bzw. proxy oder anonymizer hin.

Das ist DER entscheidende Konflikt unserer Generation. :(
ihr habt wenigstens das glück, dass die Telekom nicht einfach mitmacht, ohne eine echte gesetzliche grundlage abzuwarten.
in der schweiz haben die zwei grössten, Swisscom und Cablecom, keine eier in der hose und kuschen lieber.
mann, ich bin gerade ziemlich wütend.
 
aph am 25.03.2009 11:18 schrieb:
Arcor gehört zu Vodafone, auch wenn das Angebot ein getrenntes ist. Ich weiß halt nicht, ob sie dieselbe Politik verfolgen. Da musst du schon selbst nachfragen.

werden die jetzt nicht irgendwie komplett integriert?
zumindest mal der markenname `arcor` fällt ja weg.
 
HanFred am 25.03.2009 11:26 schrieb:
mann, ich bin gerade ziemlich wütend.

Kann man die Durchleitung von Internetseiten nicht gerichtlich beim Provider einklagen, oder steht das wirklich in den jeweiligen AGB, dass er das willkürlich darf?
 
aph am 25.03.2009 11:49 schrieb:
Kann man die Durchleitung von Internetseiten nicht gerichtlich beim Provider einklagen, oder steht das wirklich in den jeweiligen AGB, dass er das willkürlich darf?

Wir sind auf Anordnung einer Behörde oder bei begründetem Verdacht
auf strafrechtlich relevante und vertragswidrige Handlungen im Zusammenhang
mit der Nutzung unserer Dienstleistung jederzeit berechtigt,
Inhalte oder Dienstleistungen ohne vorherige Information und ohne Kostenfolgen
für uns zu sperren.


wobei das nicht unbedingt zutrifft in diesem fall. die seite ist ja nicht bei denen gehosted und ob sie strafrechtlich relevant ist, ist auch fraglich.
 
HanFred am 25.03.2009 11:58 schrieb:
wobei das nicht unbedingt zutrifft in diesem fall. die seite ist ja nicht bei denen gehosted und ob sie strafrechtlich relevant ist, ist auch fraglich.

Und was haben sie dir auf deine Anfrage geantwortet?
 
aph am 25.03.2009 12:11 schrieb:
HanFred am 25.03.2009 11:58 schrieb:
wobei das nicht unbedingt zutrifft in diesem fall. die seite ist ja nicht bei denen gehosted und ob sie strafrechtlich relevant ist, ist auch fraglich.

Und was haben sie dir auf deine Anfrage geantwortet?
ich hab's ja erst vorher durch recherchen herausgefunden. das werde ich wohl schriftlich erfragen müssen, die anderen kanäle sind vermutlich nicht kompetent genug besetzt.
 
HanFred am 25.03.2009 12:15 schrieb:
aph am 25.03.2009 12:11 schrieb:
HanFred am 25.03.2009 11:58 schrieb:
wobei das nicht unbedingt zutrifft in diesem fall. die seite ist ja nicht bei denen gehosted und ob sie strafrechtlich relevant ist, ist auch fraglich.

Und was haben sie dir auf deine Anfrage geantwortet?
ich hab's ja erst vorher durch recherchen herausgefunden. das werde ich wohl schriftlich erfragen müssen, die anderen kanäle sind vermutlich nicht kompetent genug besetzt.

Davon ist auszugehen. Du solltest unbedingt mit der Kündigung deines Vertrages drohen, wenn du keine zufriedenstellende Antwort erhältst. Nur so können wir dem einen Riegel vorschieben.

Update zur Entwicklung in Dtl.:

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,615378,00.html

Ursprünglich wollte die Familienministerin dieses "Stoppschild" durch freiwillige Vereinbarungen zwischen Internetanbietern und dem Bundeskriminalamt (BKA) etablieren, das den Anbietern täglich aktualisierte Listen mit zu sperrenden Seiten liefern sollte. Doch der Widerstand gegen diese Lösung war zuletzt massiv gewachsen: Wichtige deutsche Internetanbieter wie die Deutsche Telekom und 1&1 beharrten in einer vom Familienministerium einberufenen Arbeitsgruppe auf eine deutliche Willensbekundung der Bundesregierung, die Sperrung gesetzlich zu regeln.

Was sich zunächst gut anhört (weil wir alle wissen, dass ein solches Gesetz verfassungswidrig wäre), entpuppt sich im letzten Absatz als reiner Trick:

Auch deshalb hält Familienministerin von der Leyen weiter an ihrem Vorhaben fest, vorab bereits Selbstverpflichtungserklärungen mit einzelnen Providern abzuschließen. Deren Bereitschaft dürfte mit der Willenserklärung des Kabinetts deutlich gestiegen sein, die Deutsche Telekom begrüßte sie jedenfalls bereits ausdrücklich, mit Firmen wie Vodafone und Kabel Deutschland waren die Verhandlungen des Familienministeriums schon vorher weit gediehen. Auch der Branchenverband Bitkom empfahl seinen Mitgliedern aufgrund des Berliner Gesetzesversprechens, schon vorab freiwillige Vereinbarungen zu schließen.

Sprich: Die Regierung muss nur ein Gesetz "versprechen" - dessen Verfassungsmäßigkeit völlig unklar ist - und plötzlich sind die Provider bereit, die vom BKA erstellte Liste freiwillig zu sperren? Was soll der Scheiß?
 
in der schweiz hat das scheinbar tradition:
http://www.heise.de/newsticker/Erneut-Website-Sperrungen-in-der-Schweiz--/meldung/37534
 
Bonkic am 25.03.2009 12:33 schrieb:
frau vdL: "nur versierte internetnutzer mit krimineller energie können die sperre umgehen".
http://www.animiertegifs.de/smilies/lachende/lachender_Smilie_46.gif
eigentlich ist das ja höchst diffamierend und nicht nur lustig.
naja, ok, ein bisschen lustig ist es schon, wenn sich menschen ohne ahnung vom thema dazu äussern. allerdings... inwiefern soll so eine sperre denn gegen kinderpornographie wirken, wenn die konsumenten die sperren umgehen können, wovon ich einfach mal ausgehe? :B
 
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